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Kaum eine Spur von Krise: Dax-Konzerne steigern Umsätze und Gewinne

Die befürchtete Gewinnrezession ist ausgeblieben: Die meisten Dax-Konzerne können ihre Situation im dritten Quartal verbessern. Doch Experten geben noch keine Entwarnung.

Nach einem schwachen ersten Halbjahr haben 17 der 30 Dax-Konzerne im abgelaufenen dritten Quartal ihre Gewinne gesteigert. Foto: dpa
Nach einem schwachen ersten Halbjahr haben 17 der 30 Dax-Konzerne im abgelaufenen dritten Quartal ihre Gewinne gesteigert. Foto: dpa

Seit nunmehr eineinhalb Jahren sinkt im Verarbeitenden Gewerbe und in der gesamten Industrie die Produktion. Die Gewinneinbrüche von BASF, Infineon, BMW zu Beginn des Jahres bestätigten den Negativlauf. Aufhorchen ließ aber, dass über 9.000 vom Münchener Ifo-Institut befragte Firmen ihre Situation bereits im dritten Monat in Folge besser einschätzten.

Jetzt zeigt sich: Dieser Trend setzt sich auch bei den vielen exportstarken globalisierten deutschen Unternehmen durch. Nach einem schwachen ersten Halbjahr haben 17 der 30 Dax-Konzerne im abgelaufenen dritten Quartal ihre Gewinne gesteigert, nur bei zehn fielen sie. Insgesamt verdienten die 30 Unternehmen vor Steuern und Zinsen im abgelaufenen Quartal gut 30 Milliarden Euro, das waren 3,5 Prozent mehr als im Vorjahr.

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Die Umsätze legten sogar doppelt so stark zu – um sieben Prozent. Mit dem Stromversorger Eon, der seinen operativen Gewinn um fast ein Viertel auf 465 Millionen Euro steigerte, präsentierte am Freitag der letzte Dax-Konzern seine Bilanz für die Monate Juli bis September.

„Von einer echten Krise kann derzeit noch keine Rede sein“, urteilt Mathieu Meyer, Mitglied der Geschäftsführung beim Wirtschaftsprüfer EY. Für eine Entwarnung ist es aber ebenfalls zu früh. Der Grund: Die Rahmenbedingungen bleiben schwierig: Die Weltkonjunktur wächst so langsam wie seit zehn Jahren, die chinesische Wirtschaft sogar so langsam wie seit 20 Jahren nicht mehr.

Vor allem die gestiegenen Umsätze überraschen. Einzig RWE, Covestro, BASF und MTU verzeichneten sinkende Umsätze. Volkswagen, Eon, SAP sowie Wirecard und die Deutsche Börse legten sogar um mehr als zehn Prozent zu. Mehr Aufträge sind eine wichtige Voraussetzung für ein Ende der Talfahrt. So weit ist es in der Gesamtindustrie zwar noch nicht, aber immerhin bei einzelnen Unternehmen.

So hat der Pharma- und Chemiekonzern Merck seine Jahresziele für den Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen leicht angehoben. Im abgelaufenen dritten Quartal stützte die Laborausrüstersparte das Wachstum. Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr hob RWE seine Gewinnprognose fürs Gesamtjahr an. Grund dafür ist ein gutes Handelsgeschäft, dessen Ergebnis sich bis Ende September mehr als verdoppelt hat.

Für das bereinigte Nettoergebnis geht der Stromversorger nun von einer um 300 Millionen Euro heraufgesetzten Bandbreite zwischen 900 Millionen und 1,2 Milliarden Euro aus. Auch der Wettbewerber Eon hob am Freitag seine Ziele an und erwartet nun im Gesamtjahr einen bereinigten Vorsteuergewinn (Ebit) von 3,1 bis 3,3 Milliarden Euro, nach bislang angepeilten 2,9 bis 3,1 Milliarden Euro.

Obwohl etliche Unternehmen bereits frühzeitig Kostensenkungsprogramme aufgelegt haben, stieg die Zahl der Mitarbeiter weiter an: Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wuchs die Beschäftigung nach Berechnungen von EY um knapp 40.000 auf 3,3 Millionen. Davon arbeiten nach Handelsblatt-Berechnungen gut 65 Prozent im Ausland. Nur acht Unternehmen beschäftigten im dritten Quartal weniger Arbeitnehmer als ein Jahr zuvor.

