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So ging es für das DHDL-Startup Articly nach dem Deal mit Carsten Maschmeyer weiter

Bei „Die Höhle der Löwen" hat Gründer Wolf Weimer gleich von zwei Investoren ein Angebot bekommen - Copyright: RTL/Bernd-Michael Maurer
Bei „Die Höhle der Löwen" hat Gründer Wolf Weimer gleich von zwei Investoren ein Angebot bekommen - Copyright: RTL/Bernd-Michael Maurer

"Dieser Abend könnte ein Gamechanger sein“, sagt Wolf Weimer, als er in der TV-Show "Die Höhle der Löwen" sein Startup Articly vorstellt. Die Idee: Texte aus bekannten Medien wie der FAZ oder der Süddeutschen Zeitung werden von professionellen Sprechern vertont und gebündelt in einer App zur Verfügung gestellt – Zeitung zum Hören also.

Mit seinem Pitch überzeugt Weimer gleich zwei der fünf Investoren: Janna Ensthaler und Carsten Maschmeyer bieten ihm jeweils 70.000 Euro für 20 Prozent seines Unternehmens an. Nach kurzer Bedenkzeit fällt die Wahl auf Maschmeyer. Heute, etwa ein Jahr nach den Dreharbeiten, sagt Weimer im Gespräch mit Gründerszene: "Die Entscheidung war tatsächlich ein Meilenstein für Articly."

Aber der Reihe nach: Weimer, heute 28, wächst in einer Journalistenfamilie auf, gründet als Jugendlicher eine Schülerzeitung und später gemeinsam mit seinen zwei Brüdern eine Nachrichtenseite. Gelesen habe er aber nie gerne, sagt Weimer, sondern lieber Hörbücher oder Podcasts gehört. Das Problem: "Für Zeitungsartikel zum Hören habe ich in Deutschland kein gutes Angebot gefunden."

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Also entschließt er sich, das Konzept selbst zu verwirklichen und gründet Ende 2020 Articly. Anfangs baut er das Startup als Solo-Founder neben seinem Vollzeitjob bei einer großen Beratungsfirma auf. "Das ging nur, weil mein Arbeitgeber mich unterstützt hat und ich viele Themen wie die Softwareentwicklung outgesourct habe", erklärt er.

Anruf von DHDL: "Ich dachte zuerst, das sei ein Scherzanruf"

Zu dieser Zeit kommt der vielleicht entscheidende Anruf: Das Team der TV-Show "Die Höhle der Löwen" war auf Articly aufmerksam geworden und lädt den Gründer ein, sich für einen Pitch in der TV-Show zu bewerben. "Ich dachte zuerst, das sei ein Scherzanruf", erinnert er sich. Dann geht alles ganz schnell: Weimer schafft es durch den Bewerbungsprozess und tritt nur wenige Tage später vor die Investoren, um sein noch junges Startup vorzustellen.

In dieser frühen Phase steht für den Gründer viel auf dem Spiel: "Ich dachte: Mit mehr als zwei Millionen Zuschauern könnte der Auftritt das perfekte Marketingevent sein", sagt er rückblickend. "Gleichzeitig birgt es aber natürlich auch das Risiko, dass die Ideen von den Löwen zerrissen werden könnte." Seine Strategie: Offenheit über das frühe Stadium von Articly und damit einhergehend eine relativ geringe Bewertung. "So habe ich versucht, Angriffsfläche wegzunehmen", erklärt Weimer.

Das überzeugt offenbar, denn der Gründer bekommt einen Deal von genau dem Löwen, den er schon im Vorfeld favorisiert hatte. "Mit seiner Skalierungsexpertise und dem großen Team dahinter war Carsten Maschmeyer die ideale Besetzung." Tatsächlich nimmt das Startup nach dem Auftritt in der TV-Show schnell Fahrt auf: Weimer kündigt seinen Beraterjob endgültig und holt mit Lukas Paetzmann, den er noch aus Studienzeiten kennt, einen Co-Founder an Bord.

Ähnliche Ideen scheiterten am Widerstand der Verlage

"Seine Skills helfen dem Unternehmen extrem. Wir ergänzen uns sehr gut als Gründerteam", sagt Weimer über Paetzmann, der zuvor knapp fünf Jahre bei Google in Dublin gearbeitet hat. Schließlich stößt mit Nour Orjany noch ein Softwareentwickler von Spotify als CTO dazu, hinzu kommen knapp 50 freiberufliche Sprecher und das Team von Investor Maschmeyer.

Die wohl größte Hürde für das Startup: Möglichst viele Medienhäuser von einer Zusammenarbeit zu überzeugen. "Die Verlage sind das Lebenselixier für unsere Idee. Ohne die großen Marken funktioniert es nicht", ist sich Weimer sicher. Bisher allerdings waren die Versuche, die Inhalte mehrerer Medien in einem Abo zu bündeln, meist am Widerstand der Verlage gescheitert, weil diese den Verlust von Abonnenten befürchteten.

