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Der Arbeitsmarkt bricht: Jetzt wächst das Risiko, arbeitslos zu werden und lange zu bleiben – obwohl die Beschäftigung steigt

Der Arbeitsmarkt kippt. Andrea Nahles, Chefin der Bundesagentur für Arbeit. - Copyright: Picture Alliance
Der Arbeitsmarkt kippt. Andrea Nahles, Chefin der Bundesagentur für Arbeit. - Copyright: Picture Alliance

Der Riss am Arbeitsmarkt wird tiefer – und eine Seite beginnt zu kippen. Auf der robusten Seite wächst die Beschäftigung. Viele Firmen suchen Arbeits- und Fachkräfte. Doch auf der anderen, schwachen Seite wächst das Risiko, den Job zu verlieren, arbeitslos zu werden und lange zu bleiben. Die Chancen, schnell einen vergleichbaren Job zu finden, werden schlechter. Das zeigen neue Zahlen vom Arbeitsmarkt sowie aktuelle Umfragen bei Unternehmen und den Jobcentern.

Im Juni waren in Deutschland 2,73 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet. Das waren zwar nur 4.000 mehr als im Mai, aber 172.000 mehr als vor einem Jahr. „Die Schwäche am Arbeitsmarkt hält an", sagte Andrea Nahles, Chefin der Bundesagentur für Arbeit. Die Arbeitslosenquote ist unverändert 5,8 Prozent.

Unterbeschäftigung betrifft 3,5 Millionen Menschen

Auch die sogenannte Unterbeschäftigung steigt. Sie umfasst zusätzlich auch Menschen, die im Grundsatz zwar Arbeit suchen, aktuell aber nicht in einen Job vermittelt werden können. Sie machen zum Beispiel eine Weiterbildung oder einen Sprachkurs oder sind vorübergehend arbeitsunfähig. Die umfassendere Zahl der Unterbeschäftigung stieg im Juni nicht ganz so stark auf 3,55 Millionen Menschen. Das waren 142.000 Menschen mehr als vor einem Jahr.

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Insgesamt ist der Arbeitsmarkt angesichts der Dauerflaute der Wirtschaft immer noch erstaunlich robust. Nie hatten in Deutschland mehr Menschen Arbeit als aktuell. Die Beschäftigung stieg auch im Mai noch einmal auf 45,9 Millionen, teilte das Statistische Bundesamt mit. Das waren 68.000 mehr als im März und immerhin 119.000 mehr als vor einem Jahr. Das Wachstum der Beschäftigung beschleunigte sich im Mai damit sogar noch.

Im Jahresvergleich haben in Deutschland damit 119.000 mehr Menschen Arbeit, und dennoch sind 172.000 mehr Menschen arbeitslos. Dass gleichzeitig die Beschäftigung und die Arbeitslosigkeit steigen, ist ein Besonderheit. Das hat zwei Gründe.

Firmen können 1,5 Millionen Stellen nicht besetzen

Zum einen suchen viele Firmen in Deutschland immer noch Arbeits- und Fachkräfte. Nach einer Umfrage des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) konnten Firmen zuletzt immer noch mehr als 1,5 Millionen offene Stellen nicht besetzen, weil sie dafür keine geeigneten Kandidaten fanden. Es gibt also Arbeit. Aber die Stellen passen häufig nicht zur Ausbildung, dem Wohnort oder den Ansprüchen der Arbeitsuchenden.

Zum anderen steigt auch die Zahl der erwerbsfähigen Menschen in Deutschland. Vor allem durch den Zuzug von Menschen aus der Ukraine, die hier Zuflucht vor dem Krieg in ihrem Land suchen. Sie dürfen anders als viele andere Geflüchtete und Asybewerber in Deutschland sofort arbeiten und tauchen damit auf beiden Seiten der Statistik auf.

