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Kahlschlag bei Opel: Autohersteller streicht Tausende weitere Stellen

Der Autobauer Opel will über freiwillige Programme bis zu 4100 weitere Stellen abbauen. Im Gegenzug wird der Kündigungsschutz verlängert.

Die Ankündigung, die mehr als Zehntausend Opel-Beschäftigte am Montagvormittag erhielten, klingt hoffnungsfroh. „Geschäftsführung und Gesamtbetriebsrat haben sich auf Eckpunkte zur Zukunftssicherung der deutschen Standorte geeinigt“, schreiben Opel-Personalchef Ralph Wangemann und Wolfgang Schäfer-Klug, Betriebsratschef am Stammsitz in Rüsselsheim, in einem Veranstaltungshinweis an die Belegschaft, der dem Handelsblatt vorliegt.

Darin werden die Beschäftigten des Autobauers um rege Teilnahme bei einem Informationsevent gebeten, das keine 24 Stunden später stattfinden soll. Tatsächlich wird die verunsicherte Opel-Belegschaft am Dienstag um 11.30 Uhr im Gebäude K48 in Halle eins von Wangemann und Schäfer-Klug hören können, dass der bestehende Kündigungsschutz für ihre Jobs verlängert wird – von Mitte 2023 bis Mitte 2025.

Und sie werden erfahren, dass künftig alle drei Varianten des Astra in Rüsselsheim gefertigt werden – der Fünftürer, der Caravan und eine Hybridversion des Kompaktwagens. So soll mittelfristig in dem an Unterauslastung leidenden Werk ein Zweischichtbetrieb gesichert werden.

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Der Preis, den die Belegschaft für diese Zusagen zahlen muss, ist jedoch hoch: Opel wird abermals Tausende Arbeitsplätze abbauen. Konkret sieht das vierseitige Eckpunktepapier, auf das sich Management und Gesamtbetriebsrat geeinigt haben, nach Informationen des Handelsblatts vor, dass die freiwilligen Programme zur Personalreduzierung wie Altersteilzeit, Vorruhestand und Abfindungen deutschlandweit für die Jahrgänge bis 1963 geöffnet werden.

Über diese Vehikel kann Opel bis Ende 2021 den Abbau von 2100 weiteren Stellen besiegeln, heißt es übereinstimmend in Unternehmens- und Gewerkschaftskreisen. Die verbleibenden Beschäftigten erhalten im Gegenzug den verlängerten Kündigungsschutz bis Mitte des Jahrzehnts.

Allerdings schwebt der Opel-Geschäftsführung wohl ein noch weit drastischerer Kahlschlag vor. Denn das Management hat sich mit den Arbeitnehmervertretern auch auf einen darüber hinausgehenden Automatismus geeinigt.

Konkret heißt das: Sofern Opel mehr als 2100 Stellen abbaut, wird der Kündigungsschutz schrittweise ausgeweitet, zunächst bis Mitte 2027. Werden mehr als 3100 Stellen gestrichen, verlängert sich die Jobgarantie sogar bis Mitte 2029. Umgekehrt gewährt die Einigung dem Opel-Management die Möglichkeit, bis Ende des Jahrzehnts über sozial verträgliche Programme insgesamt bis zu 4100 Mitarbeiter aus der Bilanz zu hieven. Opel wollte sich dazu auf Anfrage nicht äußern.

Anzahl der Opel-Beschäftigten halbiert sich

Dabei hat die Geschäftsführung der Marke mit dem Blitz in den vergangenen Jahren bereits massiv beim Personal gekürzt. Seit Opel im Sommer 2017 vom französischen Fahrzeughersteller PSA (Peugeot, Citroën, DS) übernommen wurde, besiegelte das Management in Rüsselsheim um Frontmann Michael Lohscheller den Abbau von zusammengerechnet 6800 Stellen allein in Deutschland.

Mit der nun beschlossenen Kürzung von weiteren 2100 Jobs und noch ohne die Option auf einen darüber hinausgehenden Stellenabbau, wird sich die Belegschaft bis Mitte der Dekade im Vergleich zu ihrer einstigen Truppenstärke beinahe halbiert haben. Vor der Übernahme durch PSA beschäftigte Opel schließlich mehr als 19.000 Mitarbeiter in Deutschland.

