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Angst vor dem Crash: Kommt der Immobilienboom an sein Ende?

Wackelnde Finanzierungen, Projektstreichungen, Planungsunsicherheit: Die Coronakrise erreicht den Immobilienmarkt. Ein Blick auf eine Branche in Aufregung.

  • Die Coronakrise lässt auch den erfolgsverwöhnten Immobiliensektor nicht unberührt. Vor allem gewerbliche Projekte wie Bürogebäude bekommen Probleme, bei Wohnimmobilien sieht es besser aus.

  • Architekten, Bauunternehmen, Projektentwickler und Makler stehen vor ganz unterschiedlichen Hürden. Und Ökonomen erstellen bereits erste Prognosen für eine Branche in der Zeit danach.

  • Trotz der Krise: Der Markt für Wohnimmobilien zeigt sich bis jetzt stabil. Die Finanzierung ist immer noch preiswert. Mit diesen Tipps können Investoren einsteigen.

  • Krisen bieten immer auch Schnäppchen“, sagt Michael Hüther im Interview mit dem Handelsblatt. Auch der IW-Chef sieht den gewerblichen Immobilienmarkt stärker gefährdet als den Wohnsektor. Von pauschalen staatlichen Hilfen hält er nichts.

Die silbern-glänzende Stahlgusstür aus den 1930er-Jahren zeigt typische Szenen aus der Bauwirtschaft: Männer tragen Stahlrohre, zeichnen Pläne, schleppen Sandsäcke. Die Tür ist geschlossen, und sie wird es auch noch lange bleiben.

Denn am historischen Hochtiefhaus am Opernplatz in Essen wird es bis auf Weiteres keine Bauarbeiten in eigener Sache geben. Der Abriss, der im März beginnen sollte, ist verschoben.

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Der Zeitplan für den Neubau der Zentrale des Baukonzerns ist vom Start weg ins Stocken geraten. Das neue Hochtiefhaus sollte die Visitenkarte eines technologisch führenden und nachhaltig handelnden Infrastruktur-Unternehmens werden: ein sechsgeschossiges, transparentes Gebäude nach einem Entwurf von SOP Architekten aus Düsseldorf. Doch die 1100 Mitarbeiter, die hier ihren Arbeitsplatz finden sollten, müssen sich am zweiten Standort in Essen-Rüttenscheid gedulden.

„Kein Kommentar“, erklärt ein Konzernsprecher. Nur so viel ist aus dem mit 26 Milliarden Euro Umsatz größten deutschen Baukonzern zu hören: Die neue Zentrale soll zwar gebaut werden. In der Coronakrise konzentriere man sich aber erst einmal ausschließlich auf die Kunden und bereits laufende Projekte.

Hochtief steht beispielhaft für die Branche. Auf den Baustellen der Republik laufen die Mischmaschinen zwar nach wie vor heiß. Schließlich gilt es, den Rekordauftragsbestand der vergangenen Jahre abzuarbeiten. Doch neue Projekte werden zurückgestellt: die Konzernzentrale von Hochtief in Essen ebenso wie geplante Gebäude am Flughafen in München oder ein Anbau der Messe Nürnberg.

„Wir zehren von einem historischen Höchststand an Aufträgen. Alle Baustellen laufen weiter“, sagt Patrick Adenauer, geschäftsführender Gesellschafter des Kölner Bauunternehmens Bauwens. Doch: „Die Entwicklung von einzelnen Bebauungsplänen kann sich um bis zu sechs Monate verschieben.“

Der historische Wirtschaftseinbruch erreicht eine erfolgsverwöhnte Branche. Mietzahlungen bleiben aus, Renditerechnungen gehen nicht mehr auf. „Ich denke zwar nicht, dass die Preise massiv einbrechen werden“, sagt Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, im Interview mit dem Handelsblatt, aber sie würden „nachlassen“.

Eine schnelle Erholung der Wirtschaft würde der Immobilienbranche nur bedingt helfen. Denn Corona untergräbt die wichtigste Voraussetzung jeder neuen Immobilie: Planungssicherheit. Niemand weiß die Antworten auf Fragen, die für solch kapitalintensive Projekte entscheidend sind: Kehren die Arbeitnehmer wieder zurück in die Büros, oder arbeiten sie vermehrt von zu Hause aus? Kaufen die Menschen wieder in Geschäften ein? Fliegen sie in den Urlaub, oder nehmen sie das Auto?

