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Britisches Ultimatum verstrichen – Ist der Brexit-Vertrag noch zu retten?

Die EU-Regierungschefs wollen weiter mit Großbritannien verhandeln. Nun liegt der Ball wieder bei Premierminister Boris Johnson.

Der britische Premierminister Boris Johnson war vorgeprescht. Er hatte eine Frist bis zum 15. Oktober in den Brexit-Verhandlungen gesetzt. Doch obwohl diese nun ohne Einigung verstrichen ist, wird das Datum nicht als jener Tag in die Geschichte eingehen, an dem das Handelsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich gescheitert ist.

Denn die Gespräche werden am Freitag bereits weitergehen. „Wir sind bereit, die Verhandlungen fortzusetzen“, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel nach den Brexit-Beratungen der Staats- und Regierungschefs am Donnerstagabend: „Wir sind geeint und entschlossen, eine Einigung zu erzielen, aber nicht um jeden Preis.“ Er forderte beispielsweise faire Wettbewerbsbedingungen für die Autoindustrie.

Michel stärkte EU-Chefunterhändler Michel Barnier demonstrativ den Rücken. Barnier beteuerte nach den Beratungen fast wortgleich: „Wir sind entschlossen mit dem Vereinigten Königreich einen fairen Deal zu erzielen. Wir versuchen alles, was wir können.“ Er sei bereit, die kommenden zwei, drei Wochen intensiv zu verhandeln.

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Gleich zu Beginn ihres Treffens hatten die Regierungschefs die Gipfelerklärung zum Brexit durchgewunken. Man wolle die Freihandelsgespräche in den kommenden Wochen fortführen, heißt es darin. Leider habe es in den entscheidenden Punkten noch nicht ausreichend Fortschritte gegeben. Nun sei es an der britischen Regierung, sich zu bewegen.

London "enttäuscht" über Gipfelerklärung

Die Aufforderung kam in London nicht gut an. Der britische Chefunterhändler David Frost twitterte, er sei "enttäuscht" und "überrascht", dass sich nur London bewegen solle. "Das ist eine ungewöhnliche Art des Verhandelns", erklärte er. Johnson werde seine Antwort am Freitag geben.

Die Briten hatten darauf gedrängt, endlich in den „Tunnel“ einzutreten. So wird die Endphase von Verhandlungen bezeichnet, in denen absolute Vertraulichkeit gilt. Barnier hatte sich bisher dagegen gewehrt, weil er erst ein weiteres Entgegenkommen Großbritanniens in den zentralen Streitfragen der Fischerei und der Subventionskontrolle sehen wollte.

Für Irritation sorgte in London, dass der Entwurf der Gipfelerklärung unmittelbar vor Gipfelbeginn noch geändert wurde. Laut einer früheren Version wollten sich die EU-Regierungschefs dazu bekennen, die Verhandlungen zu „intensivieren“. Dies wurde abgeschwächt in „fortführen“.

Brüssel erwartet, dass Johnson weiter verhandelt

In Brüssel rechnet man dennoch damit, dass Johnson weiterverhandeln möchte. Wie viel Zeit Barnier und Frost noch bleibt, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen in Brüssel. Mit Berufung auf Kreise der EU-Kommission ist eine Einigung nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters sogar bis Mitte November möglich. In der EU-Vertretung war bislang immer die Rede davon, dass Ende Oktober der allerletzte Termin sei, weil das Abkommen vor Jahresende noch vom Europaparlament genehmigt werden muss.

„Bis spätestens 31. Oktober muss ein unterschriftsreifes Abkommen mit dem Vereinigten Königreich vorliegen. Das ist der späteste Zeitpunkt aus der Sicht des Europäischen Parlaments“, hatte David McAllister, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, dem Handelsblatt gesagt. Dafür seien technische Gründe ausschlaggebend. Schließlich muss ein womöglich mehrere Hundert Seiten dickes Abkommen in sämtliche Amtssprachen der EU übersetzt werden.

Macron bleibt hart

Im Fischereistreit gaben die Europäer sich hart. Großbritannien will die Fangquoten der Europäer in britischen Gewässern reduzieren und künftig jährlich neu verhandeln. Das lehnten mehrere Regierungschefs ab. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, es könne nicht sein, dass die französischen Fischer für den Brexit bestraft würden. Der irische Regierungschef Micheál Martin verlangte ein „vernünftiges und faires Fischereiabkommen“ für die eigene Fischindustrie.

Johnson hatte vor dem Gipfel versucht, in Telefonaten mit Kanzlerin Angela Merkel, Macron und anderen Regierungschefs die Stimmung zu verbessern. „Das Miteinander ist besser geworden“, hieß es in diplomatischen Kreisen. Johnson habe zum Ausdruck gebracht, dass ihm sehr an einem Abkommen gelegen sei.

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Doch ist die Frustration über die Freihandelsgespräche im Europäischen Parlament groß. „Bei den Brexit-Verhandlungen drehen wir uns seit Wochen im Kreis, ohne dass es spürbaren Fortschritt gibt. Die Chancen für ein umfassendes Rahmenabkommen sind inzwischen ausgesprochen gering“, glaubt der Europaabgeordnete und wirtschaftspolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Markus Ferber (CSU).

Der langjährige Europapolitiker hält ein Schmalspurabkommen für wahrscheinlich – ähnlich wie im Fall der Schweiz. Ferber kritisiert die EU-Kommission für ihre Anerkennung der Gleichwertigkeit britischer Clearingstellen. Dadurch habe sie ohne Not Zugeständnisse an die Briten gemacht und die europäische Verhandlungsposition geschwächt, sagte Ferber.

Sollte es dennoch zu einer raschen Einigung zwischen Brüssel und London kommen, wird es dazu keinen gesonderten EU-Gipfel geben. Diplomaten gehen davon aus, dass eine Vereinbarung ohne gesondertes Treffen der Staats- und Regierungschefs möglich ist.