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Saudi Aramco tüftelt am größten Börsengang weltweit

Der saudische Ölminister und zugleich Aufsichtsratsvorsitzende von Saudi Aramco Khalid Al-Falih will keinen Zweifel aufkommen lassen. Am Donnerstag betonte er in Abu Dhabi erneut: Der staatliche Ölkonzern Saudi Aramco soll 2018 an die Börse gehen. Punkt.

Genauer genommen geht es nur um fünf Prozent des Konzerns. Klingt erst einmal wenig. Doch schon jetzt ist klar: Das reicht mit Abstand für den größten Börsengang in der Geschichte aus. Der Wert des Unternehmens wird auf zwei bis drei Billionen Dollar geschätzt. Veräußert Saudi Aramco also einen Anteil von fünf Prozent an Investoren, beläuft sich die Summe schon auf 100 Milliarden Dollar und mehr. Zum Vergleich: Den bislang größten Börsengang der Geschichte legte Alibaba 2014 hin – mit 25 Milliarden Euro.

Entsprechend reiben sich Investmentbanken schon die Hände – und hoffen auf ein gewinnbringendes Mandat. Bis zu eine Milliarde Dollar könnten die Gebühren für die Ausgabe der Papiere betragen, berichtet das Doch bis es soweit kommt, gilt es für den verschwiegenen Konzern einige Hürden zu überwinden.

Obwohl der saudische Vizekronprinz Muhammad bin Salman den Plan bereits vor knapp einem Jahr ankündigte, sind bis heute viele Fragen offen. Besonders eine steht im Fokus: Die nach der Transparenz. Denn viele Börsen verlangen größte Einsicht ins Innerste der Konzerne. Die hat Saudi Aramco bislang immer geblockt. Was also bringt die Saudis dazu, umzudenken?

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Wie so vieles am Ölmarkt hängt die Entscheidung mit den seit Mitte 2014 stark gefallenen Ölpreisen zusammen. Seit seinem Zwölfjahrestief im vergangenen Jahr bei knapp 27 Dollar hat sich der Preis für ein Barrel (159 Liter) Rohöl zwar wieder verdoppelt. Damit liegt er aber immer noch weit unter seinem Ausgangsniveau von über 110 Dollar. „Durch den gesunkenen Ölpreis stehen die großen Ölnationen unter Druck, auch Saudi-Arabien. Und die Preise werden, wenn nicht noch Wunder wie ein plötzlicher Wachstumsschub für die Weltwirtschaft passieren, für längere Zeit niedrig bleiben“, erklärt Walter Pfeiffer, Partner und Energieexperte von der Unternehmensberatung Roland Berger.

Seit die Einnahmen aus dem Ölverkauf fielen klaffen milliardenschwere Löcher im saudischen Staatshaushalt. Spätestens dies war Grund genug, die Umstellung der Wirtschaft voranzutreiben. Der Börsengang Saudi Aramcos ist Teil der Vision 2030 des Kronprinzen Muhammad bin Salman, der die saudische Wirtschaft nun unabhängiger vom Öl machen möchte.

Doch dafür sind Zugeständnisse nötig – etwa bei der Transparenz des Konzerns. „Für Investoren werden die Fragen nach den Ölreserven und den Steuern, die das Unternehmen zahlt, entscheidend sein“, erklärt Robin Mills, Leiter des Think Tanks Qamar Energy aus Dubai.


Welcher Börsenplatz kommt in Frage?

Das 1933 gegründete Unternehmen hat diese Zahlen bislang wie ein Geheimnis gehütet. Die Reserven schätzt Saudi-Arabien selbst, und zwar auf 261 Milliarden Barrel Öl – seit knapp 30 Jahren. Damit hütet Saudi-Arabien den größten Öl-Schatz der Welt. Doch ob der ungebrochenen Konstanz der Reserven haben Kritiker wie der Amerikaner Matthew Simmons so ihre Zweifel an den Angaben. Der ehemalige Saudi Aramco Chef und spätere Ölminister Ali Al-Naimi beharrt in seinem 2016 erschienenen Buch „Out of the Desert“ jedoch darauf, dass es sich dabei um „konservative Schätzungen“ handele. Darin schreibt er: „Wir sehen uns als Verwahrer unserer wichtigsten natürlichen Ressource für künftige Generationen. Wenn wir zu viel Wissen darüber teilen, könnten wir anderen Ölproduzenten einen Wettbewerbsvorteil geben.“