Lesen Sie hier, wie die Coronakrise die Immobilienwirtschaft im Einzelnen trifft:

  • Architekten: Kreativ aus der Krise

  • Bauunternehmen: Die Kurve flacht ab

  • Projektentwickler: Das Office-Problem

  • Makler: Mehr Beratung für Käufer

Jede generelle Verhaltensveränderung der Bevölkerung kann über die Zukunft eines Bürogebäudes, Einkaufszentrums oder Flughafens entscheiden. Banken beäugen jedes Projekt argwöhnisch, schließlich sind die Finanzierungen auf Jahrzehnte angelegt. Ohne Geldgeber geht es oft nicht, Immobilien erfordern viel Fremdkapital und beruhen auf verschachtelten Steuer- und Renditeanalysen.

Das Misstrauen der Banken zeigt sich in steigenden Bauzinsen, die sie von Privathaushalten für den Wohnungskauf verlangen. Im Schnitt stieg der Zins seit dem Ausbruch der Krise um ein Fünftel auf knapp 1,1 Prozent.

Schon seit Jahren steigen Grundstücks- und Baukosten, jetzt kommt die Krise dazu. Vor allem Gewerbeimmobilien werden leiden. Rechnete Andreas Schulten, Generalbevollmächtigter beim Analyseinstitut Bulwiengesa, noch mit 7,9 Millionen Quadratmetern neuer Bürofläche in den kommenden fünf Jahren, korrigiert er diese Prognose nun um rund ein Fünftel nach unten.

Auch andere Objekte wie Wohngebäude oder Hotels werden weniger errichtet, insgesamt schrumpft die Anzahl der gebauten Fläche bis 2024 um ein Fünftel auf 16,3 Millionen Quadratmeter.

„Dem Wohnungsmarkt geht es im Moment zwar noch besser als dem Büromarkt. Unter den Projektentwicklern herrscht aber eindeutig eine Stimmung in Moll“, sagt Schulten.

Die Verschiebungen im Immobiliensektor treffen die Branche unterschiedlich hart, vom Architekten über die Baukonzerne bis zu den Maklern. Das Handelsblatt sprach mit den Beteiligten, analysierte die Bilanzen – und traf auf eine Branche in Aufregung.

Für Anleger bleiben Immobilien interessant. Doch müssen sie genau prüfen, wo sie ihr Geld mit Immobilienfonds oder -aktien investieren. Wohnimmobilien sind attraktiv, bei Gewerbeimmobilien heißt es aufpassen. Einkaufszentren sind eher zu meiden, Schließungen wie von Karstadt und Kaufhof zeigen das Problem.

Klar ist: In der Coronakrise bröckelt das Selbstverständnis der unerschütterlichen Stabilität von Immobilien. Ein kleines Virus bremst den jahrelangen Boom jäh aus.

Risiko Mietausfall

Aus dem Lateinischen stammt das Wort: immobilis oder unbeweglich. Schon das Wort suggeriert Stabilität und Zuverlässigkeit, auch eine gewisse Bedeutung. Die Immobilienwirtschaft erwirtschaftet jedes Jahr in Deutschland eine Bruttowertschöpfung von 315 Milliarden Euro, womit sie für rund ein Zehntel der Wirtschaftsleistung des Landes steht. Der Lobbyverband der Branche, der Zentrale

Immobilienausschuss (ZIA), kalkuliert sogar mit noch größeren Summen, denn er zählt nicht nur Vermittlung, Verwaltung, Handel und Vermietung zur Branche, sondern auch Planer, Architekten, Kreditgeber, Berater und die Bauunternehmen. So schwillt die Summe auf 570 Milliarden Euro an, fast ein Viertel der gesamten Wirtschaftsleistung.

Immobilien sind ein Wachstums- und Jobmotor für Deutschland. Rund drei Millionen sozialversicherungspflichtig Versicherte zählt die Branche. Jeder zehnte deutsche Job hängt demnach im weitesten Sinne mit der Immobilienwirtschaft zusammen. Jetzt kommt der Einschnitt durch Corona.

