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Wie die Techgiganten im Revier der Banken wildern

Google, Amazon und Apple machen sich in der Finanzwelt breit, stoßen aber auch auf Widerstand. Warum Banken in Zukunft noch gebraucht werden.

Lange haben sich die Banken gewehrt, dann sind sie eingeknickt: Wer ein Gerät von Apple besitzt, kann an der Kasse immer häufiger mit Apple Pay bezahlen.

Selbst die Sparkassen, die sich lange skeptisch zeigten, bereiten nun die Einführung des Bezahldienstes der Silicon-Valley-Firma vor. Das Angebot von Apple ist nur ein Beispiel dafür, wie Technologiekonzerne in die Domäne der Banken vordringen. Dabei stoßen sie aber auch auf ungeahnte Probleme.

Noch spielen Apple und Co. im Finanzbereich nur eine Nebenrolle. Doch das könnte sich ändern, sagt ‧etwa die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ).

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„Angesichts ihrer Größe und ihrer Kundenreichweite könnte der Einstieg in die Finanzwelt zu einem rapiden Wandel in der Industrie führen“, warnen die Experten der BIZ, die auch als „Notenbank der Notenbanken“ bekannt ist. Die sogenannten „Gafa“-Firmen (Google, Amazon, Facebook und Apple) greifen die Domäne der Banken an.

Die Herausforderung für die Institute: Schaffen sie den digitalen Wandel? Oder werden sie womöglich zu reinen Dienstleistern degradiert, während sich digitale Angreifer immer weiter in der Finanzwelt ausbreiten?

Längst hätten kleine Fintechs und große Techfirmen die Schwächen der traditionellen Banken entdeckt, schreiben die Experten der Ratingagentur S & P.

„Viele sind durch komplizierte Softwaresysteme, limitierten Spielraum für Investitionen und niedriges Kundenvertrauen geschwächt.“ Zudem könnten die Techfirmen auf ihrem vorhandenen Know-how und ihrem Budget aufbauen.

Die Banken haben die Herausforderung erkannt. Sie setzen auf mehr Innovationen, tun sich mit Fintechs zusammen, wollen selbst agiler werden.

So verspricht etwa Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing, dass Agilität mehr als ein Buzzword sein soll. Man wolle die Technologie umarmen.

Was aber, wenn die Banken von den Technologiefirmen nicht nur umarmt, sondern erdrückt werden?

Bedrohtes Kerngeschäft

Im Retailbanking könnten die Institute durch neue Wettbewerber wie Techkonzerne oder Fintechs mehr als 20 Prozent ihrer Erlöse verlieren, rechnet die Ratingagentur S & P vor. In manchen Märkten könnte den Banken im Privatkundengeschäft gar die Hälfte der Erlöse verloren gehen.

Als Erstes greifen die Tech-Rivalen im Zahlungsverkehr an. Denn auf Marktplätzen im Internet haben Käufer und Verkäufer ein Vertrauensproblem: Woher weiß man, dass die Gegenseite auch tatsächlich liefert?

Die Techkonzerne haben diese Frage mit eigenen Angeboten wie Paypal oder Alipay beantwortet, die für eine sichere Abwicklung sorgen sollen. Viele Nutzer verwenden zwar noch immer ihre Bankkonten oder Kreditkarten, um ihre Bestellungen zu bezahlen – doch die Techfirmen haben den Fuß in der Tür.

Apple, Google und Amazon wildern in Deutschland bislang nur beim Zahlungsverkehr im Terrain der Banken. Aber das sei für die Konzerne nur der erste Schritt, sagt Dirk Vater, Partner bei der Beratungsfirma Bain.

Die meisten Menschen kümmere es kaum, über welchen Anbieter eine Zahlung abgewickelt wird, solange es einfach, verlässlich und schnell geht. „Die Technologiefirmen nutzen das Transaktionsgeschäft als Eintrittskarte in den Finanzsektor“, sagt Vater.

Was den Banken dann blüht, zeigt ein Blick nach China. Auch dort beackerten die Techfirmen Alibaba und Tencent zunächst den Zahlungsverkehr.

Dann legten sie mit ihrer Software eigene Geldmarktfonds auf, mit denen Kunden auch Ersparnisse anlegen können, und warben binnen kürzester Zeit enorme Summen ein.

