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US-Techaktien erleben den schlechtesten Jahresstart seit über 50 Jahren

Über eine Dekade konnten Aktionäre von Internetgiganten wie Amazon, Meta, Netflix oder PayPal nichts falsch machen. 2022 endet die Party jedoch abrupt: Techaktien haben den schlechtesten Jahresstart in der Geschichte der Nasdaq verbucht.

Der Glanz täuscht: Die Kurse an der US-Technologiebörse Nasdaq stürzen historisch ab (Foto: REUTERS/Jeenah Moon)
Der Glanz täuscht: Die Kurse an der US-Technologiebörse Nasdaq stürzen historisch ab (Foto: REUTERS/Jeenah Moon) (Jeenah Moon / reuters)

Es geht gut, bis es schiefgeht. Das ist eine Erkenntnis für so vieles im Leben – von Boris Becker bis zu den Aktienmärkten. Dass Besitzer von Aktien 2022 wenig zu lachen haben, ist keine Neuigkeit – zu massiv sind die Verwerfungen der ersten vier Monate des Jahres, gekennzeichnet durch die Schlagworte Megainflation, Zinswende und Ukrainekrieg.

Angesichts dieser historisch negativen Gemengelage fallen die Minuszeichen in den Leitindizes 2022 bislang standesgemäß und fast noch moderat aus: Seit Anfang Januar hat der US-Leitindex Dow Jones Industrial Average lediglich 10 Prozent an Wert eingebüßt, während der marktbreite S&P 500 14 Prozent hinten liegt.

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Bemerkenswert stabil angesichts des Ukrainekrieges und der damit verbundenen akuten Bedrohung eines Energieschocks notiert der Dax: der deutsche Leitindex hat in den ersten vier Monaten des Börsenjahres gerade mal 12 Prozent an Wert eingebüßt und damit seit den Jahrestiefs im März schon wieder 10 Prozent an Wert zurückgewonnen.

Techaktien erleben Horrorstart in 2022

Auf der anderen Seite des Atlantiks erlebt dagegen ein erfolgsverwöhnter Sektor einen regelrechten Kollaps. Ganz recht: Techaktien, in der vergangenen Dekade noch das beste Ticket zum renditereichsten Vermögensbau, erlitten 2022 schwere Verluste. Die Techbörse Nasdaq Composite als auch ihr Auswahlindex Nasdaq 100 liegen nach vier Monaten schon bemerkenswerte 21 Prozent hinten: Das ist der schlechteste Start in ein Börsenjahr seit Beginn der Handelsaktivität 1971!

Doch der Abverkauf erzählt längst noch nicht die ganze Geschichte der neuen Tech-Malaise. Das Minus zu den im vergangenen Herbst aufgestellten 52-Wochen-Hochs fällt mit 24 Prozent noch größer aus. Vor allem wird das wahre Ausmaß des Techcrashs durch die immer noch robuste Performance der absoluten Big Tech-Schwergewichte maskiert. Apple, auch nach den enttäuschend aufgenommenen Quartalszahlen der vergangenen Woche, ist noch wertvollster Konzern der Welt – nicht zuletzt weil die Titel seit Jahresbeginn lediglich um 13 Prozent hinten liegen. Auch Microsoft und Alphabet haben sich mit Kursverlusten von 17 bis 21 Prozent rechnerisch noch etwas besser geschlagen als ihre Benchmark Nasdaq bzw. Nasdaq 100.

Tech-Schwergewichte Meta, Netflix, PayPal & Co. mit totalem Crash

Unter der Oberfläche jedoch brodelt es. Innerhalb des viel beachteten GAFAM-Komplexes mussten Weltkonzerne wie Meta und Amazon nach Vorlage enttäuschender Quartalszahlen crashartige Kursverluste wie mancher Kryptowert hinnehmen: Der Facebook-Konzern implodierte im Februar nach seinem Zahlenwerk für das Weihnachtsquartal um 26 Prozent an einem Handelstag, Amazon vergangenen Freitag um 14 Prozent und verbuchte dabei den schwächsten Handelstag seit 16 Jahren. Die Aktien der BigTech-Stars liegen seit Anfang des Jahres bereits um 27 bzw. gar 40 Prozent (Meta) hinten. Auch die Aktien des Chipherstellers Nvidia, im Februar vor Meta kurzzeitig achtwertvollster Konzern der Welt, liegen 2022 um 38 Prozent im Minus.

