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"Die Vereine sind stark verunsichert": Das sagen Spielerberater über ihren Streit mit der FIFA – und die Folgen für die Bundesliga

FIFA-Chef Gianni Infantino. - Copyright: picture alliance / empics | Nick Potts
FIFA-Chef Gianni Infantino. - Copyright: picture alliance / empics | Nick Potts

Spielertransfers in der Fußball-Bundesliga scheitern gewöhnlich an Ablösesummen oder unerfüllbaren Gehaltswünschen. Doch nun könnte ein Konflikt zwischen dem Weltverband FIFA und Spielervermittlern das Transfergeschäft erschweren. FIFA-Boss Gianni Infantino will ein neues Reglement für die Agenten durchsetzen, vor allem ihre Honorare kappen. Allerdings hat das Landgericht Dortmund die FIFA-Regeln im Mai vorläufig kassiert. Dagegen hat der mächtige Verband jetzt Berufung eingelegt, wie ein FIFA-Sprecher bestätigte. Zuvor hatte das Fachmagazin "Kicker" darüber berichtet.

Ursprünglich sollten die neuen Vorschriften ab Oktober vollständig gelten. Stattdessen droht durch den Rechtsstreit eine Hängepartie mit ungewissen Folgen für die Transferpläne der Clubs, von denen die meisten eng mit Spielerberatern zusammenarbeiten. "Die Vereine sind stark verunsichert", sagt Philipp Wehler, der Geschäftsführer der Deutsche Fußballspieler-Vermittler Vereinigung (DFVV). Angeführt wird der Zusammenschluss von Branchengrößen wie Dirk Hebel und Steffen Asal, der unter anderem die deutschen Nationalspieler Kai Havertz, Serge Gnabry und Marc-André ter Stegen vertritt.

Aus der Bundesliga flossen im vergangenen Jahr knapp 212 Millionen Euro an Fußballagenten. Sie verdienen im Zeitalter der Mega-Transfers bei Spielerwechseln und Vertragsunterschriften kräftig mit. Nach den neuen FIFA-Regeln sollen Berater in Zukunft drei bis maximal sechs Prozent eines Spielergehalts oder zehn Prozent der Transfersumme einstreichen dürfen. Mehrere Branchenkenner berichten Business Insider von marktüblichen Provisionen zwischen zehn und fünfzehn Prozent. "Das Ziel der Regulierung ist ganz klar, die Ausgaben der Clubs für Berater zu reduzieren", sagt Wehler.

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Wie stehen andere Vertreter der Branche zu den Plänen der FIFA? Business Insider hat sich umgehört. „Wenn ich Millionen verdiene, dann passen die drei Prozent vielleicht", sagt Alexander Bergweiler, der sich mit Sahr Senesie um die Belange des deutschen Nationalverteidigers Antonio Rüdiger von Real Madrid kümmert. "Aber wenn ich nach Rostock fahre und da jemanden für wenig Geld hinbringe, deckt das Honorar vielleicht nicht mal die Fahrtkosten."

Das heißt: Abseits des Hochglanzfußballs der Bundesliga geht es für die Berater bei den Honorarzahlungen nicht um Millionen, sondern den Fortbestand ihres Geschäftsmodells. In der 2. Bundesliga oder tiefer sind die Spieler unbekannter, das macht den Aufwand bei Transfers mitunter größer, während die Provisionen jetzt schon kleiner ausfallen.

Bergweiler zieht einen Vergleich mit der Industrie, um den Widerstand der Agenten zu erklären: "Die FIFA sagt einem Zulieferer, der nie Teil des Systems war: Wir kaufen deine Dienstleistung als Monopolist nur noch für den Betrag X ein." Unklar ist, wie die Konditionen in naher Zukunft aussehen werden. Das könnte für Unsicherheit auf dem deutschen Transfermarkt sorgen.

Zwar hat das Dortmunder Landgericht der FIFA und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) vorerst untersagt, umstrittene Regelungen wie die Obergrenze beim Honorar "durchzusetzen, umzusetzen oder anzuwenden". Aber das für Kartellrecht zuständige Oberlandesgericht in Düsseldorf könnte die einstweilige Verfügung aus Dortmund aufheben.

