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On-Gründer: „Die starken Abverkäufe haben uns etwas überrascht“

Caspar Coppetti plant mit seiner Laufschuhfirma eine Revolution auf dem Bergschuhmarkt. Er erklärt, wie er etablierten Playern Marktanteile abluchsen will.

Drei Freunde – Olivier Bernhard, David Allemann und Caspar Coppetti – wollten mit ihrer Idee von der Schweiz aus den Laufschuhmarkt revolutionieren. Vor neun Jahren, 2010, gründeten sie in Zürich die Firma On und brachten einen Schuh auf den Markt, der eine Sohle aus zerschnittenen Gartenschläuchen hatte.

Dabei herrschte an Laufschuhen nicht gerade ein Mangel. Doch in diesem Milliardengeschäft errang die junge Züricher Marke in kürzester Zeit eine respektable Position. Inzwischen ist On laut NPD-Marktforschung das vierte Jahr in Folge weltweit die schnellstwachsende Laufschuhmarke im Bereich Performance Running und belegt in Deutschland Platz 4 im Vergleich der Marktanteile – noch vor New Balance und Brooks.

Anfangs noch von der Konkurrenz belächelt, arbeiten die Schweizer inzwischen mit über 6000 Händlern in 55 Ländern zusammen, die in den Regalen Platz machen für Laufschuhe von On. Beliebt ist das Unternehmen auch als Arbeitgeber: On beschäftigt aktuell weltweit mehr als 400 Mitarbeiter. Davon sitzen alleine im Hauptquartier in Zürich 150 Menschen.

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In den letzten 18 Monaten hat sich die Mitarbeiterzahl mehr als verdoppelt – im ersten Halbjahr 2019 landeten auf dem Schreibtisch der drei Gründer 9000 Bewerbungen. Das sind 70 Prozent mehr als im Vorjahreshalbjahr. Pro Monat bewerben sich im Durchschnitt 1600 Menschen bei On.

Mit dem neuesten Strategiecoup will CEO Caspar Coppetti, Jahrgang 1976, den Markt für Berg- und Wanderschuhe revolutionieren. Die Herausforderung dabei: Bislang bringen Bergschuhe im Schnitt zwischen 700 und 1000 Gramm auf die Waage.

Wanderer aber verbinden Gewicht mit einem Gefühl von Stabilität und Sicherheit. Der Cloudrock von On jedoch ist mit gerade mal 420 Gramm ein Leichtgewicht – hier muss ordentlich Überzeugungsarbeit geleistet werden. Bei den Kunden, aber auch bei den Fachhändlern.

Lesen Sie hier das komplette Interview

Herr Coppetti, Sie haben gerade im Sommer 2019 einen On-Bergschuh lanciert – wie nimmt der Handel das neue Modell bislang an?
Der Cloudrock ist sehr positiv gestartet. Für mich war es unglaublich schön zu sehen, wie die Bergsportfamilie – Händler und Kunden – On als glaubwürdige Marke am Berg aufgenommen hat. Verschiedene Top-Händler haben uns gesagt, dass sie sich über Innovation in diesem Bereich freuen.

Wie entwickelt sich die Nachfrage, können Sie sie decken? On wird ja in Vietnam hergestellt und die Produkte sind wochenlang per Schiff unterwegs, während Konkurrenten – wie beispielsweise Bergschuhspezialist Meindl – in Deutschland produzieren und den Handel schneller beliefern können…
Grundsätzlich ist die Produktion in Vietnam kein Nachteil – On produziert ja kontinuierlich übers Jahr und mit verschiedenen Fabrikstandorten. Wir legen übrigens für jeden offen, wer genau unsere Partner sind. Unsere größten Absatzmärkte sind die USA, Europa und Japan, da liegt Vietnam nicht so schlecht. Die starken Abverkäufe haben uns aber ehrlich gesagt etwas überrascht, wir mussten in der Zwischenzeit unsere Produktion erhöhen.

Im Outdoor-Segment sind seit eh und je die Platzhirsche Lowa, Meindl und Hanwag unterwegs. Mit welcher Strategie wollen Sie hier den etablierten Playern Marktanteile abluchsen?
Ähnlich, wie wir das bereits im Laufschuhbereich getan haben, gehen wir auch am Berg konsequent unseren Weg weiter: Unsere Produkte sind leicht, agil, komfortabel, hochwertig – und sehen gut aus. Wir hatten uns – das mag jetzt naiv klingen – auch gar nicht besonders mit den bestehenden Marken und Sortimenten auseinandergesetzt.

