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So plant Airbus den Angriff auf Boeings Langstreckenjet

So plant Airbus den Angriff auf Boeings Langstreckenjet

Airbus wird sein Erfolgsmodell A321 für noch längere Distanzen rüsten. Damit trifft man den US-Wettbewerber Boeing an einem äußerst sensiblen Punkt.

Airbus greift den US-Rivalen Boeing im Langstreckengeschäft mit einer Variante des Kurz- und Mittelstrecken-Erfolgsmodells A321 an, die auch für Langstrecke geeignet ist. Auf der Paris Air Show in Le Bourget gab der Konzern am Montag bekannt, dass die sogenannte A321 XLR ab 2023 einsatzbereit sein soll. Die Rückmeldung der Kunden sei positiv, hieß es in einer Mitteilung.

Tatsächlich hatten in den zurückliegenden Monaten zahlreiche Fluggesellschaften Interesse an einer XLR angemeldet, darunter die US-Billigairline Jetblue, American Airlines, United Continental, die britisch-spanische Airline-Holding IAG, die indische Indigo und auch die Lufthansa. Mit der Leasinggesellschaft Air Lease Corporation gab am Montag auch gleich der erste Kunde 21 Bestellungen der brandneuen Version auf.

Die XLR bietet Airbus die große Chance, dem Erzrivalen Boeing im Langstreckengeschäft ordentlich Marktanteile abzunehmen. Seit Jahren liefern sich die beiden Flugzeugbauer ein enges Duell bei den Absatzzahlen. Während Airbus im Kurz- und Mittelstreckenbereich mit der A320-Familie – das weltweit am meisten verkaufte Flugzeug in dieser Gattung – sehr erfolgreich ist, lag Boeing bislang bei Langstreckenflugzeugen in Führung. Das zeigen die Zahlen des vergangenen Jahres: Während Airbus 71 Orders für seine Langstreckenflugzeuge vorweisen konnte, waren es bei Boeing satte 218.

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Eine für lange Strecken aufgerüstete Version der A321 würde zu einem guten Zeitpunkt kommen und Boeing an einer empfindlichen Stelle treffen. Denn der US-Rivale hat mit seiner bislang wohl größten Krise zu kämpfen. Das Arbeitstier für die Kurz- und Mittelstrecke, die Boeing 737 Max, muss seit März nach zwei Abstürzen mit fast 350 Toten weltweit am Boden bleiben. Ein Zustand, der voraussichtlich noch bis zum Jahresende anhalten wird.

Das 737-Desaster könnte indirekt auch Folgen für das Langstrecken-Geschäft des US-Konzerns haben. Denn die Bewältigung der Krise bindet beim US-Konzern derzeit alle Kapazitäten. Der beliebte Kurz- und Mittelstreckenjet muss mit aller Macht wieder durch die Zertifizierung gebracht werden.

Dabei müsste Boeing sich eigentlich um ein ganz anderes wichtiges Thema kümmern: um die Frage, ob der geplante neue Langstreckenjet 797 nun kommt oder nicht. Mit der 797 will Boeing das mittlere Marktsegment für Langstreckenflüge jenseits der großen Drehkreuze bedienen.

Zwar betonte Boeing-Chef Dennis Muilenburg am vergangenen Wochenende noch einmal, dass der Zeitplan für die 797 bestehen bleibe. Ab 2025 könne der Jet einsatzbereit sein. Doch bisher hat der US-Konzern noch nicht einmal darüber befunden, ob das Flugzeug überhaupt gebaut wird. Das soll im kommenden Jahr entschieden werden.

Und eines machte Muilenburg auch klar: „Die Aufarbeitung der Max-Krise geht vor.“ Angesichts dessen ist die Frage, ob Kunden wie die US-Airline Delta, die bereits Interesse an der 797 angemeldet haben, weiterhin uneingeschränkt darauf vertrauen, dass Boeing den Jet wie geplant ab 2025 liefern kann.

Kleinere Langstreckenjets sind gefragt

Genau in diese Verunsicherung stößt nun Airbus mit seiner A321 XLR – und dürfte damit gut Chancen haben. Denn der neue Jet würde rund zwei Jahre früher kommen als die 797. Eine zügige Verfügbarkeit ist für Airlines ein wichtiges Kaufargument. Denn der weltweite Luftverkehr befindet sich im Umbruch.

Zwar wird viel Verkehr wie immer schon über die großen Drehkreuze geleitet. Doch der Anteil der dezentralen Langstrecken – also der direkten Verbindung zwischen etwas kleineren Flughäfen und Drehkreuzen dazwischen – wächst deutlich.

Hierfür brauchen die Fluggesellschaften aber anderes Gerät. Denn die kleineren Flughäfen haben in der Regel auch ein kleineres Einzugsgebiet mit weniger potenziellen Passagieren. Zudem ist das Zubringernetz dort häufig weniger ausgeprägt als an den großen „Hubs“. Also sind Langstreckenflugzeuge mit weniger Sitzplätzen gefragt, die leichter zu füllen sind. Boeing schätzt den Bedarf für solche Jets auf immerhin 5000 weltweit.

Davon dürfte sich Konkurrent Airbus nun einen großen Teil schnappen. Denn die XLR kommt nicht nur früher, sie überzeugt auch in wesentlichen technischen Details.