Unternehmen profitieren vom US-Boom

Fakt ist: Die Unternehmen profitieren von ihrer globalen Ausrichtung in Richtung Westen und vor allem vom anhaltenden Boom in den USA. In der größten Volkswirtschaft stiegen die Umsätze im dritten Quartal um rund zehn Prozent, hingegen stagnierten sie in Asien.

Vor allem die großen Autobauer stehen für den Positivtrend im dritten Quartal. Grund dafür ist ihre gute Marktposition in den wichtigen Märkten Asien und Amerika, eine wettbewerbsfähige Kostenstruktur und vor allem gefragte Modelle, gerade im Premium- und SUV-Segment. Gerade mit ihren großvolumigen Fahrzeugen verdienen die Hersteller viel Geld, weil die Margen höher sind – vom Umsatz also viel Gewinn übrig bleibt.

So bilanzierte BMW dank steigender Absätze einen Vorsteuergewinn von 2,3 Milliarden Euro im abgelaufenen Quartal. Das war fast ein Drittel mehr als im Vorjahr. Zuvor hatte Daimler mit einem Absatzrekord von über 600.000 Mercedes-Autos in den drei Monaten zwischen Juli und September für eine Überraschung gesorgt.

Noch im Frühsommer musste Daimler-Chef Ola Källenius die Prognose innerhalb von vier Wochen gleich zweimal senken. Solche Hiobsbotschaften waren lange Zeit der große Trend im ersten Halbjahr, als die 308 im „Prime Standard“ notierten Unternehmen nach EY-Berechnungen insgesamt 54 Gewinn- oder Umsatzwarnungen herausgaben.

Das war gut ein Drittel mehr als im Vorjahreszeitraum und zugleich ein neuer Höchststand seit der schwersten Nachkriegsrezession 2009. Im deutschen Prime Standard notieren unter anderem alle Unternehmen aus dem Dax, MDax, TecDax und SDax.

Das ist vorbei. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, frohlockte nun Daimler-Finanzvorstand Harald Wilhelm angesichts des Quartalsgewinns von 2,7 Milliarden Euro. Noch stärker präsentierte sich Volkswagen mit einem um 68 Prozent auf 4,5 Milliarden Euro gestiegenen Vorsteuergewinn. Kein anderer deutscher Konzern verdient so viel, und kein anderer Dax-Konzern steigerte seinen Gewinn so stark.

Der weltgrößte Autobauer profitiert von der rasant steigenden SUV-Nachfrage, aber auch von seiner konzerneigenen Baukasten-Strategie: Je mehr Stückzahlen der Konzern produziert, desto stärker sinken die Kosten, weil mehr Fahrzeuge verschiedener Modelle gleiche Bauteile verwenden können.

Wichtige Investitionen in Wachstumsmärkte

Aus der Krise findet auch Fresenius. Der Gesundheitskonzern hatte zweimal seine Ertragsprognosen gekappt, später aber zumindest die Umsatzziele wieder erhöht und bilanzierte nun einen um acht Prozent gestiegenen Vorsteuergewinn. Grund dafür sind gute Geschäfte mit Dialysepatienten. „Unsere Geschäfte haben sich im dritten Quartal ordentlich entwickelt“, urteilte Konzernchef Stephan Sturm.

Er investiert derzeit 2,5 Milliarden Euro in die Zukunft: zur Stärkung der Heimdialyse und in die Schulung des Pflegepersonals. Die Fresenius-Tochter FMC – auf das Dialysegeschäft spezialisiert und ebenfalls im Dax notiert – erwirtschaftet gut drei Viertel ihrer Umsätze in den USA.

Wie kaum ein anderer Konzern beweist die Deutsche Telekom, wie wichtig es ist, in Wachstumsmärkte zu investieren, um so Schwächen im stagnierenden Heimatmarkt auszugleichen. Fast die Hälfte des Gesamtgewinns trägt inzwischen das rasant wachsende US-Geschäft bei. Als Ex-Chef Ron Sommer vor knapp zwei Jahrzehnten für 50 Milliarden Dollar Voicestream kaufte, drohte aus dem Amerika-Deal ein Milliardendesaster zu werden.