Paypal vergibt bereits Kredite

Die Alibaba-Tochter Ant Financial lancierte ihren Geldmarktfonds im Jahr 2013 – heute zählt er mit einer Investitionssumme von insgesamt rund einer Billion Yuan (rund 127 Milliarden Euro) als größter Geldmarktfonds der Welt.

Und wer Geld hat, kann es auch verleihen: So vergibt Paypal in den USA bereits Konsumentenkredite. Mit einem Kreditvolumen von mehr als 50 Milliarden Dollar zählt das Unternehmen zwar noch zu den kleineren Spielern, doch der Blick ins Ausland zeigt, dass die Techfirmen den Banken längst auch ihr Kerngeschäft streitig machen.

Für die Kunden kann das gut sein: Die „Gafas“ könnten ihre Dienste für geringere Kosten anbieten, und das auch dort, wo Banken kaum eine Rolle spielen, sagen die Experten der BIZ.

Aber auch auf etablierten Märkten könnten die Konzerne dank ihrer riesigen Datenbasis bessere Angebote machen. Die Experten der BIZ glauben, dass die Techfirmen für mehr Effizienz und finanzielle Inklusion sorgen könnten – und damit für mehr Wirtschaftswachstum.

Der Einstieg der neuen Spieler birgt aber auch völlig neue Risiken für das Finanzsystem. „In manchen Bereichen, etwa beim Zahlungsverkehr, können die Techkonzerne schnell zu systemrelevanten Finanzinstituten werden“, warnt die BIZ.

Zudem werfen Finanzstabilität, Wettbewerbsrecht und Datenschutz neue Fragen auf. Nirgends wird das deutlicher als bei Facebooks geplanter Onlinewährung Libra.

Eigene Währung

Das Projekt von Mark Zuckerberg macht nicht nur den Banken, sondern auch den Notenbanken Konkurrenz. Das Versprechen: „eine einfache globale Währung und eine finanzielle Infrastruktur, die Milliarden von Menschen neue Chancen bietet“.

Das Internetgeld soll mit Devisenreserven unterlegt sein – und könnte zur Gefahr für Euro, Dollar und Co. werden, fürchten Politiker und Aufseher.

Nicht nur Bundesfinanzminister Olaf Scholz sieht das Projekt „sehr, sehr kritisch“. Und in Brüssel kündigte Valdis Dombrovskis am Dienstag an, dass er Internetwährungen wie Libra in die Schranken weisen möchte.

„Ich habe vor, neue Rechtsvorschriften dafür vorzulegen“, sagte der designierte Vizechef der EU-Kommission. Angesichts des Gegenwinds stieg mit Paypal bereits ein Gründungsmitglied aus dem Projekt aus. So zeigt Libra auch, vor welchen Hürden die Techfirmen beim Eintritt in die Finanzwelt stehen.

Karl im Brahm sieht die Sache deshalb gelassen: „Ich glaube fest daran, dass es auch in Zukunft noch Banken geben wird, denn die Gafa-Firmen wollen eigentlich gar keine Banken sein“, sagt der Deutschlandchef der IT-Firma Avaloq, die Softwarelösungen für Banken anbietet.

Der Avaloq-Manager glaubt, dass es den Techfirmen bei ihren Angeboten in erster Linie um die Schnittstelle zum Kunden geht. „Die Gafa-Firmen leben davon, unsere Daten zu sammeln und uns auf deren Basis immer bessere Angebote zu machen“, sagt im Brahm.

„Regulierung ist kein Schutzschild“

Deshalb sei der Zahlungsverkehr für die Firmen interessant. Der Einstieg in die Finanzwelt sei wegen der hohen Anforderungen der Aufsicht aber sehr komplex, glaubt der Avaloq-Manager.

Das wüssten auch die Manager im Silicon Valley. „Wenn die Gafa-Firmen wirklich eine Bank in Deutschland haben wollten, hätten sie längst eine gegründet.“ Bain-Experte Vater warnt dagegen: „Regulierung ist kein Schutzschild.“ Sie könne den Einstieg der Technologiekonzerne höchstens verzögern – aber nicht stoppen.

Im Wettbewerb mit den Techfirmen haben die Geldhäuser aber auch einen Vorteil, sagt der Bankenexperte: Finanzen sind ihr Kerngeschäft, das viele Banken seit Jahrhunderten betreiben.

„Auf dieses Wissen können sie bauen.“ Die Geldhäuser müssten sich aber selbst in Digitalunternehmen mit einer Bankbilanz verwandeln. Und das, sagt Vater, „werden nicht alle Institute schaffen“.