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Das Wiener Russland-Karussel dreht sich: Fünf Themen des Tages

(Bloomberg) -- Jonathan Tirone über Ringelspiele. — Bekommen Sie die Fünf Themen des Tages schon täglich in Ihre Mailbox? Wenn nicht, dann bitte hier entlang.

Weitere Artikel von Bloomberg auf Deutsch:

Russisches Karussell

Es ist Karussell-Saison auf den stimmungsvollen Wiener Weihnachtsmärkten: Schlitten drehen sich im Kreis, Pferde wippen auf und ab. Ein Karussell (österreichisch: Ringelspiel) der besonderen Art boten gestern Abend Raiffeisen Bank International, Strabag und OMV — österreichische Schwergewichte mit jeweils großen Russland-Themen.

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Zunächst gab die im genossenschaftlichen Sektor verwurzelte Bank eine komplexe Transaktion bekannt, mit der sie einen 28%igen Anteil am Baukonzern Strabag erwirbt, der dem sanktionierten russischen Milliardär Oleg Deripaska zugerechnet wird. Dafür legt die russische Raiffeisen-Tochter 1,51 Milliarden Euro auf den Tisch — ein saftiger Aufschlag auf den Strabag-Kurs — um ihn anschließend als Sachdividende an die Wiener Mutterbank weiterzugeben. Strabag wird damit seinen unliebsam gewordenen Problemaktionär los. Raiffeisen kann in Russland eingesperrte Barmittel gegen Aktien einer vertrauten einheimischen Traditionsfirma eintauschen. Die Wiener Börse bejubelte beides.

Dann kam die OMV an die Reihe. Eine Stunde nach Raiffeisen unterzeichnete Wladimir Putin ein Dekret, mit dem die Beteiligung des teilstaatlichen Energiekonzerns an wichtigen Öl- und Gasfeldern annulliert wurde. Da die OMV ihr russisches Geschäft bereits kurz nach Beginn des Krieges des Kremls in der Ukraine abgeschrieben hat, sind finanzielle Auswirkungen unwahrscheinlich. Dennoch bleibt OMV mit Gazprom durch einen langfristigen Gasliefervertrag bis 2040 verbunden.

Die Drehungen des Russland-Karussells werfen erneut ein Schlaglicht darauf, wie schwer sich die österreichische Wirtschaft damit tut, ihre Verbindungen zu kappen. Auch nach dem Strabag-Deal bleibt Raiffeisen die größte ausländische Bank im Land. Und der Kreml liefert trotz der Enteignung der OMV weiter mehr als 60% des österreichischen Gasbedarfs. So einfach lässt sich das Ringelspiel nicht anhalten.

Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Verena Sepp, Elisabeth Behrmann, Angela Cullen und Boris Groendahl: Neuer Chef, gleiches Schema, Feierstimmung, sechsundvierzig A3-Seiten, Erholmodus und neues Jahr, neue Talente.

Neuer Chef, gleiches Schema

Dass BASF Markus Kamieth zum neuen Vorstandschef macht, kommt nicht als totale Überraschung für genaue Beobachter des Chemiekonzerns. Der 53-Jährige soll das Ruder von Martin Brudermüller zum Ablauf der Hauptversammlung am 25. April übernehmen, wie BASF am Mittwoch mitteilte. Kamieth galt schon lange als Favorit für den Posten und hat sich, wie so oft bei BASF-Chefs, seine Sporen in Asien verdient. Leicht wird er es allerdings nicht haben. Die Weltkonjunktur ist alles andere als verheißungsvoll. Bei BASF droht ein Gewinneinbruch von 40% in diesem Jahr. Zugleich hat sich der Konzern mehr oder weniger verabschiedet von der Idee der Verbundproduktion, jahrzehntelang ein Grundpfeiler seiner Strategie, in dem er sein Agrarchemiegeschäft sowie das mit Batteriematerialien herausgliedert und in rechtlich eigenständige Einheiten überführt. Der Wind weht rauer in Ludwigshafen.

