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USA verurteilen Einsatz „tödlicher Gewalt“ gegen Demonstranten im Iran

Iran geht hart gegen die Demonstranten vor: rund 1000 Menschen wurden verhaftet. Die US-Regierung kritisiert die Gewalt gegen die Protestierenden.

Die US-Regierung hat Gewalt gegen Demonstranten und die fast vollständige Sperrung des Internets im Iran kritisiert. Die Vereinigten Staaten unterstützen das iranische Volk in seinem friedlichen Protest gegen das Regime, teilte das Weiße Haus am Sonntag in Washington mit. Die Führung in Teheran treibe fanatisch ihr Nuklearprogramm voran, unterstütze Terrorismus und vernachlässige auf ihrem Kreuzzug die iranische Bevölkerung, hieß es in der Erklärung weiter.

Im Iran kommt es seit Freitag zu teils schweren Unruhen. Die Menschen sind wegen der Verteuerung und Rationierung von Sprit erbost. Ein Polizist und ein Zivilist sollen bisher ums Leben gekommen sein. Allerdings ist die Lage unübersichtlich, da die Regierung den Zugang zum Internet im Iran seit Samstagnachmittag weitgehend gesperrt hat.

Wie viele Verletzte es gab, war bis zum Sonntag – dem dritten Tag der Proteste in Folge – nicht bekannt. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Fars wurden rund 1000 Menschen festgenommen. Sie hätten am Samstag mehr als 100 Banken und mehrere Kaufhäuser in Brand gesetzt, berichtete die Agentur am Sonntag. Die politische Führung will mit harter Hand gegen die Proteste vorgehen.

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Was tatsächlich im Iran vor sich geht, lässt sich seit Samstagnachmittag jedoch kaum noch verfolgen. Da sperrte die Regierung das Internet. Nach Angaben des iranischen Telekommunikationsministerium wurde das Netz auf Anweisung des Nationalen Sicherheitsrats für 24 Stunden „limitiert“. Damit konnten sich Demonstranten nicht mehr absprechen und Bilder möglicher regierungskritischer Kundgebungen, Ausschreitungen und Zusammenstöße mit Sicherheitskräften verbreiten.

Allerdings schien die Maßnahme nicht den gewünschten beruhigenden Effekt gehabt zu haben. Das Internet war nach Angaben eines dpa-Korrespondenten auch mehr als 24 Stunden nach der Abschaltung am Sonntagabend für die meisten Iraner noch gesperrt. Die Nichtregierungsorganisation Netblocks, die Blockaden des Internets registriert, bestätigte auf ihrer Webseite, das Netz sei im Iran immer noch weitgehend abgeschaltet.

Der Iran steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise, die durch harte US-Sanktionen gegen das Land ausgelöst wurde. Mit den Strafmaßnahmen will Washington den Iran dazu bringen, das internationale Atomabkommen neu zu verhandeln. Die USA waren einseitig aus der Vereinbarung zur Verhinderung einer iranischen Atombombe ausgestiegen. Der Iran lehnt eine Neuverhandlung ab und fordert die Einhaltung des Vertrages, vor allem das Ende der Sanktionen.

Wegen der schwierigen Wirtschaftslage ordnete die iranische Regierung dann in der Nacht zum Freitag die Preiserhöhungen und die Rationierung von Benzin an. Viele Iraner befürchten, dass dies die bereits hohe Inflation weiter anheizen und die Wirtschaftskrise verschlimmern werde.

Bislang zwei Tote

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna vom Sonntag wurde bei den Unruhen im Westiran ein Polizist getötet. Er sei bei Zusammenstößen mit Demonstranten in der Stadt Kermanschah umgekommen. Bei Krawallen in der südiranischen Stadt Sirdschan gab es am Freitag einen Toten und mehrere Verletzte, wie ein Sprecher der Stadtverwaltung sagte. Berichte über mehrere weitere Tote wurden zunächst nicht bestätigt. Die Sachschäden der Unruhen sind angeblich enorm. Viele Tankstellen, Banken, Kaufhäuser und auch Privatautos wurden landesweit angezündet.