Dass der Absturz innerhalb des ersten Jahresdrittels noch viel heftiger ausfallen kann, macht die zweite Reihe der Vorzeige-Tech- und Internetunternehmen vor. Bezahldienstleister PayPal, der in der Pandemie als eine der favorisierten „Stay-at-Home“-Aktien in die Bewertungsmarke von über 300 Milliarden Dollar vorstieß, hat sich 2022 mehr als halbiert. Doch es geht noch schlimmer: Netflix, über Jahre das große Vorbild des Medienwandels zum Streaming, liegt 2022 nach zwei vollkommen enttäuschenden Quartalsbilanzen nach nur vier Monaten um unfassbare 68 Prozent hinten. Und selbst das wird noch getoppt: der kanadische E-Commerce-Software-Anbieter Shopify, der ebenfalls in der Coronazeit exorbitante Kursgewinne verbucht hatte, muss in diesem Jahr Einbrüche von 69 Prozent einstecken.

Techcrash in historischen Dimensionen

Es sind Verwerfungen, wie es sie nicht im vierwöchigen Coronacrash im Frühjahr 2020, sondern in dem Ausmaß zuletzt nur in der großen Finanzkrise 2008/09 gegeben hat – und seinerzeit auch nur teilweise. Vielen jüngeren Anlegern mag dieser Rückspiegel zur früheren Vergangenheit indes fehlen: Wer seit der Finanzkrise in Qualitätstitel aus der Techbranche wie Apple, Google oder Amazon investierte, konnte Renditen für eine Lebenszeit einfahren.

Wie problematisch der Vergleich mit dem historischen Bullenmarkt ausfallen könnte, machte am Wochenende der viel respektierte Wagnisfinanzierer Bill Gurley in einem Twitter-Thread deutlich. „Eine ganze Generation von Unternehmern und Tech-Investoren hat ihre Perspektiven auf die Bewertung der zweiten Hälfte des 13-jährigen Bullenmarktes aufgebaut“, merkt Gurley mit Blick auf die Mega-Boomjahre 2016 bis 2021 an, in denen sich der Nasdaq-100 mehr als verdreifachte.

Jeff Bezos warnt Tech-Investoren vor „schmerzhaften Lektionen“

Die Rückkehr zur Normalität könne „schmerzhaft, überraschend und beunruhigend für viele sein. Ich rechne mit Verleugnung“, legt der Venture Kapitalist den Finger jn die Wunde. Den Ritterschlag auf Twitter holte sich Bill Gurley von niemand Geringerem als Jeff Bezos ab. „Bill ist ohne Zweifel einer der klügsten Menschen, die ich kenne, und es lohnt sich immer, ihm zuzuhören“, twitterte der Amazon-Gründer am Samstag.

„Die meisten Leute unterschätzen dramatisch die Außergewöhnlichkeit dieses Bullenmarktes. Solche Dinge sind unaufhaltsam … bis sie es nicht mehr sind“, setzt Bezos die enorme Zugewinne in Perspektive. „Märkte lehren einen. Die Lektionen können schmerzhaft sein“, schließt Bezos seinen Tweet.

In anderen Worten: Auch Amazons Aufsichtsratschef stellt sich darauf ein, dass die gegenwärtige Korrektur an den Kapitalmärkten durchaus länger anhalten könnte als von vielen angenommen. Der Blick zurück zu alten Hochs ist dabei nicht unbedingt hilfreich. „Frühere „Allzeithochs“ sind völlig irrelevant“, stellt Gurley klar. Eine Aktie sei nicht "billig", weil sie um 70 Prozent gesunken sei. „Vergessen Sie, dass diese Preise passiert sind“, rät der Wagnisfinanzierer Techaktionären. Bleibt die Frage, ob Besitzer von einstigen Nasdaq-Highflyern dazu schon bereit sind…