Die deutsche Wirtschaftsleistung dürfte 2020 um über acht Prozent einbrechen. Mehr als zehn Millionen Menschen sind in Kurzarbeit. Die Zahl der Arbeitslosen könnte von derzeit 2,6 Millionen bis auf drei Millionen steigen.

Das trifft die Immobilienbranche an vielen Flanken. Nachdem Läden geschlossen und Hotels für Touristen zum Sperrgebiet erklärt wurden, erleichterte die Bundesregierung auch Mietstundungen. Wem wegen Corona Einnahmen wegbrechen, kann seine Miete bis 2022 aussetzen, ohne eine Kündigung vom Vermieter fürchten zu müssen.

Was die Mieter freut, trifft die Vermieter. In einer Umfrage unter den Mitgliedern des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen verzeichnet ein Fünftel der Befragten Mietausfälle im Gewerbebereich.

Glimpflicher kommt die Wohnungsbranche durch die Krise. Laut den beiden größten Wohnungsvermietern Deutschlands, Vonovia und Deutsche Wohnen, die auf mehr als eine halbe Million Wohnungen kommen, hat sich bislang weniger als ein Prozent ihrer Mieter wegen finanzieller Schwierigkeiten an sie gewandt. „Es besteht die Gefahr, dass Stundungen letztlich zu Ausfällen mutieren“, sagt Sven Bienert, Professor am Irebs Institut für Immobilienwirtschaft der Universität Regensburg.

Thomas Mayer leitet das Flossbach von Storch Research Institute. Mit einer V-förmigen Erholung – heftig runter, schnell wieder rauf – rechnet er in dieser Krise nicht. Wenn man sie in einen Buchstaben packen will, dann nimmt sie nach Mayers Meinung die Form eines U an. Wie lang der Bogen dabei gezogen wird, sei heute noch unklar. Eines aber könne er schon sagen: „Die Immobilienwirtschaft wird wegen der realwirtschaftlichen Rezession stärker und länger belastet als in der Finanzkrise.“

„Wir können uns glücklich schätzen, wenn die Bauwirtschaft am Ende des Jahres denselben Umsatz wie 2019 erwirtschaftet hat“, sagt Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes.

Wenn es schlecht laufe, könnte der Umsatz um zwei Prozent schrumpfen. Aus verschiedenen Umfragen sei erkennbar, dass bereits sehr früh Aufträge in deutlichem Umfang storniert wurden. Im zweiten Halbjahr rechnet Pakleppa mit einer weiter nachlassenden Auftragslage.

Beim Baukonzern Goldbeck ist die Stimmung noch grundlegend gut. Das Familienunternehmen, das im Geschäftsjahr 2018/19 einen Umsatz von knapp drei Milliarden Euro gemacht hat und 7500 Menschen beschäftigt, errichtet Gebäude aus Systemelementen. Einst entstanden so vor allem Produktionshallen für den Mittelstand, inzwischen ist Goldbeck breit aufgestellt und in allen Baubereichen aktiv.

„Wir hatten nicht von heute auf morgen nichts zu tun wie andere Branchen, die vom Shutdown unmittelbar betroffen waren“, berichtet Jörg-Uwe Goldbeck, der den Baukonzern aus Bielefeld in zweiter Generation mit seinem Bruder Jan-Hendrik führt: „Eine gewisse Zurückhaltung spüren wir inzwischen aber auch. Die tatsächlichen Auswirkungen werden wir wohl erst in ein paar Jahren beziffern können.“

Die Goldbeck-Brüder erwarten vor allem auch Verschiebungen in ihren Geschäftsbereichen: „Parkhäuser und Bürogebäude werden unseres Erachtens in den kommenden Monaten weniger nachgefragt. Im Bau von Logistikgebäuden und öffentlicher Infrastruktur sehen wir Potenzial. Wir vermuten, dass die Wirtschaft ihre hiesigen Produktionskapazitäten wieder ausbaut und die Lagerhaltung steigert.“

Die Immobilienbranche reagiert mit Unsicherheit und Verzögerung auf Corona. Projekte können nicht einfach von heute auf morgen beendet werden. Aber wie die Zukunft aussehen könnte, zeigt ein Blick nach München und Nürnberg. Dort stehen viele Baumaschinen bereits still.

