Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • DAX

    18.161,01
    +243,73 (+1,36%)
     
  • Euro Stoxx 50

    5.006,85
    +67,84 (+1,37%)
     
  • Dow Jones 30

    38.310,67
    +224,87 (+0,59%)
     
  • Gold

    2.346,40
    +3,90 (+0,17%)
     
  • EUR/USD

    1,0699
    -0,0034 (-0,32%)
     
  • Bitcoin EUR

    59.449,92
    -1.053,87 (-1,74%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.383,71
    -12,82 (-0,96%)
     
  • Öl (Brent)

    83,85
    +0,28 (+0,34%)
     
  • MDAX

    26.175,48
    +132,30 (+0,51%)
     
  • TecDAX

    3.322,49
    +55,73 (+1,71%)
     
  • SDAX

    14.256,34
    +260,57 (+1,86%)
     
  • Nikkei 225

    37.934,76
    +306,28 (+0,81%)
     
  • FTSE 100

    8.139,83
    +60,97 (+0,75%)
     
  • CAC 40

    8.088,24
    +71,59 (+0,89%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.964,80
    +353,04 (+2,26%)
     

Bundesbank verteidigt ihr Vorgehen im Wirecard-Skandal

Vorstandsmitglied Wuermeling hält die Einstufung der Firma als Technologiekonzern für richtig – und spricht über Sonderprüfungen bei der Wirecard Bank.

Die Bundesbank verteidigt ihr Vorgehen bei der Kontrolle des inzwischen insolventen Zahlungsdienstleisters Wirecard. Prüfer der Bundesbank haben 2017 und 2019 Sonderprüfungen bei der Tochter Wirecard Bank gemacht, dabei aber offenbar keine Hinweise auf das Betrugssystem beim bayerischen Unternehmen gefunden.

„Natürlich fragen wir uns wie alle Beteiligten, ob wir irgendetwas früher und besser hätten wissen können“, sagte Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling dem Handelsblatt. „Bei den Sonderprüfungen haben wir die Kreditvergabestandards kontrolliert und dabei einige Mängel gefunden, die das Institut dann behoben hat.“ Den Bilanzbetrug habe es jedoch nicht bei der Wirecard Bank gegeben, sondern beim Mutterkonzern Wirecard AG.

Die Bundesbank ist zusammen mit der Finanzaufsicht Bafin für die Bankenaufsicht in Deutschland zuständig. Gemeinsam haben beide Behörden auch die Wirecard Bank kontrolliert.

WERBUNG

Dass sie auf deren Mutterkonzern nicht mehr Zugriff hatten, lag vor allem an der Einstufung der Wirecard AG als Technologiekonzern. „Dass diese aufsichtsrechtlich nicht als Finanzholding eingestuft wurde, halten wir im Hinblick auf die hauptsächlich technologischen Dienstleistungen, die die Wirecard-Gruppe angeboten hat, auch rückblickend für richtig“, sagte Wuermeling.

Mehrere Oppositionspolitiker sehen das anders und wollen das Thema demnächst im Wirecard-Untersuchungsausschuss noch einmal intensiv beleuchten. „Die Bafin muss beantworten, warum Wirecard auf der ganzen Welt Zahlungsdienstleister und Prepaidkarten-Unternehmen kaufen durfte, ohne eine Finanzholding zu werden“, sagt der Grünen-Abgeordnete Danyal Bayaz. „Dass die Bundesbank diese Haltung ebenfalls vertreten zu haben scheint, sollte sie uns mit ihren Argumenten natürlich erklären.“

Spezialeinheit für undurchsichtige Fälle

Darüber hinaus will Bayaz wissen, wie stark der flüchtige Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek Einfluss auf Kreditentscheidungen der Wirecard Bank genommen hat. „Hier wird der Untersuchungsausschuss aufklären, wer das übersehen hat: die Wirtschaftsprüfer in ihren Prüfungsberichten, die Bundesbank beim Auswerten der Prüfungsberichte oder die Bafin beim Auswerten des durch die Bundesbank übermittelten Risikoprofils.“

Aus Sicht von Wuermeling hat der Wirecard-Skandal gezeigt, dass die Bilanzkontrolle in Deutschland wirksamer organisiert werden muss. Die Politik hat dies im Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität bereits angestoßen.