Irans oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei, der das letzte Wort in allen strategischen Belangen hat, verteidigte die Spritpreiserhöhung und -rationierung und kritisierte die Proteste. Der Schritt basiere auf Empfehlungen von Experten und solle beibehalten werden, sagte Chamenei am Sonntag dem Staatsfernsehen zufolge. Er rief aber dazu auf, bei anderen Wirtschaftsgütern von Preissteigerungen möglichst abzusehen. Für Sabotage und Brandstiftungen seien die Feinde des Iran verantwortlich und nicht das eigene Volk.

Irans Präsident Hassan Ruhani, Parlamentspräsident Ali Laridschani und Justizchef Ibrahim Raeissi berieten am Samstag über die Proteste. Das Parlament kam am Sonntag in Teheran zu einer Sitzung hinter verschlossenen Türen zusammen. Ursprünglich wollte das Parlament eine Rücknahme der Regierungsentscheidung zum Sprit erzwingen. Medienberichten zufolge wurde dies aber abgelehnt. Der Geheimdienst will nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna gegen Unruhestifter konsequent vorgehen.

Mit einer staatlichen Benzinkarte können die Iraner nur noch bis zu 60 Liter Benzin im Monat zu einem Literpreis von umgerechnet 12 Cent tanken. Wer mehr tanken will, muss pro Liter 24 (Normalbenzin) bis 30 Cent (Super) zahlen – fast das Dreifache des bisherigen Preises.

Rationierung hat es im Iran auch in den vergangenen Jahren mehrmals gegeben, auch Benzinpreiserhöhungen. Folge waren Kritik und Proteste. Unruhen wie diesmal blieben aber bisher aus. Ein Wirtschaftsexperte in Teheran erklärt das so: „Nach der akuten Wirtschaftskrise nach den US-Sanktionen sind die Menschen in den vergangenen Monaten schon enorm unter Druck“. Nun müssten sie auch noch das Dreifache fürs Benzin bezahlen. „Was zuviel ist, ist halt zuviel“, meint der Experte.

Benzinpreis ist die „Mutter aller Inflationen“

Der Benzinpreis gilt im Iran als die „Mutter aller Inflationen“, weil nach jeder Preiserhöhung alles teurer wurde. Die Regierung von Präsident Ruhani wollte die Benzinpreise seit längerer Zeit erhöhen, hatte es aber aus Angst vor einer Verschärfung der Inflation – und Protesten – immer wieder verschoben. Viele Iraner wollen nicht hinnehmen, dass in einem ölreichen Land, das der viertgrößte Ölproduzent der Welt ist, Benzin rationiert und immer teurer wird.

Viele Experten halten die Entscheidung der Ruhani-Regierung, Benzin zu rationieren und die Preise zu erhöhen, für gar nicht so falsch. Gerade wegen der US-Sanktionen brauche die Regierung zusätzliche Einnahmen. Da sei Benzin die bessere Option gewesen, so die Experten. „Die Entscheidung war richtig“, sagt ein Politologe in Teheran. Allerdings hätte Ruhani seiner Meinung nach angesichts der Inflation „mehr Fingerspitzengefühl“ zeigen müssen.

Infolge der US-Sanktionen ist die nationale Währung Rial inzwischen nur noch die Hälfte wert. Zudem nehmen es viele Menschen Ruhani übel, dass er das Versprechen nicht einhalten konnte, über eine Versöhnung im Atomstreit mit dem Westen die iranische Wirtschaft wieder auf die Beine bringen.

Das Auswärtige Amt in Berlin wies am Sonntag darauf hin, dass es derzeit in Folge der Benzinpreiserhöhung in Teheran und vielen anderen Städten des Irans zu teils gewaltsamen Demonstrationen, Straßenblockaden und Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften kommt. Das AA riet weiterhin von Film- oder Tonaufnahmen von Demonstrationen und dem Umfeld ab, da dies als Spionagetätigkeit gewertet werden könne. Internetdienste, vor allem soziale Medien und auch Telefonnetze könnten zeitweilig abgestellt werden, hieß es.