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„Das ist die bedrohlichste Situation, die ich erlebt habe“

Karstadt, Lufthansa: Das Coronavirus bringt die Großen in Deutschland in Bedrängnis. Tausenden Mittelständlern geht es ähnlich. Markus Dielmann, Chef einer Schuhhandelskette, über die Krise im Einzelhandel.

Markus Dielmann ist als geschäftsführender Gesellschafter für den Bereich Einkauf bei Dielmann verantwortlich. Foto: dpa
Markus Dielmann ist als geschäftsführender Gesellschafter für den Bereich Einkauf bei Dielmann verantwortlich. Foto: dpa

Mitte der Woche hat es auch Galeria Karstadt Kaufhof getroffen. Das Unternehmen musste mit seinen Warenhäusern Schutzschirm-Insolvenz anmelden. Der Konzern war schon lange vor der Coronakrise angeschlagen doch die aktuellen Ladenschließungen kosteten Galeria Karstadt zusätzliche 80 Millionen Euro in der Woche. Von den Ladenschließungen sind in ganz Deutschland neben den großen Ketten aber auch zehntausende mittelständische Unternehmen betroffen. Dazu gehören auch die 49 Filialen der Schuhhandelskette Dielmann.

WirtschaftsWoche: Herr Dielmann, die Coronakrise schränkt das öffentliche Leben seit rund einem Monat in Deutschland stark ein. Wie geht es Ihnen damit?
Markus Dielmann: Wir hatten schon in der Phase vor Corona die Herausforderung, unser Unternehmen an die sich ändernden Kundenbedürfnisse anzupassen. Seit dem letzten Jahr haben wir deswegen schon zusammen mit einer Unternehmensberatung den Betrieb modernisiert und einen Liquiditätsplan aufgestellt. Der Corona-Schock hat von einem auf den anderen Tag jedoch dazu geführt, dass unsere Einnahmen auf null gingen. Wir mussten auf Weisung der Bundesregierung alle unsere Geschäfte vorübergehend schließen.

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Wie haben Sie auf diese neue Situation reagiert?
Zusammen mit der Unternehmensberatung haben wir einen Corona-Case entwickelt. Das bedeutet: Für unsere 722 Mitarbeitern im Schuh- und den 168 im Sportbereich haben wir innerhalb von einer Woche Kurzarbeit angemeldet und quasi einen kompletten Shutdown herbeigeführt. Momentan führen wir das Unternehmen mit einem Team von rund zehn Mitarbeitern und externen Beratern. Für den April planen wir mit null Euro Umsatz und rechnen danach mit einer vorsichtigen Besserung. Das ist allerdings mit sehr vielen Unwägbarkeiten verbunden. Sollte der Shutdown weiter anhalten, ist auch unser Liquiditätsplan hinfällig. Das wäre für uns dramatisch. Wir gehen davon aus, dass wir bis Ende des Jahres massive Umsatzverlusten zu verzeichnen haben.

So wird es vermutlich vielen mittelständischen Unternehmen gehen. Erwarten Sie eine Pleitewelle?
Das ist für den Mittelstand die bedrohlichste Situation, die ich je erlebt habe. Es gibt natürlich viele Maßnahmen, die schnell helfen, aber ab einer bestimmten Unternehmensgröße arbeiten die Mühlen doch langsamer. Ich denke, dass dieser Schock durch die gesamte deutsche Handelslandschaft gehen würde.

Setzen Sie denn auf den Onlinehandel? Das wäre doch eine Option, um etwas Umsatz zu generieren.
Wir betreiben mit Sommerkind einen Eigenmarken-Onlineshop. Da die Nachfrage aufgrund der Corona-Krise auch hier um 30-50 Prozent eingebrochen ist, haben entschlossen, den Shop aus Kostengründen erst einmal ruhen zu lassen. Derzeit prüfen wir aber die Anbindung an andere Vertriebsplattformen, wie zum Beispiel schuhe24.de.

Die Bundesregierung hat schnell ein Corona-Hilfspaket auf den Weg gebracht. Wie beurteilen Sie die Maßnahmen?
Positiv ist, dass es diese Pakete überhaupt gibt und sie bei kleineren Unternehmen auch schnell ankommen. Schlecht ist in Bezug auf das KfW-Kreditprogramm, dass es bei jedem Kreditnehmer letztlich zu einem Anwachsen des Schuldenbergs führt. Wir, wie auch andere Unternehmen, verschulden sich dadurch, aber die Umsatzausfälle werden nach Corona kaum nachgeholt werden können. Liquidität wird zwar dringend benötigt. Durch die Kredite verschieben wir das Problem nur im großen Stil in die Zukunft. Sinnvoller wären hier aus Unternehmenssicht sogenannte Cash Injections, also der Zuschuss von direkten Zahlungen. Das geschieht bei kleineren Unternehmen, wäre aber auch für Größere die bessere Option.

Haben Sie Hilfen von der Bundesregierung beantragt?
In den vergangenen Tagen haben wir prüfen lassen, ob wir an den Hilfsprogrammen, insbesondere dem Kreditprogramm, teilnehmen können. Dabei ist deutlich geworden, dass es nicht so einfach ist, wie vielleicht im ersten Moment gedacht. Aber wir erfüllen die Kriterien, nach denen ein Unternehmen sanierungsfähig und durch die Coronakrise massiv getroffen sein muss. Den Unterstützungskredit haben wir trotz der Bedenken und mangelnden Alternativen beantragt.

Galeria Karstadt, Lufthansa, Daimler: Das sind nur einige große Unternehmen in Deutschland, die Probleme haben. Geraten Mittelständler da in Vergessenheit?
Ob wir die richtigen Hilfen bekommen, ist natürlich ein Punkt, der uns in unserer Branche umtreibt. Da ist die Sorge erstens, dass diese Programme nicht schnell genug helfen und zweitens, dass aktuell ein Problem nur verschoben aber nicht gelöst wird. Wir werden eine komplett andere Handelslandschaft haben, wenn die vielen Geschäfte in den Innenstädten die nächsten Monate nicht überstehen. Das bereitet mir große Sorgen.

Was würde Ihnen und den deutschen Mittelständlern helfen?
Es gibt nicht die eine heilsbringende Lösung. Unternehmen sind mutig und gehen nach vorne, wenn sie eine Perspektive sehen. Die stellt sich dar aus Direkthilfen, um die Schulden nicht in die Höhe zu treiben, sowie Steuererleichterungen. Auch attraktive Innenstädte, sowie eine liberale Handhabung von Sonntagsöffnungszeiten, spielen eine wichtige Rolle. Da sind dann die Kommunalpolitiker gefordert. Außerdem ist ein gutes Zusammenspiel mit den Lieferanten wichtig, also eine enge Abstimmung, welche Waren gekauft werden und welche anderweitig vermarktet werden können. Damit könnten wir möglichst gut durch das laufende Jahr kommen und verhalten optimistisch in das Kommende blicken.

Dielmann betreibt 49 Schuhläden in Deutschland. Foto: dpa
Dielmann betreibt 49 Schuhläden in Deutschland. Foto: dpa