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Rhein-Niedrigwasser – das teure Logistik-Problem von Covestro, Thyssen-Krupp und Co.

Covestro steht das Wasser bis zum Hals, weil der Rhein zu wenig davon hat. Der Kunststoffhersteller aus Leverkusen hat am Dienstag seine Prognose für 2018 kassiert. Unter anderem, weil wegen des niedrigen Wasserstands des Rheins die Transportkosten in die Höhe geschossen sind.

Neben dem Rhein bringen auch andere Flüsse mit Niedrigwasser Unternehmen seit mittlerweile einem halben Jahr in Schwierigkeiten. So hat der Düngemittel und Salzhersteller K+S vor wenigen Tagen seinen Jahresausblick nach unten korrigiert, weil die Logistik über die Werra stark eingeschränkt ist. Zuvor hatte schon der Energieversorger EnBW wegen zu wenig Wasser in Neckar und Iller seine Ergebnisprognose in der Sparte Erneuerbare Energien geschmälert.

Doch es ist insbesondere der Rhein, der den Firmen zu schaffen macht. 1,44 Meter ist das Wasser laut Bundesanstalt für Gewässerkunde aktuell noch am Messpunkt Kaub im Mittelrhein tief. Im langjährigen Durchschnitt beträgt die Wassertiefe dort 3,25 Meter. Die enge Stelle gilt als entscheidend für die Binnenschifffahrt. „Die starken Verdunstungen im Sommer haben dazu geführt, dass die Probleme mit Niedrigwasser aktuell besonders extrem sind“, sagt Paolo Reggiani, Professor für wasserwirtschaftliche Risikobewertung an der Universität Siegen.

Ganz Süddeutschland könne vollständig vom Rhein als Transportweg abgeschnitten werden, wenn der Wasserstand in Kaub noch weiter sinke, warnt Roberto Spranzi, leitender Vorstand der Deutschen Transport-Genossenschaft Binnenschifffahrt.

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Schon jetzt können viele Schiffe nicht mehr den gesamten Rhein befahren. Und wenn, dann nicht mit voller Last. Bis zu 85 Prozent weniger Ladung nehmen die Schiffe auf, um nicht auf dem Grund aufzusetzen. Das bedeutet, dass es mehr Schiffe für den Transport der gleichen Mengen braucht. Das kostet die Unternehmen viel Geld.

Eine Beispielrechnung: Ein Frachter mit 2000 Tonnen Tragfähigkeit könnte auf dem Rhein aktuell mit maximal 500 Tonnen beladen werden. Und so muss das Schiff viermal fahren, um die gleiche Menge wie unter normalen Bedingungen zu transportieren. Es gilt die Faustformel, dass jede Tonne Tragfähigkeit eines Frachters einen Euro Betriebskosten verursacht. Dem Unternehmen entstehen also Mehrkosten von 6000 Euro. Die Kosten eines Tankschiffes sind noch einmal deutlich höher.

Die Mehrfahrten führen gleichzeitig dazu, dass die Kapazitäten an Frachtschiffen in vielen Unternehmen nicht mehr ausreichen. Deshalb verlagern sie einen Teil auf Schiene und Straße. Der Transport mit Bahnkesselwagen ist im Schnitt zwei- bis dreimal und der mit Lkws etwa fünfmal teurer als der Transport der gleichen Menge per Schiff.

Covestro transportiert normalerweise allein 1700 Tonnen Salz pro Tag per Schiff in sein Leverkusener Werk. Die Covestro-Werke in Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen werden zum Großteil über den Rhein beliefert. „Allein für unsere tägliche Belieferung mit großen Mengen an Salz gibt es keine ökologisch oder wirtschaftlich sinnvolle Alternative zum Rhein“, sagt Covestro-Vorstand Klaus Schäfer.

Zu den höheren Transportkosten, infolge der geringeren Beladung der Schiffe, kommen bei Covestro Produktionsausfälle, weil Lieferanten ebenfalls mit dem niedrigen Rheinwasser zu kämpfen haben.