Zwar ist die 797 – soweit erste technische Angaben bekannt sind – grundsätzlich anders aufgebaut als die XLR. Der neue Boeing-Jet hat die für Langstreckenflugzeuge typischen zwei Gänge. Sie ermöglichen mehr Komfort und erleichtern den Einbau etwa einer Business- oder gar First Class. Die XLR dagegen ist im Kern ein Mittelstreckenjet mit nur einem Gang.

Dennoch trifft die XLR in vielen Punkten genau den Bedarf der Airlines. Airbus gibt die Reichweite des Flugzeugs mit bis zu 4700 Seemeilen an. Das ist auch in etwa die Reichweite, die Boeing für die 797 nennt. „Damit können große Teile der USA mit interessanten Teilen in Europa verbunden werden“, rechnet Björn Fehrm vom Informationsdienstleister Leeham vor.

Während die LR-Version lediglich die Strecken zwischen Zielen an der Ostküste der USA wie etwa Chicago und Flughäfen im Westen Europas wie zum Beispiel London bewältigt, kann die XLR auch die Westküste der USA mit wichtigen Ländern Europas wie Spanien, Frankreich oder auch Deutschland verbinden. Das ist genau das, was US-Anbieter wie etwa Jetblue für ihre neuen Langstreckenpläne suchen.

Mehr Beinfreiheit als auf der Mittelstrecke

Um das Flugzeug auch für Geschäftskunden attraktiv zu machen, müssten die Airlines allerdings Abstriche bei der Zahl der Sitzplätze machen. Ein Flug, der mehr als zehn Stunden dauert, ist anspruchsvolleren Vielfliegern kaum in einer typischerweise engen Bestuhlung eines Mittelstreckenjets zuzumuten.

Experte Fehrm hat für die A321 XLR deshalb eine geänderte Bestuhlung errechnet, die 16 Flachbett-Business-Sitze und 149 Economy-Sitze mit entsprechendem Abstand ermöglicht. Dadurch würde sich die Kapazität des Flugzeugs von – in reiner Economy-Bestuhlung – 220 Passagieren auf 165 Sitze reduzieren.

Dennoch bleibt die Effizienz der XLR erstaunlich hoch. Fehrm kommt für die Beispielstrecke Frankfurt nach Washington inklusive aller Kosten wie Leasing und anderer Posten auf einen Wert von 0,0650 Dollar je Sitz und geflogener Seemeile. Für einen klassischen Langstreckenjet mit zwei Gängen wie etwa die A330-800 ergibt sich ein Wert von 0,0696 Dollar. Die XLR ist auf der Langstrecke also sogar etwas rentabler.

Hinzu kommen weitere Vorteile der XLR. Wer bereits eine A320-Flotte betreibt, hat zum Beispiel kein Problem damit, Piloten auf ein neues Jet-Muster schulen zu müssen. Mit „nur“ rund 160 Sitzen ist es zudem möglich, eine internationale Verbindung auch zweimal am Tag anzubieten, das Passagieraufkommen also auf zwei Flüge pro Tag zu verteilen. Das ist eine Flexibilität, die etwa für Vielflieger wichtig ist.

Und das Flugzeug ließe sich in nachfrageschwächeren Zeiten wie etwa dem Winter alternativ auf kürzeren Strecken einsetzen. „Mit ähnlichen operativen Kosten pro Sitz als das nächstgrößere Widebody-Flugzeug ist die A321 XLR ein sehr flexibles Werkzeug für eine Fluggesellschaft“, schreibt Fehrm von Leeham in seiner Analyse.

Bleibt für Airbus am Ende nur ein Problem, dessen Lösung man selbst nicht in der Hand hat: die US-Strafzölle, die der amerikanische Präsident Donald Trump für die Flugzeugindustrie mehrfach angedroht hat. Offiziell will sich bei Airbus keiner zu dem Thema äußern. Doch in Gesprächen mit Managern wird klar, dass man sich in der Konzernzentrale in Toulouse vor US-Zöllen fürchtet.

Für Airbus wären die Folgen massiv. Nicht nur die Lieferung von Jets wäre von den Zöllen betroffen, auch deren Fertigung in den USA, denn viele Komponenten kommen aus dem Ausland. Eine XLR aber lediglich für den nichtamerikanischen Markt zu bauen, dürfte für Airbus eine Herausforderung sein.

Die latente Gefahr spiegelt sich nach Airbus-Informationen bereits in aktuellen Verkaufsverhandlungen wider. Bei den geltenden Kauferträgen müssten die Airlines neu festgesetzte Zölle bezahlen.

Angesichts der US-Drohung werde aber in den laufenden Gesprächen immer häufiger die Forderung laut, dass Airbus den Zusatzaufwand durch die Zölle zumindest zur Hälfte übernehmen soll, berichten Airbus-Führungskräfte. Das würde wiederum die Marge der XLR deutlich belasten.

Dass die XLR jetzt dennoch angekündigt wurde, ist wohl auch Ausdruck der Hoffnung, dass sich Trump doch noch von Zöllen abschrecken lässt, weil er fürchten muss, dass Europa dann zeitversetzt umso heftiger zurückschlagen wird.