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General Electric steigt aus dem Dow-Jones-Index ab

Es ist ein Abschied, der eine tiefe Zäsur markiert. Der US-Industriekonzern General Electric (GE) war der einzige verbliebene Gründungswert im Börsenindex Dow Jones. Die Firma war schon dabei, als der Dow 1896 an den Start ging, und blieb seit 1907 ununterbrochen Mitglied. Doch nun muss der Mischkonzern am 26. Juni seinen Platz im Dow an die Apothekenkette Walgreens abtreten. Damit endet nicht nur an der Börse eine Ära. Es besiegelt auch den Aufstieg und den Fall einer einstigen Industrie-Ikone.

General Electric: Der Name stand jahrzehntelang für Qualität und erfolgreiches Management. Glühbirnen, Kühlschränke und Toaster von dort revolutionierten den Alltag von Menschen weltweit. Der Konzern brachte Manager-Ikonen wie Jack Welch hervor, der lange als Guru für die Führung komplizierter Konglomerate galt. Doch heute kämpft GE mit hohen Schulden und schwächelnden Umsätzen. Die glorreichen Zeiten sind Vergangenheit.

Für den über 125 Jahre alten Großkonzern, dessen Wurzeln auf den Glühbirnen-Erfinder Thomas Edison zurückgehen, ist der Abstieg aus dem Index der 30 größten US-Unternehmen ein herber Rückschlag. Die Investoren reagierten verschnupft: Im vorbörslichen US-Handel verloren die GE-Papiere über drei Prozent. Doch völlig überraschend kam der Schritt nicht: Der Rauswurf deutete sich bereits seit Längerem an. Denn das Schwergewicht der US-Wirtschaft steckt in einer seiner größten Krisen.

Bereits zum Ende der Ära von Welch Anfang des Jahrtausends war GE in eine schwere Krise geraten, weil es seine vielen Töchter in den unterschiedlichsten Branchen nicht mehr kontrollieren konnte. Unter Jeff Immelt ging es dann zunächst wieder bergauf. Doch der Konzern wurde durch seine vielen Aktivitäten in der Finanzbranche von der Finanzkrise 2008 voll erwischt. Auch die späteren Investitionen in Energie sind nicht aufgegangen.
Im vergangenen August musste Immelt überraschend zurücktreten und wurde von John Flannery ersetzt. Seitdem tauchten immer mehr Probleme auf: Bilanzschönungen, verschwenderische Ausgaben, strategische Fehlentscheidungen. Der Aktienkurs hat seit Dezember 2016 mehr als die Hälfte seines Werts verloren. Die Dividende hatte GE im November halbiert. Das Unternehmen mit seinen gut 300 000 Mitarbeitern ist noch rund 112 Milliarden Dollar wert – und damit weniger als der Streamingdienst Netflix.

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In einer Stellungnahme teilte GE zur Index-Entscheidung mit, dass man weiter an dem eingeschlagenen Weg festhalte, um das Unternehmen wieder nach vorne zu bringen. „Die heutige Ankündigung ändert nichts an diesen Verpflichtungen oder dem Fokus auf die Entwicklung eines stärkeren, einfacheren GE“, gab das Unternehmen bekannt. In GE-Unternehmenskreisen hieß es, GE habe sich in der Vergangenheit zu sehr verzettelt. Künftig will sich der Konzern auf Luftfahrt, Gesundheit und erneuerbare Energien konzentrieren.

GE soll schlanker werden

Für David Blitzer, den Vorsitzenden des Index-Ausschusses von S & P Dow Jones spiegelt die neue Zusammensetzung des Dow auch die veränderte Unternehmenswelt wider. Industrie-Unternehmen wie GE seien schlicht nicht mehr so bedeutend wie früher. Banken, Technologiekonzerne und Gesundheitsunternehmen spielten dagegen eine viel größere Rolle in der US-Wirtschaft. „Der heutige Wechsel im Dow Jones wird den Index zu einer besseren Maßeinheit für die Wirtschaft und den Aktienmarkt machen“, kommentierte Blitzer die Entscheidung, GE durch Walgreens zu ersetzen. GE hatte zuletzt weniger als 0,5 Prozent des Dow-Jones-Indexes ausgemacht.

Der Vorstandsvorsitzende Flannery hat mit seinem Job ein schweres Erbe angetreten. Er setzt nun alles daran, den Siemens-Rivalen schlanker und profitabler zu machen. Dazu will er Geschäftsbereiche im Wert von 20 Milliarden Dollar verkaufen und setzt auf eine für GE neue Bescheidenheit.

Erste Fortschritte sind schon zu sehen: Flannery verkauft die seit 1907 zu GE gehörende Zugsparte an den Konkurrenten Wabtec für rund elf Milliarden Dollar. GE erhält knapp drei Milliarden in bar und einen 9,9-prozentigen Anteil an dem neu fusionierten Unternehmen. Die GE-Aktionäre werden dagegen mit 42,2 Prozent beteiligt. Investoren und Analysten haben den Schritt begrüßt.