Wir haben einfach den aus unserer Sicht idealen Wanderschuh gemacht, mit Fokus auf Sicherheit und Speed – so wie wir ihn uns schon immer gewünscht hatten. Dazu kommt ein wachsendes Angebot von Bekleidungsteilen, wir nennen sie bei On die Essentials. Zusammen mit unseren Fachhändlern glauben wir, dass sich ein gutes Produkt am Markt durchsetzen wird, wenn es von den Kunden und den Verkaufsmitarbeitern ständig weiterempfohlen wird.

Wie kam es überhaupt, dass Sie angefangen haben, an einem Bergschuh zu tüfteln?
Wenn ich bei mir aus dem Schlafzimmerfenster schaue, sehe ich die Engadiner Bergwelt mit ihren Drei- und Viertausendern. Da liegt der Schritt nicht so fern. Gleichzeitig hörten wir immer wieder Freunde und Bekannte jammern, wenn sie nach einem langen Abstieg Bein- und Rückenschmerzen hatten. Wir wussten: Hier kann unsere Cloud-Technologie Abhilfe schaffen. Von den ersten Prototypen an waren die Tester begeistert, und der Handel hatte auch früh große Unterstützung zugesagt.

Beim Laufen haben Sie sich die Technologieführerschaft erarbeitet. Lässt sich das nun so einfach in den Bereich Outdoor übertragen?
Nun, einfach ist natürlich nichts in der Entwicklung. Die große Herausforderung war, die Cloud-Elemente von der Straße an die Erfordernisse am Berg zu übertragen. Dazu mussten wir eine komplett neue Sohlen-Konstruktion aus Spezialgummi entwickeln. Das Raffinierte daran ist, dass die Cloud-Elemente einerseits wie Stollen in weichen Untergrund einsinken, andererseits eine sehr hohe Auflagefläche aufweisen und dadurch wie ein Gecko eine sehr hohe Haftreibung bieten. Diese Kombination aus Grip und Traktion ist einzigartig am Markt.

„Früh auf Shop-in-shops gesetzt“

Bergschuhe wiegen normalerweise zwischen 700 und 1.300 Gramm, der On-Bergschuh ist mit 420 Gramm ein wahres Leichtgewicht - genau das macht es aber schwierig, den Schuh zu verkaufen, oder?
Ja, dieser Aspekt spielt wohl bei älteren Kunden tatsächlich noch mit. Andererseits ist die Kombination von Sicherheit, Leichtigkeit und Turnschuh-Komfort schon sehr verlockend und beim Vergleich im Fachgeschäft halt auch direkt erlebbar.

Im Zuge der Umstrukturierung mussten Sie sich auch neue Handelspartner – Fachhändler im Bereich Bergsport und Outdoor – suchen. Wie haben Sie die Einkäufer mit dem neuen Produkt überzeugt?
Bei Händlern, die schon im Laufbereich mit uns gearbeitet hatten, wie zum Beispiel Sport Schuster in München, waren die Türen von Anfang an offen. Bei anderen brauchte es mehr Überzeugungsarbeit und teilweise auch eine persönliche Wanderung, um sie zu überzeugen. Bei allen hat schlussendlich die Authentizität und Technologie der Produkte überzeugt – und wahrscheinlich hat auch unsere Heimat in den Schweizer Bergen unterbewusst eine Rolle gespielt.

Eigene Läden wie bei Nike oder Adidas sucht man von On noch immer vergebens - dabei hätten diese neben den höheren Margen doch noch einen weiteren Vorteil: Dort lässt sich das gesamte Sortiment zeigen. Trotzdem halten Sie dem Fachhandel stur die Treue?
Wir haben das Glück, dass unsere Fachhandelspartner früh auf Shop-in-shops gesetzt haben. Die größten davon sind über 100 Quadratmeter groß. Da können wir gemeinsam die On-Story sehr gut vermitteln. Als technische Marke sind wir überzeugt, dass der Fachhandel nach wie vor der Ort ist, wo viele Kunden nach neuen Trends und den besten Produkten suchen. Man kann das stur nennen oder einfach nur konsequent.