Die wachsende Beschäftigung, die hohe Zahl offener Stellen und der Zuzug ausgebildeter Arbeitskräfte stehen für die Chancen am Arbeitsmarkt. Doch auf der anderen Seite wachsen die Risiken. Hier hinerlässt die anhaltende Wirtschaftsflaute zunehmend Spuren. Das zeigt sich zum einen daran, dass der Beschäftigungsaufbau insgesamt etwas nachlässt. Das macht diese Grafik deutlich.

Noch deutlicher zeigt es sich an der Spaltung des Arbeitsmarktes. Denn während viele Firmen gern mehr Beschäftigte einstellen würden, bauen jetzt auch mehr Unternehmen Arbeitsplätze ab, stellen Pläne für Einstellungen zurück und entlassen auch Beschäftigte. Das Risiko, den Job zu verlieren, steigt. Und wer arbeitslos wird, hat es schwerer, einen vergleichbar guten Job zu finden. Im Juni waren den Jobcentern etwa 700.000 offene Arbeitsstellen gemeldet. Das waren 69.000 weniger als vor einem Jahr. Die Zahl zeigt auch, dass viele Unternehmen offene Stellen zurzeit gar nicht bei den Jobcentern melden, weil sie nicht damit rechnen, auf diesem Weg geeignete Kandidaten zu finden.

Ifo-Beschäftigungsbarometer fällt

Wie es am Arbeitsmarkt weitergeht, ist angesichts der angespannten Wirtschaftslage extrem unsicher. Laut einer neuen Umfrage des Ifo-Instituts bei Unternehmen ist die Bereitschaft der Firmen, Personal einzustellen nach wie vor vorhanden, zuletzt aber leicht gefallen. „Auftragsmangel hält viele Unternehmen davon ab, Personal aufzubauen"sagt Ifo-Ökonom Klaus Wohlrabe: „Am ehesten stellen noch Dienstleister ein.“

Aus seiner Umfrage bei Unternehmen errechnen die Ökonomen das Ifo-Beschäftigungsbarometer. Es fiel im Juni stieg im Juni leicht auf 95,9 Punkte. Ein Wert unter 100 signalisiert eine abnehmende Beschäftigung. Zu den Aussichten in den Wirtschaftsbereichen sagt Wohlrabe. „In der Industrie denken die Firmen eher über einen Arbeitsplatzabbau nach. Offene Stellen werden nicht nachbesetzt. Auch im Handel und im Bau deutet die Stimmungslage auf einen Rückgang der Beschäftigtenzahl hin. Einzig bei den Dienstleistern sind weiterhin Neueinstellungen geplant. Dies gilt insbesondere für den Branchen Touristik, die IT sowie die Unternehmens- und Steuerberater.“

IAB-Beschäftigungsbarometer steigt: mehr Jobs

In eine andere Richtung zeigt das IAB-Arbeitsmarktbarometer. Es beruht auf einer Umfrage des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bei allen Jobcentern. Das Barometer stieg im Juni exakt auf neutralen Wert von 100 Punkten. Es signalisiert damit eine stabile Beschäftigung.

„Die Beschäftigung steigt weiter, das ist bemerkenswert", sagt IAB-Forschungsleiter Enzo Weber. „Mehr als Kurs zu halten, ist aber nicht zu erwarten." Auch er sieht die Spaltung am Arbeitsmarkt überdeutlich Die Erwartung an die Beschäftigung sei weiter positiv. Gleichzeitig ist das Ausblick für die Entwicklung der Arbeitslosigkeit klar pessimistisch. „Eine Trendwende hin zum Abbau der gestiegenen Arbeitslosigkeit ist noch nicht in Sicht", sagt Weber. Immerhin hellen sich die Aussichten für das Wirtschaftswachstum auf. Alle wichtigen Konjunktur-Institute haben ihren Prognosen zuletzt angehoben. Sie trauen der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr 0,3 Prozent Wachstum zu - mit einer zunehmenden Dynamik im Jahresverlauf.