Die Bafin steht stärker in der Kritik

Darüber hinaus plädiert Wuermeling für „eine Art Spezialeinheit“, an die sich Behörden wenden können, wenn es Verdachtsmomente gibt, die sie allein nicht überprüfen können. „Gerade bei international verflochtenen Firmenkonglomeraten fehlen nationalen Stellen häufig die Kapazitäten und Kompetenzen, um illegale Geschäfte aufzuspüren, nachzuweisen und zu unterbinden“, sagt Wuermeling. „Hier müssen wir die Zusammenarbeit international verstärken.“

Deutlich stärker als die Bundesbank steht im Wirecard-Skandal die Bafin in der Kritik, die unter anderem kritische Investoren und Journalisten angezeigt hat. Zudem verbot die Bonner Behörde zeitweise Wetten auf den fallenden Kurs der Wirecard-Aktie, was viele Investoren als Vertrauensbeweis für den Zahlungsdienstleister werteten. Manche Bafin-Kritiker haben deshalb angeregt, die Kontrolle von Banken und Finanzkonzernen in Deutschland ganz auf die Bundesbank zu übertragen.

Die Bundesbank hält von diesem Vorschlag allerdings nichts. „Im Gegensatz zur Bafin erlassen wir keine Verwaltungsakte“, betont Wuermeling. Die Kernkompetenz der Bundesbank liege in der Analyse und Untersuchung von Finanzsachverhalten. „Unser gegenwärtiges Aufgabenprofil in der Bankenaufsicht passt somit zu unseren Kompetenzen als Zentralbank und zu unserem Mandat.“

Der Wirecard-Untersuchungsausschuss will das Handeln der Finanzaufsicht im Februar und März intensiv beleuchten. Bafin-Exekutivdirektorin Elisabeth Roegele soll zum Erlass des umstrittenen Leerverkaufsverbots von Wirecard-Aktien im Februar 2019 Stellung beziehen, Bafin-Präsident Felix Hufeld zur Frage, ob die Behörde etwa über ein Inhaberkontrollverfahren Wirecard nicht stärker hätte auf die Finger schauen können. Zum Abschluss sollen dann auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) aussagen.

Opposition fordert mehr Sitzungstermine

Die Vertreter der Regierungsparteien CDU/CSU und SPD wollen die Zeugenbefragungen Beteiligten zufolge möglichst bis April beenden, um eine Kollision mit dem beginnenden Bundestagswahlkampf zu verhindern.

FDP, Grüne und Linkspartei lehnen dies jedoch ab. „Viele für die politische Aufklärung äußerst relevante Zeugen, etwa von der Bafin und aus dem Finanzministerium, wurden noch nicht angehört“, betont Grünen-Politiker Bayaz. Zudem ließen sich komplexe Themen wie das Leerverkaufsverbot nicht an einem Termin aufklären. „Daher ist es kaum verständlich, wie die Koalition heute schon seriös bewerten möchte, wann die Beweisaufnahme endet.“

Sein Ausschusskollege Fabio De Masi sieht das ähnlich. „Über die Dauer der Zeugenvernehmungen entscheidet der Untersuchungsauftrag, nicht der Wahlkampfkalender“, sagt der Linken-Politiker. „Bei der Aufklärung des Wirecard-Skandals geht es um das Vertrauen in demokratische Institutionen.“

Die Aufklärung beschleunigen

Die Große Koalition wolle, dass die Sitzungen des Untersuchungsausschusses über mehrere Wochen hinweg erst nachmittags beginnen, moniert De Masi. „Im Schlafwagen werden wir den Wirecard-Skandal nicht aufklären.“ Die Opposition werde alles tun, um die Aufklärung zu beschleunigen – Nachsitzungen inklusive. „Wir sind auch bereit, mehr Sitzungstermine einzulegen.“

Der FDP-Abgeordnete Florian Toncar geht davon aus, dass die Zeugenbefragungen mindestens bis Juni dauern werden. Ein Abschlussbericht könnte aus seiner Sicht dann immer noch im Juli oder August erstellt werden.