Feierstimmung

An den Anleihemärkten scheinen die Händler weiter fest entschlossen, sich den Topf mit dem Weihnachtspunsch nicht von den Währungshütern wegnehmen zu lassen. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen ist auf Talfahrt und erstmals seit März unter 2%, angeschoben von der sich stärker als erwartet abschwächenden britischen Inflation. “Die Daten sind ein weiterer Beleg dafür, dass die globale Inflation auf breiter Basis zu bröckeln begonnen hat”, sagt Christoph Rieger von der Commerzbank. EZB-Falken wie Joachim Nagel werden zwar nicht müde, die Märkte zu mehr Vorsicht zu mahnen. “Allen, die auf eine baldige Zinssenkung spekulieren, sage ich: Vorsicht, da haben sich schon andere verkalkuliert”, sagt der Bundesbankpräsident in einem Interview mit T-Online. Gehör finden sie damit nicht. Ausnahmsweise mal zur guten Laune beitragen kann auch die EU mit einer Einigung der Euro-Schwergewichte Deutschland und Frankreich im Streit um die Schuldenregeln. Das könnte den Weg für eine Vereinbarung in der großen Runde der Finanzminister ebnen, die heute per Videoschalte ansteht.

Sechsundvierzig A3-Seiten...

... braucht man für ein Organigramm der zahlungsunfähigen Signa Holding von René Benko, teilte der Insolvenzverwalter der zentralen Firma der amorphen Immobilien- und Handelsgruppe gestern mit. Dieses undurchschaubare Dickicht von Zwischenfirmen ohne erkennbare Funktion erweist sich immer mehr als Haupthindernis für die Versuche, schnell frisches Geld zu beschaffen, mit dem eine Sanierung gelingen kann. Auch für Signas Langzeit-Investor, Berater-Legende Roland Berger, war das ein Grund, seine Anteile zurückzugeben, sagt er im Interview mit der NZZ: Nach einem Lobgesang auf den Immobilienentwickler Benko hält sich Berger mit Kritik am Konzernleiter Benko nicht zurück: er habe “die Gruppe völlig intransparent geführt. Da fühlt man sich dann als Gesellschafter zunehmend unwohl.” Eine Insolvenz sei die beste Lösung. Stapf versucht schonmal, Signas Firmenjet, Medienbeteiligungen an Kronen-Zeitung und Kurier und das Art-Déco-Wahrzeichen Chrysler Building zu verwerten.

Erholmodus

Trotz zweistelliger Zuwachsraten befindet sich Europas Autonachfrage immer noch im Erhol-Modus — das Vor-Pandemie-Level liegt noch in weiter Ferne. Insbesondere die Massenhersteller müssen gerade viele Weichen stellen. Deren tendenziell kleinere Margen sind bei E-Autos beinahe winzig, teils sind die Geschäfte sogar unrentabel. Volkswagen macht jetzt Druck bei der Konzernhausmarke, die sich über die Jahre hinweg schon fast traditionsgemäß diversen Effizienzpaketen widersetzt hat. Dieser Kurs scheint Geschichte zu sein, Vorstandschef Oliver Blume verfolgt strikte Umstrukturierungspläne. 10 Milliarden Euro sollen eingespart werden, wobei ein Fünftel der Personalkosten wegfällt. Bis 2026 soll sich die Marge auf 6,5% verdoppeln. Ein ambitioniertes Ziel. Aber notwendig. Die Wolfsburger stehen vor allem in China unter Druck, wo sie ihre marktführende Position an den Elektroautohersteller BYD verloren haben. Abspecken lautet daher der Vorsatz für das neue Jahr.

Neues Jahr, neue Talente

Für die Schweizerische Nationalbank bedeutet der Beginn des neuen Jahres einen Wechsel an der Hausspitze: Antoine Martin, Ökonom aus der Westschweiz, der sich bei der Federal Reserve seine Sporen verdient hat, wird den vakanten dritten Direktoriumssitz neben Thomas Jordan und Martin Schlegel einnehmen. Der französische Muttersprachler hat bislang an der großen Bilanz der New York Fed gearbeitet und bringt deshalb gute Voraussetzungen mit, auch die überbordenden Anlagen der SNB zu verkleinern, wenn die Schweizer Geldpolitik das denn wünscht. Weniger bekannt ist hingegen, dass er auch an Entstehung und Vermeidung von Bank Runs gearbeitet hat — und der Nationalbank damit eine wertvolle Hilfe in den andauernden Diskussionen darum sein könnte, was am Schweizer Finanzplatz nach der Credit-Suisse-Krise reformiert werden muss. Neues Jahr, neue Talente eben.

Was sonst noch passiert ist:

  • Da waren’s nur noch drei

  • Gefängnis oder Weißes Haus

  • Schwimmende Lego-Krankenhäuser

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