Berater: FIFA wird von "Verfahren überrannt"

Nach Ansicht der FIFA stehe die Entscheidung der Dortmunder Richter im Widerspruch zu früheren Urteilen von Gerichten in Deutschland und im europäischen Ausland, so ein Sprecher. Bis der Fall in Dortmund ausverhandelt ist, könnten Jahre vergehen – zumal das Landgericht Mainz in einem anderen Verfahren zu den FIFA-Regeln den Europäischen Gerichtshof angerufen hat. Im Moment werde der Weltverband von "verschiedenen Verfahren überrannt", sagt Bergweiler.

Rechtlich geht es um die Frage, ob Fußballverbände den Beratermarkt regulieren dürfen. Die FIFA verfügt im milliardenschweren Fußballgeschäft über eine marktbeherrschende Stellung. Der Europäische Gerichtshof soll klären, ob der Verband mit seinen Regeln für Berater in die Wettbewerbsregeln innerhalb der EU eingreift. So sahen es die Kartellrichter am Landgericht Dortmund, als sie die Neuregelung vorerst stoppten.

"FIFA versucht, die Vermittler aus dem System zu drängen"

Einer der Kläger in Dortmund ist der Spielerberater Ralf Bockstedte. Für ihn geht es vor Gericht nicht nur um die Höhe der Honorare. Der im Fußballgeschäft erfahrene Rechtsanwalt ist überzeugt: "Die FIFA versucht, die Vermittler aus dem System zu drängen." Aus seiner Sicht wäre das Aus für viele Spielervermittler die "logische Konsequenz" der neuen Vorgaben, sagt Bockstedte zu Business Insider.

Die Berater gelten als einflussreich, doch ihre Lobby im Profi-Fußball darf als überschaubar gelten. Hakt ein Transfer, werden die Agenten schnell dämonisiert. "Die Vermittler sind juristisch nichts anderes als Makler", sagt Bockstedte über den eigenen Berufsstand. Man gebe Spielern Sicherheit und sorge für ein Gleichgewicht zwischen ihnen und den Vereinen.

"Der FIFA wäre es am liebsten, wenn es die Vermittler nicht gäbe", sagt Philipp Wehler vom Branchenverband DFVV. Das liege möglicherweise auch daran, dass der Verband mit dem Transfergeschäft an sich nichts zu tun habe, so der Jurist. Er glaubt allerdings nicht, dass die FIFA die Vermittler "komplett aus dem Markt drängen" wolle. "Der Verband will eine Konsolidierung", sagt er.

Ähnlich sieht es Bergweiler, der Berater von Real-Star Rüdiger. "Die Beraterhonorare zu kappen, ist Sinn und Zweck der Übung gewesen", erklärt er. "Aber ich glaube nicht, dass das kommt." Anders wäre es aus seiner Sicht jedoch gewesen, wenn nicht Kollegen vor Gericht gezogen wären. Bergweiler sagt: "Ich hätte etwas gewartet, aber geklagt hätte ich auch."

Bergweiler zählt zu den Spielervermittlern, die in der Honorarfrage auf Korrekturen drängen, die geplanten Vorschriften aber nicht rundweg ablehnen. "Mit dem Rest der FIFA-Regelungen kann ich relativ gut leben", sagt er. Ein Kern der Pläne ist die Wiedereinführung einer Lizenz für Spielerberater. Sie könnte die Zahl der Freunde oder Verwandten von Fußballern reduzieren, die Vertragsgespräche führen.

Der Streit zwischen der FIFA und den Vermittlern offenbart auch eine mögliche Konfliktlinie innerhalb der Beraterszene. Namhafte Agenten haben die Jahre sprudelnder Einnahmen genutzt, um ihr Geschäft zu professionalisieren und stattliche Beraterfirmen aufzubauen. Nach Einschätzung von Bergweiler könnten die großen Agenturen mit den FIFA-Regeln auch deshalb besser leben als andere, "weil die kleinen damit kaum mehr eine Chance haben, am Markt zu agieren". Doch momentan eint der Kampf gegen einen Honorardeckel die Branche.

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