Nun ist Al-Naimi nicht länger Vorstandsvorsitzender oder Aufsichtsratsvorsitzender des Konzerns. Fest steht jedoch: Noch immer weiß heute niemand genau, wie groß die Reserven Saudi-Arabiens sind. „Auch dort erschließen sich durch technologische Weiterentwicklungen neue Quellen. Es kann genauso gut sein, dass die Reserven noch über den offiziellen Schätzungen liegen“, sagt Pfeiffer von Roland Berger. Um den Wert des Ölkonzerns zu prüfen, würde für einen Börsengang in der westlichen Welt jedoch eine unabhängige Überprüfungen fällig. Inwieweit Saudi Aramco zu Zugeständnissen bereit ist, bleibt unklar.

Ähnlich intransparent wie bei den Reserven ist die finanzielle Situation des Konzerns. Zwar veröffentlicht Saudi Aramco Jahresberichte. Umsatzzahlen, Verbindlichkeiten oder eine Gewinn- und Verlustrechnung sucht man darin jedoch vergeblich. Von einer Bilanz im Sinne einer westlichen Aktiengesellschaft ist dieser meilenweit entfernt. Der Konzern arbeite daran, die Dokumente für 2017 und für die beiden zurückliegenden Jahre zu erstellen, und beruft sich dabei auf mehrere Personen im Umfeld des Unternehmens. In der Vergangenheit, so heißt es weiter, habe Saudi Aramco auf seine Erlöse 85 Prozent Steuer gezahlt plus einer 20 Prozent Lizenzgebühr für seine Ölproduktion. Für Investoren dürften diese Zahlen hochinteressant sein. Schließlich stellt sich ihnen die Frage: Was bleibt übrig für die Dividende, also die Gewinnausschüttung an die Aktionäre?

Welche Zahlen wie umfassend veröffentlicht werden, hängt letztlich auch daran, wo Saudi Aramco an die Börse geht. Im Gespräch sind zwei Notierungen: Eine im saudischen Index Tadawul und eine zweite an einer internationalen Börse. New York, London oder Hong Kong seien möglich, der Nachrichtenagentur Bloomberg im Oktober 2016 . Schon bald werde das Unternehmen bekanntgeben, welche Investmentbanken es auf diesem Weg begleiten, sagte er damals. Namen wie JP Morgan oder auch der ehemalige Citigroup Investmentbanker Michael Klein fallen dabei immer wieder. Auch die Deutsche Bank wurde schon genannt. Wer das Mandat erhält, darüber gibt es bis heute keine Klarheit.


Saudi-Arabien behält die Kontrolle

Ebenso unklar bleibt, wo es die zweite, für internationale Investoren wohl entscheidende, Notierung geben wird. Schließlich gilt der saudische Tadawul-Index als schwer zugänglich. Dessen gesamte Marktkapitalisierung bringt es gerade einmal auf 680 Milliarden Dollar. Eine alleinige Notierung dort erscheint unwahrscheinlich. Selbst Saudi Aramcos fünf Prozent Anteil im Wert von 100 Milliarden Dollar würde den Index dominieren – und über Wohl und Wehe entscheiden. Das würde die unabhängige Entwicklung der saudischen Wirtschaft jenseits der Ölindustrie zudem erschweren.

Mit dem geplanten Börsengang reiht sich Saudi Aramco in eine prominente Liste von staatlichen Ölkonzernen ein, die teilprivatisiert wurden, so etwa Statoil in Norwegen (2001, drei Milliarden Dollar für 18 Prozent) oder Rosneft in Russland (2006, 10,4 Milliarden Dollar für 13 Prozent). Allein wegen seiner Größe – vermutlich knapp 100 Milliarden Dollar für fünf Prozent, nach aktuellen Schätzungen – wird der Börsengang von Saudi Aramco jedoch besonders sein. Fragen des Handelsblatts zum Stand der Pläne ließ Saudi Aramco unbeantwortet.