Sie sind 2010 zur richtigen Zeit in den Markt gegangen: Die Branche hatte lange keine Innovationen mehr gesehen und in etwa das Problem, das die Ski-Branche heute hat. On kam mit etwas völlig Neuem und es hat funktioniert. Hoffen Sie mit dem Bergschuh jetzt quasi auf den zweiten Coup dieser Art?
Ja, so hat zumindest der Fachhandel auf unseren Markteintritt reagiert. Ich war vor der Sportmesse ISPO-Outdoor zu einem Panel-Gespräch eingeladen mit Vertretern der Outdoor-Industrie. Da wurde vor allem den guten Zeiten hinterher getrauert, was mich einigermaßen erstaunt hat. Wir sehen einen Milliardenmarkt mit höchst involvierten Konsumenten, die von einer Eskapade in die Natur träumen und dafür viel Geld auszugeben bereit sind – kann es einen spannenderen Markt geben?

Welche Wachstumsperspektiven sehen Sie in dem heiß umkämpften Outdoormarkt, der alleine in der EU derzeit mit 4,65 Milliarden Euro (Kleidung und Schuhe zusammengerechnet) beziffert wird?
On ist seit Markteintritt 2010 im Schnitt 94 Prozent pro Jahr gewachsen. Die Outdoor-Produkte werden in den nächsten Jahren überdurchschnittlich zum Wachstum beitragen.

Sie haben 2016 erstmals auch Bekleidung auf den Markt gebracht. Wie viel steuert Apparel inzwischen zum Umsatz bei und welche Wachstumsraten hat die Sparte?
Wir haben es ja nicht so mit Zahlen bei On, wir sind besser bei den Farben. Soviel kann ich aber sagen: Apparel erwirtschaftet bereits Umsätze im zweistelligen Millionenbereich und wächst dreistellig. Entsprechend bauen wir hier gerade je ein starkes Entwicklungs- und Verkaufsteam auf.

Welcher Bereich wächst derzeit denn am stärksten: Running, Apparel oder Outdoor?
Outdoor und Apparel wachsen überdurchschnittlich, aber natürlich auch auf viel tieferer Basis.

Wie viel Prozent steuern die Verkäufe über den eigenen Online-Shop inzwischen zum Umsatz bei?
No comment.

Dann anders gefragt: Ist der Direktverkauf übers Netz gewachsen oder gesunken in den letzten zwei Jahren?
Immer mehr Kunden kaufen immer häufiger online ein. Viele Marktbeobachter erwarten, dass schon in wenigen Jahren im Sportbereich rund 40 Prozent der Umsätze online sein werden. Da wir nicht mit Plattformen wie Amazon oder Zalando zusammenarbeiten, profitieren unsere Fachhändler mit Webshop und unser eigener Webstore von dieser zusätzlichen Nachfrage.

Geben Sie für digitales Marketing derzeit mehr Geld aus als früher oder weniger?
Das Wachstum ermöglicht uns einen größeren Spielraum im digitalen Marketing. Jedoch macht On seit dem Start entweder komplett menschliches Marketing an Events, am Verkaufspunkt oder digitales Marketing im Dialog mit unseren Fans auf der ganzen Welt.

Neue Märkte, neue Modelle, neue Technologien: Welche Ideen stecken noch in Ihrer Pipeline?
In der Forschung und Entwicklung herrscht Frühlingsatmosphäre, die Ideen sprießen nur so. Was neu ist: Dank unserer Größe können wir nun auch im Grundlagenbereich forschen und etwa neue Materialien entwickeln. Zudem profitieren wir von der Nähe zu den hervorragenden technischen Hochschulen, mit denen verschiedene Forschungskooperationen laufen. Auf Marktseite verbringen wir aktuell viel Zeit in China, wo die Konsumenten sehr positiv auf On reagieren.

Seit 2018 ist die New Yorker Private-Equity-Gesellschaft Stripes Group der zweitgrößte Aktionär – wie angenehm lebt es sich als Start-up mit einer Heuschrecke?
Dazu kann ich nur folgendes sagen: On arbeitet weder mit Heuschrecken noch anderen Insekten zusammen.

Herr Coppetti, vielen Dank für das Interview.