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Joe Bidens Rede zur Außenpolitik ist reich an weitreichenden Botschaften

In seiner ersten außenpolitischen Rede kündigt US-Präsident Joe Biden den Bruch mit der Linie von Donald Trump an. Es ist ein Manifest gegen autokratische Systeme.

Joe Biden kneift die Augen zusammen, wie er es immer macht, wenn er seinen Sätzen Ausdruck verleihen will. Er verhaspelt sich hier und da, wie er es so oft macht, wenn er eine Rede hält. Und er wirkt wie meistens ein wenig steif – manchmal sogar etwas verwirrt. Und dennoch: Die erste außenpolitische Rede des neuen amerikanischen Präsidenten im US-Außenministerium war reich an weitreichenden Botschaften.

An die Adresse seines russischen Amtskollegen Wladimir Putin sagte Biden: „Die Vereinigten Staaten schauen nicht mehr weg, wenn Russland seine Bürger vergiftet, sich in unsere Wahlen einmischt oder Cyberkriege anzettelt“. Xi Jingping, den chinesischen Staatspräsidenten, warnte er: „Wir werden das aggressive, erpresserische Vorgehen Pekings nicht mehr dulden.“ Und dem autokratischen Saudi-Arabien entzog der Präsident jegliche Unterstützung im Jemen-Krieg.

Die USA würden wieder eine stärkere Führungsrolle in der Weltpolitik einnehmen. „Amerika ist zurück, die Diplomatie ist zurück“, rief Biden. Er wolle „Schulter an Schulter“ mit den Verbündeten zusammenarbeiten und autoritären Staaten wie China und Russland entschiedener entgegentreten. „Die Muskeln der demokratischen Bündnisse, die durch Jahre der Vernachlässigung und Misshandlung verkümmert sind, werde ich wieder aufbauen“, kündigte Biden an.

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Das ist besonders für Europa, das vier Jahre lang unter der ebenso aggressiven wie unberechenbaren Außenpolitik von Bidens Vorgänger Donald Trump gelitten hatte, ein völlig neuer Ton. Und speziell für Deutschland hatte Biden eine versöhnliche Botschaft parat: Biden stoppte vorerst die unter seinem Vorgänger ausgearbeiteten Pläne zum Abzug von 12.000 US-Soldaten. Bis zum Abschluss einer gründlichen Überprüfung des Vorhabens werde es keinen Truppenabzug geben, sagte Biden.

Trump hatte vergangenen Juni den Teilabzug der US-Soldaten aus Deutschland angekündigt und den Schritt unter anderem mit den aus seiner Sicht zu geringen Verteidigungsausgaben des Nato-Partners begründet. Der Entscheidung zufolge sollte ein Drittel der damals 36.000 Soldaten in Deutschland in die USA zurückkehren oder in andere europäische Nato-Länder verlegt werden.

Joe Biden wagt Strategieschwenk im Nahen Osten

Bemerkenswert und wirklich überraschend ist der Strategieschwenk der US-Regierung im Nahen Osten, die Kampfhandlungen der Saudis im Jemen nicht mehr zu unterstützen. Saudi-Arabien gilt seit Jahrzehnten als der wichtigste Verbündete in der Region. Vor allem Trump hatte Mohammed bin Salman (MBS), den ebenso autokratischen wie umstrittenen Herrscher, hofiert. Die neue Ansage aus Washington dürften in Riad Irritationen auslösen.

Biden werde einen neuen Sondergesandten benennen, um eine „aktivere und engagiertere Rolle“ bei der diplomatischen Beilegung des Konflikts einzunehmen, sagte auch der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan.

Im ärmsten arabischen Land kämpft ein von Saudi-Arabien angeführtes Militärbündnis seit 2015 gegen die Huthi-Rebellen, die vom Iran unterstützt werden. Das US-Militär half mit Geheimdienstinformationen und logistischer Unterstützung. Außerdem genehmigte Trump Waffenverkäufe an Riad in Milliardenhöhe.

Der Krieg hat das ohnehin bitterarme Land auf der Arabischen Halbinsel in die schlimmste humanitäre Krise weltweit gestürzt. Nun soll die Diplomatie dabei helfen, diesen Konflikt lösen. Dabei kann Biden auch auf die Unterstützung der Europäer zählen.

Bidens Annäherung an die Europäische Union war erwartet worden. Der ehemalige Vize-Präsident unter Barack Obama gilt als überzeugter Transatlantiker. Er hatte sich immer zur Nato bekannt, die Trump offen infrage stellte. Und er galt immer als Förderer des Integrationsprozesses der Europäischen Union, der Trump offen die Spaltung wünschte. Biden lobte Deutschland ausdrücklich als einen „unserer engsten Freunde“.

Doch bei aller Euphorie über den neuen Ton aus Washington: Auch Berliner Diplomaten wissen, dass die amerikanische Außenpolitik – so wie bei seinem Vorgänger – innenpolitisch getrieben sein wird. Viele deutsche Politikansätze sind sowohl bei den Demokraten als auch den Republikanern höchst umstritten: das gilt für die deutschen Handelsüberschüsse, das gilt für die aus Washingtoner Sicht zu geringen Verteidigungsausgaben und das gilt nicht zuletzt für die umstrittene Ostsee-Pipeline Nord Stream 2.

Am Ende noch wandte sich der neue Präsidenten den Mitarbeitern im State Department zu. „Ich brauche Euch, Eure Expertise, Euer Engagement, auch Euren Widerspruch“, sagte der Präsident. Nur gemeinsam könne man eine gute und richtige Außenpolitik gestalten.

Auch das ist ein neuer Ton – und dürfte Balsam sein für ein Ministerium, das der Ex-Präsident für den Inbegriff der liberalen Washingtoner Elite hielt, die die Trump-Basis so verachte. Ein Ministerium, das Trump systematisch klein hielt, indem er unzählige vakante Stellen im State Department einfach nicht wiederbesetzte. Jetzt wird die Zahl der Mitarbeiter dort wieder steigen. Und das wird auch notwendig sein: Denn die Diplomatie zählt wieder.