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Johnsons Corona-Plan spaltet Großbritannien

Der britische Premierminister hat erste Lockerungen des Lockdowns verkündet. Sein Timing löst Verwirrung aus, im Parlament gab es scharfe Kritik.

Die britischen Boulevardzeitungen hatten den Montag zum „Happy Monday“ ausgerufen. Schließlich wollte Premierminister Boris Johnson seinen Landsleuten nach dem siebenwöchigen Lockdown endlich wieder ein paar Freiheiten zurückgeben.

Doch die Verkündung des Fahrplans geriet zum Debakel. Schuld war das unglückliche Timing des Regierungschefs. Am Sonntagabend verkündete Johnson in einer Fernsehansprache die groben Linien seines Plans. Die schriftlichen Details folgten aber erst 19 Stunden später am Montagnachmittag. Dazwischen herrschten Verwirrung und Chaos.

Sollte man nun am Montagmorgen zur Arbeit fahren? Durfte man sich mit Freunden treffen oder nicht? Und was gilt, wenn man nicht in England, sondern in Schottland, Wales oder Nordirland wohnt?

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Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften riefen die Briten dazu auf, erst mal zu Hause zu bleiben, bis die Regierung weitere Details zur Arbeitsplatzsicherheit veröffentliche. Die Regionalregierungen von Schottland, Wales und Nordirland betonten, dass die Lockerungen nicht in ihren Landesteilen gälten. Und Außenminister Dominic Raab widersprach in Interviews öffentlich dem Premierminister in der Auslegung der soeben verkündeten Regeln.

Klarheit kehrte erst am Montagnachmittag ein, als die Regierung ein 50-seitiges Dokument mit dem Titel „Unser Plan zum Wiederaufbau“ veröffentlichte. Darin fanden sich die wesentlichen Eckpunkte, die Johnson bereits benannt hatte: In einem ersten Schritt werden die Ausgangsbeschränkungen diese Woche nur leicht gelockert - mehr Aktivitäten im Freien sind erlaubt. Frühestens im Juni sollen Schulen und Geschäfte teilweise wieder öffnen. Und erst ab Juli ist eine Öffnung von Restaurants, Pubs, Friseursalons und Kirchen denkbar.

Dazu kamen neue Details: So werden die Briten dazu aufgerufen, ab sofort in bestimmten Situationen Gesichtsmasken zu tragen – etwa in der U-Bahn oder in Supermärkten. Auch ist es wieder erlaubt, sich mit einer Person zu treffen, die nicht dem eigenen Haushalt angehört. Ebenso zulässig sind nun kleine Freuden wie Sonnenbaden im Park, Schwimmen im See oder ein Tagesausflug ins Grüne.

Johnson appelliert an „britischen Common Sense“

Johnsons Plan spaltet allerdings das Königreich. Nur die Bewohner Englands dürfen sich wieder frei bewegen – und auch nur innerhalb Englands. Nach Schottland, Wales oder Nordirland dürfen sie nicht reisen, weil dort die alten Lockdown-Regeln weiter gelten. Wie dies mangels Grenzen kontrolliert werden soll, ist fraglich. Johnson appellierte nur an den „guten alten britischen Common Sense“.

Im Unterhaus wurde der Premierminister am Montagnachmittag heftig kritisiert. Er agiere nicht als Premierminister von Großbritannien, sondern nur von England, kritisierte die Fraktionschefin der walisischen Nationalisten, Liz Saville Roberts. „Ich weise dies entschieden zurück“, verteidigte sich Johnson. Aber er akzeptiere, dass der Lockdown in unterschiedlichen Regionen des Landes unterschiedlich schnell gelockert werde.

Labour-Oppositionsführer Keir Starmer warf dem Regierungschef vor, mit seinem Vorpreschen „erhebliche Verwirrung“ gestiftet zu haben. Es gebe viele Fragen, aber herzlich wenig Antworten. Erst habe er gesagt, die Briten sollten Montag zurück zur Arbeit. Nun rede er von Mittwoch. Er habe aber immer noch nicht erklärt, wie das mit der Arbeitsplatzsicherheit, dem öffentlichen Nahverkehr und der Kinderbetreuung funktionieren solle.

Der Premier erklärte, er setze auf die Vernunft der Arbeitgeber. In den vergangenen Wochen hätten etliche Firmen schon weiter gearbeitet, mit „social distancing“ am Arbeitsplatz. Und wenn ein Mitarbeiter seine Kinder betreuen müsse, dann müsse der Arbeitgeber akzeptieren, dass er nicht zur Arbeit kommen könne.

Vorsicht trotz des Drucks der Wirtschaft

Johnsons sehr langsamer Weg aus dem Lockdown zeigt allerdings, wie fragil die Lage im Königreich noch ist. „Kurzfristig können wir es uns nicht leisten, drastische Änderungen vorzunehmen“, heißt es in dem Regierungsdokument. „Um den R-Wert unter 1 zu halten, haben wir nur wenig Spielraum.“ Der R-Wert bezeichnet den Reproduktionsfaktor des Virus: Steigt er über 1, breitet sich Covid-19 weiter aus.

Aktuell liegt der R-Wert laut Johnson in England bei 0,5 bis 0,9. In Schottland liegt er höher bei 0,7 bis 1, weshalb die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon von einer Lockerung noch nichts wissen will.

Johnson steht unter Druck aus seiner Partei und der Wirtschaft, das Land wieder zum Laufen zu bringen. Allerdings bleibt der Regierungschef vorsichtig. „Es kann keinen größeren Fehler geben, als alles Erreichte zu gefährden, indem wir zu weit und zu schnell vorgehen“, sagte er im Parlament. Nicht die wirtschaftliche Erholung sei der Maßstab seines Handelns, sondern „die Daten, die Wissenschaft, die öffentliche Gesundheit“.

Deshalb gebe es zunächst nur „eine erste vorsichtige Modifizierung“ des Lockdowns. Nur wenn der R-Wert unter 1 bleibe, könne man im Juni darüber nachdenken, den nächsten Schritt zu machen. Dann könnten laut dem Fahrplan die Kinder der Vorschule sowie der ersten und sechsten Klassen zurück in die Schule. Auch erste Geschäfte könnten öffnen.

Mit seinem Stufenplan überträgt Johnson die Verantwortung stärker an die Bevölkerung: Sollte der R-Wert wieder steigen, will er die Zügel wieder anziehen. „Jeder versteht, was wir gemeinsam erreichen wollen“, sagte der Premier. „Dies ist der Moment für das gesamte Land, die Regeln zu beachten und den Common Sense unter Beweis zu stellen.“