Die Articly-Gründer sehen in ihrem Konzept einen entscheidenden Vorteil: "Wir bilden erstens nicht die gesamte Zeitung ab, und zweitens sprechen wir mit unserem Audio-Format eine andere Zielgruppe an. Viele unserer Abonnenten hatten vorher gar kein Abo bei einem einzelnen Medium", sagt Weimer. So erreiche Articly unter anderem eine Gruppe, für die herkömmliche Printmedien bisher nahezu gar nicht zugänglich sind: Sehbehinderte und Legastheniker, denen Lesen schwerfällt oder unmöglich ist.

Lizenzgeschäft nach dem Spotify-Modell

Für die Zusammenarbeit mit den Medienhäusern gibt es verschiedene Modelle. Bei größeren Verlagen kauft das Startup Lizenzen für Inhalte ein, teilweise pro Artikel, teilweise für Kontingente. Kleinere Verlage erhalten im Gegenzug für die Inhalte die Audiodatei zur Verfügung gestellt. Eine weitere Variante, die gerade getestet wird, orientiert sich am Spotify-Modell.

Pro Stream eines vertonten Artikels bekommt das Medium einen bestimmten Betrag – je erfolgreicher ein Artikel ist, desto mehr springt dabei also für die Verlage heraus. "Für die Medienhäuser ist das ein ganz neuer Weg, Geld zu verdienen und damit auch ein Anreiz, uns gute Inhalte zur Verfügung zu stellen", sagt Weimer. Für die Nutzer kostet ein Articly-Abo je nach Laufzeit zwischen 5,80 Euro und 8,99 Euro im Monat, dafür gibt es jeden Tag eine Handvoll neuer Artikel.

Darunter seien vor allem zeitlose Texte mit einem großen Anteil erzählerischer Elemente, erklären die Gründer. Und: "Wir achten auf ein großes Spektrum an Perspektiven, damit wir keine politische Schlagseite bekommen", so Weimer. Damit gehe auch eine große Verantwortung einher, ergänzt Co-Gründer Paetzmann. Langfristig solle die Auswahl der Artikel daher durch ein eigenes redaktionelles Team erfolgen.

Platz eins der App-Charts durch "DHDL"

Erst einmal gilt es aber, die App bekannter zu machen. Der Auftritt in der "Höhe der Löwen" habe dazu einen großen Teil beigetragen, sagt Weimer. Waren die Nutzerzahlen zuvor noch im vierstelligen Bereich, seien sie während und nach der Ausstrahlung auf eine mittlere fünfstellige Zahl geklettert. Eine Woche lang führte die Articly-App sogar die Download-Charts in der Kategorie Zeitungen und Magazine an. Zudem hätten sich auch einige Sprecher gemeldet, die sich an dem Projekt beteiligen wollen.

"Wie viele der Nutzer auch langfristig bleiben, zeigt sich natürlich erst in den nächsten Tagen und Wochen", sagt Weimer. Aber die hohe Conversionrate stimme ihn zuversichtlich: Von den Menschen, die die Articly-App herunterladen, schließt laut dem Gründer jeder Zehnte auch ein Abo ab. "Wenn wir das aufrechterhalten könnten, wären wir sehr zufrieden damit." Dabei helfen sollen auch B2B-Partnerschaften wie etwa mit der Deutschen Bahn, die Articly seit Kurzem im ICE-Portal anbietet.

Zusätzlich solle mithilfe der 70.000 Euro von Carsten Maschmeyer eine größere Marketing-Kampagne finanziert und das Lizenzgeschäft ausgebaut werden, verraten die Gründer. "Das hat uns den Runway verlängert, bis uns das Geld ausgehen könnte", sagt Paetzmann. Ohnehin sei der Weg bis zur Profitabilität aber nicht mehr weit. Das könne Articly auch für weitere Investoren interessanter machen.

Vorbild aus London bekam Millionen-Finanzierung

"Wir haben jetzt einen guten Business Case, um die nächste Runde zu raisen", so der Co-Gründer weiter. Das Startup sei zwar aktuell nicht in aktiven Finanzierungsgesprächen, "aber wir nehmen das Momentum mit und tauschen uns aus, zu welchen Konditionen wir Geld einsammeln könnten." Eines kommt für die Gründer aber nicht infrage: Der Verkauf an einen Verlag nach dem Vorbild des US-Startups Audm, das inzwischen zum New York Times Verlag gehört.

Audm hätte nach der Übernahme Schwierigkeiten gehabt, mit anderen Medienhäusern zusammenzuarbeiten, sagt Paetzmann. "Im Moment sind wir sehr glücklich mit dieser neutralen Position als kleines Startup zwischen den Welten." Optimistisch dürfte in jedem Fall die Geschichte des Londoner Unternehmens Curio stimmen: Für ein ähnliches Geschäftsmodell sammelten die Gründer vor zwei Jahren umgerechnet 6,5 Millionen Euro bei Investoren ein.

Mischt die TV-Show „Die Höhle der Löwen“ auf: Tijen Onaran.
Mischt die TV-Show „Die Höhle der Löwen“ auf: Tijen Onaran.