In Gewerkschaftskreisen heißt es, die Eckpunkteeinigung sei zwar schmerzhaft, aber die „bestmögliche Lösung“ angesichts der rigiden Forderungen vonseiten des Managements. Opel-Chef Lohscheller sei wild entschlossen, den Personalstand weiter zu dezimieren. Das könne man leider nicht gänzlich verhindern, verlautet es unter Gewerkschaftern, der Kündigungsschutz stelle aber einen sozial verträglichen Abbau mit Höchstgrenzen sicher und sei im Zweifel einklagbar. Zudem erhalten die 300 Auszubildenden bei Opel, deren Zukunft zuletzt offen schien, eine Übernahmegarantie.

Klar ist: Der neuerliche Personalabbau bei dem traditionsreichen Fahrzeughersteller kommt keineswegs überraschend. Zwar schreibt die Firma nach fast zwei Jahrzehnten mit hohen Verlusten mittlerweile wieder konstant Gewinne. Gleichzeitig verkauft Opel aber weniger Fahrzeuge als je zuvor. Von Anfang Januar bis Ende November 2019 setzten die Rüsselsheimer weltweit nur noch 891.000 Pkws und leichte Nutzfahrzeuge ab. Das entspricht einem Minus von 6,4 Prozent im Vergleich zum ohnehin schon schwachen Vorjahr.

Schlimmer noch: Ausgerechnet das Flaggschiff der Hessen schwächelt erheblich. In den ersten neun Geschäftsmonaten des vergangenen Jahres ist der Absatz der Limousine Insignia von 55.000 auf 39.500 Einheiten abgesackt. Besserung ist nicht in Sicht.

Die Folge: Das Stammwerk in Rüsselsheim, in dem der Insignia gefertigt wird, hat zu wenig Arbeit. Branchenkreisen zufolge lag die Auslastung der Fabrik im vergangenen Jahr bei kaum mehr als 40 Prozent. Weil erst 2021 mit dem Astra ein zweites Modell in Hessen anläuft, müssen die Facharbeiter in dem Werk vorübergehend geringe Lohneinbußen hinnehmen. Seit Herbst wird kurzgearbeitet. In den Fabrikbereichen Teilebau, Getriebewerk, Prototypenbau, Presswerk, Werkzeugbau, Schmiede und Engineering fehlt es zudem an Investitionen.

PSA-Chef Tavares will Doppelstrukturen vermeiden

Mit dem neuerlichen Stellenabbau reagiert Opel-Chef Lohscheller einerseits auf die Unterauslastung in seinen Werken und den Branchenumschwung hin zu Elektromobilität. Andererseits agiert er gewissermaßen in vorauseilendem Gehorsam auf die Fusion des Mutterkonzerns PSA mit dem italienisch-amerikanischen Rivalen Fiat Chrysler (FCA). Denn im Zuge des Zusammenschlusses dürften Tausende Stellen wackeln. In Opel-Kreisen fürchtet man als kleinster Partner in dem Koloss aus 16 Marken besonders harte Einschnitte.

Schließlich gilt PSA-Chef Carlos Tavares, der das fusionierte Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 170 Milliarden Euro leiten wird, als Effizienzfreak. Und Opel hat diesbezüglich zwar aufgeholt, hinkt Marken wie Peugeot im internen Vergleich aber noch weit hinterher.

Der Portugiese mit französischem Pass will Doppelstrukturen kappen, wohl auch in den Forschungsabteilungen. PSA hat heute fast 19.000 Entwickler in seinen Reihen, von FCA kommen 18.000 hinzu. Experten halten mindestens ein Drittel dieser Stellen für obsolet.

Besonders die Opel-Ingenieure sind besorgt, schließlich steht in Rüsselsheim mit mehr als 4000 Fachkräften das größte Entwicklungszentrum von PSA. Verlieren könnte Opel etwa die Entwicklungsverantwortung für leichte Nutzfahrzeuge. Mehr Kompetenz in diesem Bereich hat nämlich Fiat.