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Der Buchungstrick ging Karlsruhe zu weit: Fünf Themen des Tages

(Bloomberg) -- Karin Matussek über Wahrheit und Klarheit im Staatshaushalt. — Abonnieren Sie unseren Newsletter Fünf Themen des Tages täglich direkt in ihre Mailbox.

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Karlsruher Paukenschlag

Haushalte sind Zahlenkunst, aber am Mittwoch machte das Bundesverfassungsgericht der Ampelkoalition einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Der Zweite Senat gab einer Klage der CDU/CSU-Fraktion gegen allzu viel Kreativität in der Haushaltsführung der Ampelkoalition statt.

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Das Urteil mahnt, die Schuldenbremse ernst zu nehmen. Das Gericht schreibt den Parlamentariern ins Stammbuch, ausführlich zu begründen, wenn sie die Ausnahmen von der Schuldenbremse in Anspruch nehmen. Das Umparken einmal genehmigter Kredite in Sondervermögen, um sie so für später warmzuhalten, war ein Buchungstrick, den das Gericht nicht durchgehen ließ.

Die Karlsruher Verfassungshüterinnen (und -hüter, Männer sind im Zweiten Senat in der Minderheit) geht es um das vornehmste Recht des Parlaments: die Budgethoheit. Die darf ein Parlament nicht auch noch selbst aushöhlen, indem es Schulden auf kommende Jahre streckt und dadurch den Spielraum für die Zukunft immer mehr einschränkt. Wie schon beim Klimabeschluss und auch beim EZB-Urteil ging es dem Bundesverfassungsgericht um die Grundfesten des demokratischen Prozesses: Es muss etwas zum Entscheiden bleiben – nicht nur Rechnungen für Dinge, die andere bestellt haben.

Das Urteil ist im Ergebnis ein Paukenschlag, der zeigt, dass die Nervosität im politischen Berlin im Vorfeld der Entscheidung mehr als berechtigt war. Nun muss man im Finanzministerium schauen, wo die 60 Milliarden Euro herkommen sollen, die im Klima- und Transformationfonds schon fest eingeplant sind.

Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Rainer Bürgin, Verena Sepp, Alexander Kell und Boris Groendahl: Industrieprobleme, Signa-Monopoly, blauer Brief ins Homeoffice, in Berlin blühen die Zitronen, und DFL geht in die Verlängerung.

Industrieprobleme

Siemens Energy plant angesichts der vom Bund eingefädelten Garantien schon im gerade begonnenen Geschäftsjahr die Rückkehr in die Gewinnzone. Der in Aussicht gestellte Milliardengewinn fußt allerdings auf dem Verkauf von Tafelsilber. So wird eine Beteiligung in Indien entflochten und geht zurück an die Siemens AG. Die Sanierung des Energietechnikkonzerns indessen wird Zeit brauchen. “Einige Jahre” veranschlagt CEO Christian Bruch für die nötigen Korrekturmaßnahmen in der Windrad-Flotte. Die meisten Turbinen seien zwar in Betrieb, brauchten in den nächsten Jahren jedoch “natürlich ein Reparaturpaket”. Das kriselnde Windkraftgeschäft komplett zu veräußern, sei nicht denkbar, da es sich um einen verlustbringenden Bereich handelt. Einen Kursrutsch um 20% gab es heute beim französischen Siemens-Konkurrenten Alstom, der angesichts von Liquiditätssorgen ein Veräußerungsprogramm auf den Weg gebracht hat und auch eine Kapitalerhöhung erwägt. 1.500 Stellen sollen wegfallen.

Signa-Monopoly

Das Imperium von René Benko bröckelt weiter. Nun hat der wichtige thailändische Partner Central Group ein Gesellschafterdarlehen am Betreiber des legendären Oxford-Street-Kaufhauses Selfridges in Eigenkapital gewandelt. Zuvor hatte die Firma Benkos Signa und Central jeweils zur Hälfte gehört. Der ferne Hauptsitz und der geradezu ultra-generische Firmenname — in voller Schönheit Central Group of Companies Co. Ltd. — sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Familie Chirathivat Giganten des Luxus-Einzelhandels sind. Das europäische Geschäft führen sie schon seit über einem Jahrzehnt unter der Italienreisenden vielleicht schon geläufigeren Marke La Rinascente, Partner von Signa sind sie auch schon seit 2015, als sie die Hälfte der KaDeWe-Betreibergesellschaft erwarben. Und über die Jahre blieb es nicht bei den Kaufhaus-Betreibern — wie Signa selbst ist auch die Central an den zugehörigen Liegenschaften interessiert. In diesem Jahr, in dem es für Benko langsam eng wird, haben sie 49,9% der KaDeWe-Immobilie übernommen, die bei der Signa für deutlich über 1 Milliarde Euro in den Büchern stand.