Investoren ziehen sich zurück

Der Flughafen in München kannte viele Jahre nur eins: Expansion. Doch jetzt stoppte der Betreiber diverse Investitionsvorhaben. Dazu gehören das neue Headquarter des Flughafens, das Parkzentrum West sowie ein Hotel der Accor-Gruppe mit geplanten 350 Zimmern.

Kein Wunder, schließlich hat die Pandemie den Flugverkehr in Deutschland fast zum Erliegen gebracht. Das Passagieraufkommen lag laut dem Flughafenverband ADV Ende April bei nur noch knapp zwei Prozent der Vergleichswoche des Vorjahres.

Auch die Messe Nürnberg verschiebt ihr geplantes viertes Convention Center „NCC Süd“ wegen der Folgen der Corona-bedingten Veranstaltungs-Beschränkungen für die Messebranche.

Die Nachfrage bricht weg. Laut dem Immobiliendienstleister Savills wurden im April deutsche Wohn- und Gewerbeimmobilien im Wert von 2,3 Milliarden Euro gehandelt. Das ist der umsatzschwächste Monat seit 2012 und liegt zudem deutlich unter den 5,1 Milliarden Euro, die in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt pro Monat gehandelt wurden.

Selbst diese Daten könnten die Lage noch zu gut aussehen lassen. Bienert von der Irebs hat jüngst ein Thesenpapier zu den Folgen der Krise auf die Immobilienwirtschaft erarbeitet. Die aktuellen Volumina spiegelten größtenteils Deals wider, die bereits vor der Krise angebahnt und jetzt nur noch offiziell abgewickelt wurden, sagt Bienert.

Der Immobilienökonom rechnet damit, dass ausländische Investoren dem Markt vorerst fernbleiben und sich stattdessen auf ihre Heimatmärkte besinnen. So sei es schon in der Finanzkrise gewesen. Damals brach das Transaktionsvolumen von 55 Milliarden im Jahr 2007 auf 10,3 Milliarden im Jahr 2009 ein. Standen ausländische Investoren zuvor noch für drei Viertel der Investments, waren es danach nur noch 13 Prozent.

Auf immerhin einen Hoffnungsschimmer für Immobilien können sich nahezu alle Experten einigen: das Zinsniveau. Aber auch das muss richtig eingeordnet werden. Der Rückblick zeigt: Erst der Zinssturz nach 2008 hat den Immobilienboom so richtig angekurbelt. Vor der Finanzkrise lag der Leitzins in den USA über fünf Prozent, im Euro-Raum über vier Prozent. Es folgten Zinssenkungen auf Niedrig- und Nullniveaus, wo sie in den vergangenen Jahren weitgehend verharrten. „Das Zinsumfeld ist ein Idealzustand für reale Vermögenswerte. Deswegen sind Aktien- und Immobilienwerte so enorm gestiegen“, sagt Mayer von Flossbach von Storch.

Einen ähnlichen Impuls können die Zentralbanken heute nicht mehr geben. Der Branche bleibt nur der Umstand, dass sich an dem günstigen Umfeld auf absehbare Zeit nichts ändert. Mayer rechnet mit einem anhaltenden Niedrigzinsumfeld. „Das wird dazu führen, dass die Bewertung von Qualitätswerten langfristig höher sein wird.“

Das stützt die Branche auf lange Sicht, zumindest theoretisch. In der Praxis häufen sich die Probleme.

Finanzierung wird teurer

Die Immobilienwirtschaft ist ein kapitalintensives Geschäft. Egal ob privat oder gewerblich: gekauft wird in aller Regel mit einem hohen Anteil an Fremdkapital. Der Finanzierungsmarkt kämpft aber mit großen Problemen.

Die Stimmung ist im zweiten Quartal stark eingebrochen, zeigt das BF Quartalsbarometer, eine Umfrage unter Finanzierern wie Geschäftsbanken, Landesbanken und Versicherungen. Aktuell rechnet weit mehr als die Hälfte der Befragten mit einem schwächeren Neugeschäft.