Inzwischen rechnen sich der hohe Preis und die anschließenden Folgeinvestitionen immer besser. Nach Zuwächsen in den ersten neun Monaten hob der Ex-Monopolist am Donnerstag seine Jahresprognose an. Demnach soll der operative Gewinn (bereinigtes Ebitda ohne Leasingkosten) im Gesamtjahr nun bei 24,1 Milliarden Euro liegen – nach bislang angepeilten 23,9 Milliarden Euro.

Im dritten Quartal verbesserte die Telekom unter anderem dank des starken US-Geschäfts diesen Wert um 5,4 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro. Auch Siemens trotzt der schwächelnden Konjunktur. Mit einem regelrechten Endspurt hat der Münchener Technologiekonzern seine Ziele für das im September zu Ende gegangene Geschäftsjahr noch erreicht.

Zwischen Juli und September übertrafen Umsätze und Gewinne die Erwartungen der Analysten. Operativ verdiente Siemens 2,2 Milliarden Euro, das waren 55 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Dennoch, die Herausforderungen gerade für die Industrieunternehmen bleiben groß.

Für Entwarnung ist es noch zu früh

Die Weltkonjunktur lahmt, darauf wies Siemens-Chef Joe Kaeser hin: „Die Abschwächung der Weltwirtschaft hat sich im Laufe des Geschäftsjahres deutlich beschleunigt.“ Hinzu kommt, dass die chinesische Wirtschaft weit von der früheren Dynamik und jährlich zweistelligen Wachstumsraten entfernt ist. Darunter leiden die vielen deutschen Großkonzerne mit hohem Umsatzanteil in China.

Wenig Hoffnung verbreitet denn auch BASF. Der weltgrößte Chemiehersteller hat nicht nur ein starkes China-Geschäft, sondern gilt als Seismograf für die Weltwirtschaft. BASF beliefert praktisch alle Industriebranchen mit seinen chemischen Grundprodukten und spürt deshalb frühzeitig, ob die Nachfrage in der Gesamtindustrie anzieht oder abschwächt.

Daran gemessen ist es für eine Trendwende zu früh. Immerhin, an der im Juli drastisch gekappten Prognose, wonach der operative Gewinn in diesem Jahr um bis zu 30 Prozent niedriger ausfallen wird als 2018, hielt Konzernchef Martin Brudermüller fest. Ein Sparprogramm soll in diesem Jahr eine halbe Milliarde Euro zum Gewinn beitragen, von 2021 an jährlich zwei Milliarden Euro.

Für Entwarnung ist es noch zu früh. So hat sich im November die Stimmung unter den deutschen Exporteuren erneut verschlechtert. Das entsprechende Barometer dazu fiel von minus 1,4 Punkten im Vormonat auf minus 1,7 Zähler, wie das Münchner Ifo-Institut jüngst zu seiner Umfrage unter 2300 Unternehmen mitteilte.

„Die Konjunktur hat sich zwar gefangen, von einer Trendwende zu sprechen ist aber noch zu früh“, kommentierte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sagt für das kommende Jahr einen Rückgang der Ausfuhren von 0,5 Prozent voraus. Das wäre das erste Minus seit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009.

In dieses Bild passt ausgerechnet die Prognose des gewinnträchtigsten deutschen Konzerns, Volkswagen. Mit Blick auf das kommende Jahr würden Umsatz und Gewinn weniger stark steigen als zunächst geplant. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Automarkt hätten sich geändert, sagte Finanzvorstand Frank Witter. „Das Beste der Party ist vorbei.“

Auch die Gewinnaussichten in China, dem mit Abstand wichtigsten Einzelmarkt für die Wolfsburger, schätzt VW deutlich vorsichtiger ein. So bleibt die große Krise zwar aus, doch ein neuer Boom ist weit und breit noch nicht in Sicht.

Der gewinnträchtigste deutsche Konzern rechnet im nächsten Jahr mit weniger stark steigendem Umsatz und Gewinn als geplant. Foto: dpa
Der gewinnträchtigste deutsche Konzern rechnet im nächsten Jahr mit weniger stark steigendem Umsatz und Gewinn als geplant. Foto: dpa