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Software statt Reifen – Wie Continental die Digitalisierung meistern will

Zulieferer wie Continental müssen neue Fähigkeiten entwickeln. Denn in Zukunft werden sie ihr Geld nicht mit Einspritzdüsen und Reifen verdienen – sondern mit Software.

Dirk Abendroth hat eine besondere Aufgabe bei Continental: Der neue technische Direktor, der vor einem halben Jahr aus dem Silicon Valley zu den Hannoveranern kam, soll den Zulieferer durch den größten Umbruch leiten, vor dem die Automobilbranche steht.

In Zeiten der Elektrifizierung, Vernetzung und des autonomen Fahrens müssen Zulieferer wie Continental neue Fähigkeiten entwickeln, um neue Produkte herzustellen. Konkurrent ZF hatte in Dresden gezeigt, wie die Zukunft der Branche aussehen könnte. Continental gab am Donnerstag einen Vorgeschmack darauf, wie sich das Geschäft verändern wird und mit welchen technischen Neuheiten Kunden in ein paar Jahren rechnen können. So wurde auf dem Fahrsicherheitszentrum in Laatzen in der Nähe von Hannover unter anderem eine Art Cloud-ESP vorgestellt.

Kameras unter den Rückspiegeln von Fahrzeugen nehmen die Fahrbahn auf, die Bilder wiederum werden an den Cloudservice von Amazon gesendet. Dort untersucht eine Künstliche Intelligenz (KI) die Bilder und erkennt, ob beispielsweise eine Straße trocken, nass oder glatt ist.

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Die ausgewerteten Daten werden an andere Fahrzeuge zurückgesendet, die mit der Cloud verbunden sind. Im Ernstfall ist das System in der Lage einzugreifen, bevor eine Gefahrensituation eintritt, beispielsweise wenn ein Fahrer zu schnell auf eine Kurve zufährt, auf der Aquaplaning droht. Normales ESP hingegen reagiert erst, wenn sich ein Fahrzeug bereits im Grenzbereich befindet.

Ein radargestützter Rechtsabbiegeassistent wiederum könnte künftig Zusammenstöße mit Radfahrern verhindern. Continental verbaut dafür unter der Heckstoßstange und an der Front insgesamt vier Radare mit einer Frequenz von 77 Gigahertz. Diese hohe Frequenz ermöglicht ein genaueres Abbild der Umgebung. Auf diese Weise können auch Radfahrer im toten Winkel erkannt werden.

Im Gegensatz zu heutigen Assistenten, die anzeigen, wenn sich ein Objekt im toten Winkel befindet, kann der Rechtsabbiegeassistenz eine Bremsung einleiten, wenn ein Zusammenstoß droht.

Systeme wie das Cloud-ESP oder der Rechtsabbiegeassistent könnten künftig Bestandteile des autonomen Fahrens werden, an dem auch Continental mit seinem Roboterauto Cube forscht. Das fahrerlose Gefährt wurde erstmals 2017 vorgestellt und wird seitdem fortwährend weiterentwickelt. Mit dem Cube sammelt der Zulieferer Erfahrungen im Bereich des autonomen Fahrens, testet neue Radare, Lidar-Laser sowie Kameras und optimiert die Software.

Genau die wird nämlich in Zukunft über den Erfolg in der Autobranche entscheiden. Autohersteller und Zulieferer wie Continental werden schon bald nicht mehr mit Getrieben, Einspritzdüsen oder Bremsen das meiste Geld verdienen, sondern mit dem Programmieren von Auto-Software.

Deutschen Zulieferern fehlt Expertise

Allerdings drängen in diesen Bereich auch die großen Softwarekonzerne aus den USA. Google forscht mit Waymo sehr erfolgreich am autonomen Fahren, während Smartphones von Apple und anderen Herstellern immer öfter die Funktionalität im Autoinneren übernehmen. Es geht dabei um die Softwarehoheit und das Abhängigkeitsverhältnis. „Wir wollen diesen Wandel gestalten“, erklärt Abendroth.

Derzeit fehlt den deutschen Zulieferern aber noch die IT-Expertise. „Die Softwareentwicklung ist eine Domäne, die die Autoindustrie erst noch lernen muss“, sagt der 43-Jährige. Der ehemalige BMW-Entwickler und Manager des E-Auto-Start-ups Byton soll diesen Lernprozess bei Continental vorantreiben. Die Investitionen im Softwarebereich und der Bedarf an Experten werden steigen. Künftig sollen über die Hälfte der Ingenieure bei Continental Softwareexperten sein.

Neben der Software muss Continental auch den Wandel hin zum Elektroantrieb meistern. In Laatzen hat der Zulieferer einen neuen 48-Volt-Mild-Hybrid-Antrieb präsentiert, der mit bis zu 90 Kilometern pro Stunde elektrisch bewegt werden kann.

Bislang war es nicht möglich, tonnenschwere Hybrid-Fahrzeuge mit so niedrigen Spannungen elektrisch zu bewegen. Mild-Hybrid-Antriebe dienen in der Regel dazu, den Verbrennungsmotor zu unterstützen und auf diese Weise den Verbrauch zu senken. Continentals 48-Volt-Agreggat hingegen entwickelt dank einer neuartigen Wasserkühlung eine doppelt so hohe Leistung wie gewöhnliche Antriebe dieser Spannungshöhe.

In der Praxis kann ein Fahrzeug bei defensiver Fahrweise, wie sie in Städten üblich ist, elektrisch über die Straßen gleiten. Sobald man kräftiger beschleunigt, schaltet sich allerdings sofort der Verbrennungsmotor ein.

Der Vorteil dieses E-Antriebs sind seine geringen Kosten. Vollhybrid-Fahrzeuge, wie jene von Toyota, benötigen höheren Spannungen, um elektrisch zu fahren. Doch je höher die Spannung, umso größer auch die Gefahr, die vom E-Antrieb ausgeht. Dementsprechend steigen die Sicherheitsvorkehrungen und mit ihnen die Kosten.

Der Lowcost-Hybrid-Antrieb wurde zu 80 Prozent in Continentals Antriebssparte in Regensburg entwickelt, die im kommenden Jahr unter dem Namen Vitesco an die Börse gehen soll. In etwa vier Jahren rechnet Continental mit der Serienreife. Gefertigt werden könnte der Antrieb im Werk in Ungarn.

Die Elektrifizierung und das autonome Fahren haben aber auch Auswirkungen auf Continentals ältestes Geschäft. Wegen des höheren Gewichts und der höheren Drehmomente von Elektrofahrzeugen steigen die Belastungen der Reifen. Derzeit forscht der Zulieferer an einem intelligenten Reifensystem, das während der Fahrt je nach Anforderung den Luftdruck anpassen kann. Möglich machen sollen das kleine Kompressoren innerhalb der Felge. Die Felgen wiederum sollen in Zukunft in der Breite angepasst werden und so die Auflagefläche der Reifen vergrößern, wenn beispielsweise mehr Grip benötigt wird.