Auf privater Seite, das betonen Kreditvermittler wie Dr. Klein oder Interhyp, reichen Banken weiter Kredite aus. Doch die Bauzinsen steigen. War eine Finanzierung mit 15-jähriger Zinsbindung Mitte März noch für 0,88 Prozent zu haben, liegt die Effektivverzinsung heute bei 1,08 Prozent – ein Indiz, dass Banken höhere Sicherheiten verlangen.

Das zeigt sich auch bei Gewerbeimmobilien. Die Margen der Finanzierer stiegen dort von 131 Basispunkten im ersten Quartal auf 147 Basispunkte. Mehr Sicherheiten werden auch beim Kauf in Form von mehr Eigenkapital verlangt. Steuerten die Finanzinstitute vor der Coronakrise im Schnitt 69 Prozent des Immobilienwerts als Darlehen bei, sind es heute noch 66 Prozent.

Warum das so ist, erklärt Christian Federspieler, der für die Hypovereinsbank die gewerbliche Immobilienfinanzierung verantwortet. Die Bank kümmere sich nun vorrangig um den bestehenden Kundenstamm. Eingriffe in bestehende Finanzierungen seien nur in Einzelfällen nötig, sagt Federspieler.

Beim Neugeschäft wird jedoch genauer hingeschaut: Gerade in den besonders stark betroffenen Segmenten sei die Situation schwierig. Wo Unsicherheit herrscht, könne sie durch eine höhere Eigenkapitalquote verringert werden.

Als Beispiel nennt Federspieler Hotels und Einzelhandel. Kein Wunder: Erst vor wenigen Tagen kündigte Karstadt-Kaufhof an, fast jede zweite Filiale zu schließen. Das schafft am Markt nicht gerade Vertrauen – und schlägt sich in höheren Kosten nieder.

Die negativen Faktoren für Immobilien mehren sich: Wirtschaftseinbruch, Rückzug der Investoren und verschlechterte Finanzierungskonditionen. Wie wirken sie sich auf den Markt aus? Kommt der jahrelange Immobilienboom an sein Ende?

Digitalisierung als Chance

Die Meinungen dazu sind bei den Experten alles andere als einheitlich und fallen je nach Gebäudeklasse differenziert aus. Im Bürosegment sei die zukünftige Nachfrage unsicher. „Basierend auf aktuellen, konservativen Prognosen erwarten wir hier in den kommenden zwölf bis 18 Monaten einen Abschlag von durchschnittlich zwölf bis 15 Prozent“, sagt Hypovereinsbank-Mann Federspieler. Im Wohnbereich rechnet er dagegen nur „mit sehr geringen bis gar keinen Abschlägen“.

Derzeit lässt sich an den Marktdaten noch kein negativer Trend erkennen. Laut dem Europace-Hauspreis-Index verteuerten sich Wohnimmobilien im April gar um 0,7 Prozent. Aber es gibt einen Haken an diesen Zahlen, wie bei allen anderen vermeldeten Transaktionen: Die Krise ist erst zwei Monate alt. So lange – oder noch länger – dauert üblicherweise auch ein Immobilienverkauf, egal ob im privaten oder gewerblichen Bereich. Die Daten liefern daher noch kein klares Bild, wie sich der Markt in der Krise entwickelt hat.

Eines steht indes auch fest: Corona beschleunigt auch die Transformation, bietet Chancen – und weckt den Unternehmergeist. Beyond Build ist dafür ein gutes Beispiel. Unter der Ägide vom Kölner Baukonzern Bauwens entsteht eine Technologieholding, die als Generalunternehmer für die Digitalisierung der Immobilienwirtschaft fungieren will. Vorbild ist Finleap, der Brutkasten für Tech-Start-ups der Finanzindustrie.

„Wie wichtig smarte Gebäude und vernetzte Infrastrukturen sind, ist inzwischen wohl jedem klar geworden“, sagt Co-Geschäftsführer Alexander Reichhuber. „Wir sind ein Gewinner der Coronakrise.“

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