Bereits im September hatte Flannery die Tochter „GE Industrial Solution“ für Elektrobauteile und Stromaggregate für 2,6 Milliarden Dollar an den Schweizer Elektrotechnikkonzern ABB verkauft. Im April kündigte er zudem den Verkauf der Sparte Gesundheitstechnologie für gut eine Milliarde an die Beteiligungsgesellschaft Veritas Capital an.

Vor allem der Energiebereich bereitet Flannery nach wie vor Sorgen. Im ersten Quartal sank der Umsatz der Sparte GE Power um neun Prozent. Das Ergebnis brach sogar um 38 Prozent ein. Gerade bei den für das Geschäft wichtigen Turbinen läuft es schlecht, und an der geringen Nachfrage wird sich nach Aussagen des GE-Chefs sobald nichts ändern.

Auch hier ist die Schuld vor allem bei seinem Vorgänger Immelt zu suchen: Der hatte große Teile des Energiegeschäfts des französischen Alstom-Konzerns 2015 für 12,4 Milliarden Euro übernommen. Doch kurz nach dem Kauf brach die Nachfrage weltweit ein. Große Gasturbinen sind in Zeiten der Energiewende nicht mehr gefragt, auch Siemens leidet unter dieser Entwicklung. In Industriekreisen gilt die teure Alstom-Übernahme durch General Electric als strategische Fehlentscheidung. In der Energiesparte streicht Flannery nun 12 000 Arbeitsplätze.

Milliardenverluste und Goodwill

Das laufende Jahr ist zwar besser angelaufen als erwartet. Aber GE ist immer noch ein Schatten seiner selbst. Der Konzern, der noch bis 2014 Jahr für Jahr zweistellige Milliardenbeträge unter dem Strich verdiente, rutschte 2017 mit fast sechs Milliarden Dollar tief in die roten Zahlen. Die Nettoschulden stiegen auf das 20-Fache des Gewinns vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen. Gleichzeitig schmolz das Eigenkapital auf 85 Milliarden Dollar zusammen.

Auf der anderen Seite steht der Berg an Goodwill, also der in der Vergangenheit rechnerisch zu viel gezahlte Preis für Übernahmen. Er ist auf 84 Milliarden Dollar angeschwollen und ist jetzt nur noch ein bloßer Hoffnungswert in der Bilanz. Sollten sich einzelne Firmenteile künftig nicht mehr so hoch anrechnen lassen wie zum Kauftag angenommen, wäre GE zu Abschreibungen gezwungen.

Dennoch meinen einige Analysten, dass der Aktienkurs derzeit zu niedrig sei. Nicholas Heymann von William Blair & Co. meint, die Aktie wäre mit 14 bis 21 Dollar fair bewertet, je nachdem wie das zweite Quartal ausfällt. Heymann lobte insbesondere die erfolgreichen Verkäufe von Unternehmensteilen.

Vor allem für Siemens war GE über Jahrzehnte das große Vorbild, dem es nachzueifern galt. „Beat GE, beat General Electric“, rief Ex-Chef Heinrich von Pierer 2002 auf der Hauptversammlung. Am meisten habe ihn überrascht, wie stark die Münchener auf den US-Konkurrenten fixiert seien, sagt einmal ein Ex-GE-Manager, der zu Siemens gewechselt war.

Doch über lange Jahre blieb GE sowohl bei der Ertragskraft als auch beim Börsenwert unerreichbar. Heute dagegen bringt Siemens rund 100 Milliarden Euro Marktkapitalisierung auf die Waage – und damit sogar etwas mehr als GE.

Auch bei der Strategie sieht es derzeit eher so aus, als ob GE dem deutschen Konkurrenten nacheifert und nicht mehr umgekehrt. Mit seiner „Vision 2020“ setzt Siemens-Chef Joe Kaeser auf einen Flottenverbund. Die Windkraft wurde mit Gamesa fusioniert und kam so an die Börse. Ein ähnliches Modell ist für die Bahntechnik im Verbund mit Alstom geplant. Die verselbstständigte Medizintechnik schaffte in diesem Jahr den Sprung aufs Parkett.

Im Umfeld von Siemens gibt es aber keine Triumphgefühle angesichts der Probleme bei GE. Kaeser hatte bereits im vergangenen Jahr intern gefordert, konzentriert an den eigenen Themen weiterzuarbeiten. Die Konkurrenz mit GE hat nach seiner Einschätzung ohnehin etwas an Bedeutung verloren. Eine der größten Herausforderungen sind für ihn die fokussierten Spezialisten, die oft in den einzelnen Geschäftsfeldern agiler sind und höhere Margen erzielen als die Konglomerate. Auch deswegen setzen Siemens wie auch GE derzeit eher auf einen Kurs in Richtung einer Holding mit selbstständigeren Einheiten.