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Das Kreuz mit der Krawatte

Die Krawatte ist tot. Das merkt Herr K. in einem leider unpassenden Moment, nämlich beim abendlichen Get Together nach dem Workshop-Modul „The Culture of Change“. Er changed offenbar noch nicht genug, denn er ist der Einzige, der abends mit Binder und im Anzug in der Bar des abgelegenen Tagungshotels in der Nordeifel aufläuft. Die anwesenden Vorstandsmitglieder schauen ihn an, als habe er gerade gestanden, Kronkorken zu sammeln, mit Bügelperlen Szenen aus Wagner-Opern zu basteln oder ein Faible für Hausschlachtungen zu haben.

Die Krawatte ist imagemäßig offenbar out... Nicht nur als modisches Accessoire, wo sie Tennissocke und Mephisto-Wanderschuhe mittlerweile gekonnt unterboten hat. Sie ist quasi Symbol einer Ära tattriger Patriarchen geworden. Ein Statement muffiger Gestrigkeit. Und sie ist umso mehr aus der Zeit gefallen, als die Welt heute voller Soja-Latte und hierarchiefreier Bürowelten in Bonbonfarben ist und von Managern dirigiert wird, die sich nicht mehr als Vorgesetzte begreifen, sondern als „Enabler“.

Herr K. macht sich weniger Sorgen um sich als um die Krawatten-Industrie. Werden da gerade weltweit Tausende von Arbeitsplätzen abgebaut? Und was ist eigentlich aus dem „Krawattenmann des Jahres“ geworden? Herr K. entschuldigt sich kurz beim Team seiner Poloshirt-Kollegen, um draußen die Details einer Entwicklung zu googeln, die glatt an ihm vorbeiging.

Früher wurden da ja mal Männer ausgezeichnet wie Walter Scheel, Karl Otto Pöhl oder wenigstens Günther Jauch. Der letzte Preisträger des Krefelder Krawatteninstituts (jahaa, das gibt es wirklich) war 2015 der Modemacher Guido Maria Kretschmer. Damit ist eigentlich alles gesagt. Über die Auszeichnung, über Kretschmer und vor allem über die gesellschaftliche Bedeutung der Krawatte.

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Herr K. könnte sie sich jetzt vom Hals reißen, aber dann wäre er bei den anderen ja nicht nur als Dinosaurier verschrien, sondern auch noch als Opportunist. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass die Krawatte schon einmal für tot erklärt wurde. Von Strahlemännern wie Thomas Middelhoff, die in den Jahren danach aber auch irgendwo falsch abgebogen sind.

Dann war die Krawatte wieder da. Nun ist sie also wieder weg. Vielleicht muss Herr K. einfach den Mut haben, antizyklisch zu denken, findet er und geht zurück zu den anderen. Das hat der Workshopleiter heute auch gesagt, von dem auch dieser ganze Enabler-Kram kommt.

Bei den anderen steht nun auch ihr Vorstandschef Reschke. Der Alte trägt einen Loden-Wams zum lachsfarbenen Hemd mit Hirschhornknöpfen sowie eine Krawatte mit lustigen Dampflokomotiven drauf. Herr K. denkt bis zu diesem Zeitpunkt, dass es heute nicht mehr schlimmer kommen kann. Aber dann sieht Reschke Herrn K., den er kaum kennt, und grunzt fröhlich: „Endlich mal einer, der sich noch anzuziehen versteht.“ In diesem Moment ist nicht nur die Krawatte tot.

Als Herr K. Abitur machte, waren Computer noch etwas für die komischen Typen aus der Informatik AG. Damals kriegten die kein Mädchen ab, heute kontrollieren sie Hidden Champions im Bereich Business Solutions mit Standorten auf drei Kontinenten. Es gab noch keine Smartphones, kein , keine Generation Y, nur Kassettenrecorder, Wählscheibentelefone und sogar die DDR. Patchwork war allenfalls Omas Auslegeware. Herr K. ist - beruflich wie privat - bisweilen irritiert von dieser sich rasant verändernden Welt, will sich aber nichts anmerken lassen. Er ist jetzt in einem Alter, in dem es um letzte Fragen geht: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Und wie viel Bonusmeilen gibt's auf dem Weg dorthin? Diese Kolumne will künftig die Antworten liefern. Anregungen für Herrn K. bitte an: oder folgen Sie Herrn K. auf Twitter: