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Die Lufthansa-Aktie ist nur etwas für geduldige Anleger

Der Kurs der Airline ist im Keller. Jeder, der jetzt einsteigt, sollte sich im Klaren sein, dass eine Erholung von vielen offenen Fragen abhängt.

Lufthansa leidet stark unter fehlenden Passagieren - vor allem auf der Langstrecke etwa nach Nordamerika. Foto: dpa
Lufthansa leidet stark unter fehlenden Passagieren - vor allem auf der Langstrecke etwa nach Nordamerika. Foto: dpa

Für Investoren ist die Situation ebenso ernüchternd wie für das Management und die vielen Tausend Mitarbeiter: Nachdem das vergangene Jahr für Lufthansa noch überaus erfolgreich war, hat die Pandemie all das in wenigen Wochen komplett zerbröseln lassen. Lufthansa ist ein Schatten ihrer selbst, die Aktie kostet mit unter acht Euro mittlerweile so wenig wie seit vielen Jahren nicht mehr.

Nun gelten Kursstürze immer auch als eine Gelegenheit, bei einem Unternehmen einzusteigen. Genau das geschieht bei Lufthansa derzeit auch. Vor einigen Tagen etwa hat Société Générale gleich zweimal Aktienpakete von jeweils gut fünf Prozent erworben, um sie dann umgehend wieder abzugeben – vermutlich im Auftrag eines Dritten. Das Interesse an dem Lufthansa-Papier ist also da.

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Doch Privatanleger sollten sich bei möglichen Investitionsüberlegungen eines vor Augen halten: Lufthansa wurde mithilfe von Staatsgeldern in Höhe von neun Milliarden Euro gestützt und vor der Insolvenz bewahrt. Das Management tut viel, um die durch Corona ausgelöste schwerste Krise überhaupt zu bewältigen. Doch der Konzern ist noch längst nicht über den Berg.

Keiner kann derzeit sagen, wie die Entwicklung in den kommenden Monaten verlaufen wird. Weitere Rückschläge sind durchaus möglich – für das Unternehmen und die Aktie. Wie fragil die Situation ist, hat der gerade publizierte Bericht zum dritten Quartal gezeigt.

Allein im sonst so starken dritten Quartal schrieb Lufthansa einen Verlust von zwei Milliarden Euro. Seit Jahresbeginn sind es sogar 5,6 Milliarden Euro. Der Winter wird hart. Weil die Infektionszahlen wieder rasant steigen und eine Lockerung der Reisewarnungen nicht in Sicht ist, geht das Management davon aus, dass man maximal 25 Prozent der normalen Kapazität fliegen wird.

Enormer Geldbedarf des Unternehmens

Das hat Folgen für die Bilanz. Zwar sagt Konzernchef Carsten Spohr, dass man nur jene Strecken bedient, die Geld bringen – und sei es auch nur die Fracht, die in den Bäuchen fast leerer Passagierjets transportiert wird. Dennoch wird die Gruppe im vierten Quartal deutlich mehr Geld brauchen, als sie operativ einnimmt. Auf bis zu 350 Millionen Euro kann die Summe steigen, die das Unternehmen in den drei Monaten bis Jahresende verbrennt.

Das ist eine Aussage, die Analysten Sorgen bereitet. Zwar hatte Lufthansa Ende des dritten Quartals noch eine Liquidität von etwas mehr als zehn Milliarden Euro. Doch was durchaus üppig klingt und nach Aussage von Lufthansa-Chef Spohr bis Ende 2021 reichen wird, ist bei genauerer Betrachtung doch nicht so reichlich.

Reichen wird das Geld nur, wenn der Mittelabfluss im kommenden Jahr, wie vom Management versprochen, gen null gedrückt wird. Das wiederum geht nur, wenn die Airline-Gruppe im kommenden Sommer mindestens 50 Prozent ihrer normalen „Produktion“ erfolgreich an die Kundschaft bringen kann.

Ob das gelingt, hängt an vielen Faktoren, etwa am weiteren Verlauf der Pandemie und der Frage, inwieweit ein Impfstoff und neue Teststrategien das Reisen auch zu fernen Zielen – insbesondere denen auf der anderen Seite des Atlantiks – wieder möglich machen. Das Kalkül kann aufgehen, das ist aber nicht sicher.