Robin Mills von Qamar Energy glaubt indes, dass dies erst der Anfang sein könnte. Wenn Saudi Aramco erst einmal an die Börse kommt, seien künftig auch weitere Anteilsverkäufe möglich. Eines aber sei Undenkbar: „Würden Saudi-Arabien jemals seinen Mehrheitsanteil aufgeben? Sofern sich nicht die Welt auf den Kopf stellt, kann ich mir das nicht vorstellen.“

KONTEXT

Wie und wo die Preise für Ressourcen entstehen

Welche sind die wichtigsten Handelsplätze?

Das Herz der globalen Rohstoffmärkte schlägt in London, Paris und Chicago. Hier läuft ein großer Teil des Handels mit denjenigen natürlichen Ressourcen ab, die für die Ernährung und Energieversorgung von Milliarden Menschen sowie Herstellung zahlloser Produkte unentbehrlich sind. Den sogenannten Termingeschäften schlägt jedoch regelmäßig auch viel Kritik entgegen.

Wie funktionieren Termingeschäfte?

Wir sind es meist gewohnt, nach Kauf oder Bestellung eines Produkts direkt zu zahlen. An den Finanzmärkten ist das oft nicht so. Hier gibt es neben sofort ausgeführten Geschäften ("Spot"/"Kassa") auch viele Deals, bei denen die Abwicklung in der Zukunft liegt - aber zu schon heute vereinbarten Konditionen. Käufer und Verkäufer einigen sich dann auf eine Umsetzung per Termin ("Future"). Ein Stahlkonzern kann etwa Monate im Voraus Eisenerz ordern und weiß genau, was ihn das später kostet.

Warum sind solche Geschäfte wichtig?

Generell soll der Terminhandel die Märkte stabilisieren. Im Einkauf großer Öl-, Rohstoff- oder Chemiekonzerne ist eine langfristige Planung ohne teilweise abgesicherte Preise und Mengen nicht denkbar. Grundsätzlich gilt: Wenn die für einen späteren Zeitpunkt erwarteten Preise von den aktuellen abweichen, kann es sich lohnen, auf künftige Preise zu spekulieren. Ziel ist es, beim Liefertermin keinen Verlust zu machen, falls das Preisniveau in der Zwischenzeit in den Keller geht.

Wo gibt es Terminmärkte?

Bekannte Beispiele sind der Handel mit Metallen, Kohle oder Erdöl. Dafür gibt es Börsen, an denen täglich Milliarden umgesetzt werden. Bei Metallen wie Kupfer und Zink läuft das etwa über die London Metal Exchange. Relativ rohstoffarme Länder wie Deutschland sind darauf angewiesen: Laut der Bundesbehörde BGR fiel der Wert der heimischen Rohstoffproduktion 2015 um 100 Millionen auf 13,4 Milliarden Euro. Agrargüter wie Getreide, Soja oder Zucker werden vor allem in Chicago und Paris ge- und verkauft.

Wo lauern Gefahren?

Geht ein Termingeschäft auf, wird die Risikobereitschaft der Akteure belohnt. Probleme können entstehen, wenn die Spekulation von reiner Finanz-Zockerei angetrieben ist. Solche Spekulanten wollen oft gar nicht in reale Güter investieren. Sie setzen auf Preisanstiege etwa von Agrar-"Futures", um diese mit hohem Gewinn weiterzuverkaufen. Etliche Termingeschäfte sind stark kreditfinanziert und brauchen nur wenig Eigenmittel des Spekulanten. Und Skeptiker weisen auf möglichen Missbrauch durch Insider-Spekulation (Wetten "gegen den Markt") oder Leerverkäufe (Spekulation mit bloß geliehenen Zertifikaten) hin.

Sind die Geschäfte also schlecht?

Das lässt sich pauschal keinesfalls sagen. Bei realen Gütern kann sie stabilisierend wirken, wenn etwa nach der Ernte Teile des Angebots durch Lagerung verknappt und die Erzeugerpreise so gefestigt werden. Turbulenzen können spekulative Geschäfte aus Sicht vieler Ökonomen dagegen vor allem bei Finanzprodukten auslösen. Einige Banken haben das Geschäft mit Agrarzertifikaten unabhängig davon eingestellt.

KONTEXT

Was die Einigung des Ölkartells nach sich zieht

Ist der Ölpreis-Anstieg nachhaltig?