Blauer Brief ins Homeoffice

Kollegen, die man dank Homeoffice kaum mehr persönlich trifft, kann man auch leichter rausschmeißen. Das zumindest ist die Befürchtung von Hedgefonds-Milliardär Ken Griffin. “Es gibt kein Gefühl von ‘Das ist Jane, die seit Jahren in meinem Büro nebenan arbeitet. Ich werde alles tun, um Jane hier zu halten’”, sagte der Gründer von Citadel Securities gestern gegenüber Bloomberg News. “In einer hybriden Arbeitsumgebung oder in einer Umgebung, in der von zu Hause aus gearbeitet wird, wird der kulturelle oder soziale Vertrag, der die Menschen in einem Unternehmen zusammenhält, zweifellos schwächer”. Dieser Faktor mache es auch schwieriger, die Höhe der Arbeitslosigkeit vorherzusagen, wenn die Straffung der Geldpolitik in den USA voll auf die Wirtschaft durchschlägt. “Wir haben alle von Unternehmen gelesen, die Tausende von Mitarbeitern auf Zoom-Calls entlassen”, so Griffin. Aus Sicht der Immobilienwirtschaft ist neben Homeoffice auch Hot Desking — flexible Zuteilung von Büroschreibtischen — einer der strukturell schädlichsten Gegenwinde. Auf breiter Front eingeführt wären die Folgen für die Nachfrage nach Büroraum erheblich, heiß es bei Analysten von Morgan Stanley.

In Berlin blühen die Zitronen

Olaf Scholz und Giorgia Meloni wollen die Beziehungen zwischen Deutschland und Italien mit einem neuen Abkommen stärken. Der sozialdemokratische Kanzler und die Ministerpräsidentin, deren Partei von Scholz’ Bundestagsfraktion als “postfaschistisch” gebrandmarkt wird, werden den Freundschaftsvertrag am 22. November in Berlin im Rahmen von Regierungskonsultationen unterzeichnen, ist zu hören. Sie werden sich wohl zu einer engen Zusammenarbeit verpflichten, um die Zahl der nach Europa strömenden Migranten mit einem mehrgleisigen Ansatz zu reduzieren. Italien baut zwei Zentren für die Bearbeitung von Asylanträgen auf albanischem Territorium, und Scholz sagte am Samstag, dass er diesen Mechanismus aufmerksam beobachte. Am Nachmittag debattiert der Bundestag auf Antrag der Unionsfraktion über einen “Brandbrief” der Migrationsbehörde BAMF, aus dem hervorgeht, dass dass die tatsächliche Migration nach Deutschland viel größer ist als die Zahl der registrierten Asylanträge. Die Union will in der Migrationsfrage nur dann mit der Ampel zusammenarbeiten, wenn diese weiteren Verschärfungen zustimmt.

DFL geht in die Verlängerung

Aller guten Dinge sind drei. Das hofft zumindest die Deutsche Fußball-Liga. Sie startet einen dritten Versuch, einen Anteil ihrer Medienrechte im Wert von bis zu 1 Milliarde Euro an Private-Equity-Investoren zu verkaufen. Mitte Dezember sollen die 36 Vereine über eine potenzielle Auktion abstimmen, ist zu hören. Dabei könnte es sich um eine Inversauktion handeln, bei der die Investoren nach der Höhe des Anteils gefragt werden, den sie für eine Investition von bis zu 1 Milliarde Euro anstreben würden. Dieser müsse wahrscheinlich unter 10% liegen. Im Mai war ein zweiter Vorstoß an einer fehlenden Zweidrittelmehrheit der Vereine gescheitert. Kritiker befürchten, dass der Deal vor allem den Spitzenteams zugute käme, die Befürworter sehen zusätzliches Geld für die DFL-Kassen und mehr Sichtbarkeit. Unterdessen nähert sich in Großbritannien der jahrelange Bieterwettstreit um Manchester United mit einer Beteiligung des Milliardärs Leon Cooperman seinem Ende.

Was sonst noch passiert ist:

  • Keine Rezession

  • Strengere Krypto-Regeln

  • Maschinenbau-Sanktionen

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