Genau diese Unsicherheit wird vorerst den Kurs der Lufthansa-Aktie belasten. Die meisten Analysten haben das Papier auf „verkaufen“ oder „untergewichten“ gesetzt. Adrian Yanoshik von der Berenbank Bank warnt, dass die Aktie bei der aktuellen Bewertung nach wie vor die Probleme bei der Kapitalstruktur des Unternehmens ignoriere. Der Quartalsbericht habe die „Sorgen bezüglich des Barmittelabflusses“ unterstrichen.

Rishika Savjani, Analystin bei Barclays Capital, wiederum stellt fest, dass die Restrukturierung nur langsam vorankommt. Mittelfristig werde Liquidität wieder zu einem Thema, glaubt sie. Das sieht auch Daniel Röska von Bernstein Research so: „Die Liquiditätsreserven sind substanziell, dennoch ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht klar, ob das ausreicht, um bis zum Ende dieser Krise durchzukommen, ohne einen Notruf nach mehr Reserven.“

Dieser pessimistische Ausblick kann sich schnell ändern. Sobald wieder mehr Flüge – vor allem zu transatlantischen Zielen – möglich werden, dürfte sich das Bild deutlich aufhellen. Gleiches gilt für das Thema Einsparungen auf der Personalseite. Bisher laufen die Gespräche mit den Gewerkschaften zäh. Sollte sich hier in den kommenden Wochen eine Einigung abzeichnen, dürfte das ebenfalls den Kurs beflügeln.

Natürlich können Privatanleger genau auf dieses Szenario spekulieren und jetzt bei der niedrigen Bewertung des Unternehmens einsteigen. Doch jeder sollte sich darüber im Klaren sein, dass es hierfür keine Garantie gibt. Sollte die „Hansa“ tatsächlich noch einmal frisches Geld benötigen, dürfte das den Kurs belasten.

Außerdem darf eines nicht übersehen werden: Mit der Staatshilfe und dem Einstieg des Staates bei Lufthansa hat sich der Bund eine gewisse Vorrangstellung gegenüber den übrigen Aktionären gesichert. Lufthansa ist gezwungen, zuallererst den deutschen Staat zu bedienen, die anderen Aktionäre stehen hinten an.

Und da sind die finanziellen Verpflichtungen des Unternehmens immens. Je länger Lufthansa die Staatshilfen braucht und nicht durch andere Finanzierungen ablösen kann, desto mehr steigt die damit verbundene Zinslast. Lufthansa selbst hat gesagt, dass man jährlich eine zusätzliche Zinslast von rund einer Milliarde Euro stemmen muss.

Der Staat steht vor anderen Aktionären

Angesichts dessen ist klar, wohin freie Mittel in den nächsten Jahren vorrangig fließen werden – jedenfalls nicht in Dividenden. Für die Aktionäre jenseits des Bundes bleibt also vorerst lediglich die Hoffnung auf Kurssteigerungen. Wie schnell diese sich einstellen, ist offen.

Die finanziellen Verpflichtungen werden der Lufthansa in den nächsten Jahren enge Grenzen setzen, wenn es darum geht, strategische Chancen zu nutzen, die sich nach dem Ende der Pandemie ergeben. Hier hat die Airline-Gruppe nach aktuellem Stand erhebliche Nachteile etwa gegenüber der britisch-spanischen IAG (British Airways, Iberia, Vueling, Aer Lingus).

Das könnte die Rückkehr der „Hansa“ zur alten Stärke behindern oder zumindest verzögern. Denn die lupenreinen Billiganbieter wie Ryanair oder Wizz Air tun sich mit ihrer schlanken Struktur deutlich leichter, ihren Mittelabfluss in der Krise einzudämmen und Liquidität für die Zeit nach Corona zu sichern.

Wizz Air etwa befindet sich bereits wieder auf einem starken Expansionskurs. Das Management fordert unter anderem die Freigabe nicht genutzter Start- und Landerechte und will darüber noch in der Krise zusätzliche Marktanteile erobern. Das zeigt, wie groß der Druck ist, der derzeit von allen Seiten auf der Lufthansa lastet.

Fest steht allerdings auch: Lufthansa wird die Krise überleben, in welcher Form auch immer. Eine exportstarke Nation ohne eine eigene Airline ist kaum vorstellbar. Auch dürfte der Staat als größter Aktionär alles tun, um das Überleben der Unternehmensgruppe zu sichern.

Wer als Anleger langfristig orientiert ist und sich von temporären Rückschlägen nicht beeindrucken lässt, für den könnte die Lufthansa-Aktie also durchaus eine Option sein.