Zumindest für die kommenden Monate sagen die meisten Analysten einen höheren Preis voraus. Die Nordea-Bank etwa rechnet für 2017 mit einem durchschnittlichen Ölpreis von 57 Dollar je Fass - das wäre gut ein Viertel mehr als im ablaufenden Jahr. Allerdings erwarten etwa die Experten von Barclays für die zweite Jahreshälfte 2017 wieder fallende Preise. Ein Grund dafür: Die Produzenten von Schieferöl, das mit Hilfe des technisch aufwendigen und teuren Fracking-Verfahrens gewonnen wird, dürften ihre Produktion hochfahren, weil sich dies für sie ab einem bestimmten Preisniveau wieder lohnt. Experten wie Eugen Weinberg von der Commerzbank zweifeln zudem, ob die Förderländer ihre Vereinbarung vollständig umsetzen werden.

Zieht die Inflation in Europa wieder an?

Ja. Die Teuerungsrate in der Euro-Zone wird nach Prognose von Sal.-Oppenheim-Chefvolkswirt Martin Moryson im kommenden Jahr wegen des teuren Öls zeitweise über die Marke von 1,5 Prozent steigen. Derzeit liegt sie bei 0,6 Prozent. Ölprodukte wie Benzin, Diesel und Heizöl haben einen hohen Anteil am Warenkorb, mit dessen Hilfe die Inflation berechnet wird. Deshalb schlagen höhere Ölpreise auf die Teuerungsrate durch.

Welche Folgen hat das für die Wirtschaft?

Wegen steigender Preise an den Zapfsäulen und für Heizöl bleibt den Verbrauchern weniger Geld im Portemonnaie. "Mit anziehender Inflation wird der Kaufkraftgewinn durch Lohnsteigerungen geringer", sagt BayernLB-Ökonom Stefan Kipar. "Auch steigen die Produktionskosten vieler Unternehmen, wenn Rohstoffe teurer werden." Das sieht Nordea-Europachefvolkswirt Holger Sandte ähnlich. "Zwar wird sich die Importnachfrage Russlands und anderer Ölexportländer erhöhen und damit die Nachfrage nach europäischen Exporten gestützt", erläutert der Ökonom. "Aber der Schwung beim privaten Verbrauch dürfte nachlassen." Das sei einer der Gründe, warum die Wirtschaft in der Währungsunion 2017 nur um 1,3 Prozent wachsen dürfte.

Was heißt das für Anleger?

An den Anleihenmärkten wird es im kommenden Jahr kaum etwas zu verdienen geben, erwartet Sal.-Oppenheim-Anlagestratege Lars Edler. Denn die steigende Inflation zehrt massiv an den ohnehin niedrigen Renditen. So dürfte etwa die zehnjährige Bundesanleihe sogar eine negative Gesamtrendite von etwa einem Prozent abwerfen, wenn man die Teuerung einrechnet. Auch am Devisenmarkt könnten viele Anleger umdenken: Die Währungen von Ölförderländern wie Norwegen und Russland legten wegen der höheren Ölpreise bereits merklich zu.

Wie reagiert der Aktienmarkt?

Hier gibt es viele Gewinner, aber ebenso viele Verlierer. Papiere von Öl- und Gasförderern wie der italienischen Eni waren nach der Einigung auf eine Förderbremse gefragt. Auf der anderen Seite leiden Fluggesellschaften wie die Lufthansa, weil der Kerosinpreis ein großer Kostenfaktor ist. Üblicherweise werden auch energieintensive Unternehmen und Konsumgüterhersteller besonders belastet, wenn die Ölpreise anziehen.

KONTEXT

Die größten Erdölproduzenten

Opec als größter Rohölproduzent

Die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) stellt mehr als ein Drittel des weltweit produzierten Rohöls bereit. Ihre 14 Mitgliedsstaaten sitzen auf mehr als 70 Prozent aller Ölreserven.

Quelle: dpa

Opec II

Laut einer Analyse des Energiekonzerns BP produzierte die Opec 2014 knapp 37 Millionen Barrel Öl und verwandte Produkte am Tag. Weltweit wurden 89 Millionen Barrel am Tag produziert. Die Größten Ölproduzenten im Überblick:

USA

12 Millionen Barrel

Saudi-Arabien

Zwölf Millionen Barrel

Russland

Elf Millionen Barrel

China

Vier Millionen Barrel

Kanada

Vier Millionen Barrel