Südlich der Rhein-Engstelle Kaub kann das BASF-Hauptwerk in Ludwigshafen nur noch von wenigen Schiffen angefahren werden. 40 Prozent der Lieferungen an den Chemiekonzern kommen normalerweise über den Rhein, vor allem vom Rotterdamer Hafen. Fünf bis zehn Frachtschiffe hatten das Unternehmen vor dem Niedrigwasser täglich mit Rohstoffen versorgt.

Man habe bereits alle Möglichkeiten der Verlagerung auf Pipelines, Lkws und Schiene ausgereizt, heißt es seitens des Unternehmens. Damit könne man aber nur etwa ein Drittel der Schiffskapazitäten kompensieren.

Eine Verlagerung aller Rohstoffe vom Schiff auf die Straße würde pro Tag zusätzlich 1600 Lkws erfordern – und ist damit keine Option. Die Versorgung mit einigen wichtigen Rohstoffen ist daher eingeschränkt, wodurch es bei einzelnen Produkten zu Lieferengpässen kommt. Die Kosten dafür und die Produktionsverluste beziffert BASF im dritten Quartal auf rund 50 Millionen Euro.

Der Konzern prüft nun, eine eigene Flotte mit Flachbodenschiffen anzuschaffen, die auch bei Niedrigwasser uneingeschränkt fahren können. Auch eine Pipeline im Flussbett an engen Stellen des Rheins könne eine Option sein. Außerdem will der Konzern sich mithilfe von Big-Data-Analysen besser auf Niedrigwasser vorbereiten.

Im Duisburger Stahlwerk von Thyssen-Krupp werden täglich 60.000 Tonnen Rohstoffe angeliefert, 30.000 Tonnen Roheisen verlassen das Werk Tag für Tag. Etwa 90 Prozent dieser Logistik wird über die Binnenschifffahrt abgewickelt. Entsprechend angespannt ist die Lage auch beim Essener Konzern.

Das hatte Thyssen-Krupp am 18. Oktober dazu veranlasst, einen Notstand wegen höherer Gewalt zu verkünden, weil nicht genügend Rohstoffe im Werk angekommen waren. Der Notstand ist mittlerweile zwar aufgehoben, die Produktion wird wieder hochgefahren. Die Ausfälle würden aber auch im ersten und im zweiten Quartal noch zu spüren sein, sagt Thyssen-Krupps Vorstandsvorsitzender Guido Kerkhoff.

Wie hoch der Schaden genau ausfällt, könne man aber noch nicht beziffern. 60 Schiffseinheiten hat Thyssen-Krupp derzeit zusätzlich zur eigenen Flotte angemietet und einen Teil der Logistik auf die Bahn ausgelagert.

Tankstellen ohne Sprit

Das Niedrigwasser der Flüsse wirkt sich auch direkt auf die Verbraucher aus. Wer dieser Tage an eine Tankstelle fährt, kann schon mal vor leeren Zapfsäulen stehen. Seit Wochen kommt es vor allem in West- und Süddeutschland immer wieder zu Lieferengpässen.

Weil auch Kraftstoffe nur noch eingeschränkt über den Rhein transportiert werden können, musste etwa der britische Öl- und Gasriese Shell seine Produktion in Deutschlands größten Raffinerien, Godorf und Wesseling, drosseln. Aus den Ölverarbeitungsstätten im Rheinland werden bis zu 40 Prozent der Produkte über den Wasserweg abtransportiert.

Damit der Kraftstoff den Tankstellen nicht ganz ausgeht, werden bereits Reserven freigegeben. Der Erdölbevorratungsverband hat 70.000 Tonnen Benzin, 150.000 Tonnen Dieselkraftstoff und rund 56.000 Tonnen Kerosin für den Raum Köln und die Länder Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und den Bezirk Unterfranken in Bayern zur Verfügung gestellt.

Die freigegebenen Mengen sind aber schon nahezu aufgebraucht, und zu einer Verbesserung der Lage hat es laut dem Verband bislang nicht geführt. Deswegen prüft die Bundesregierung weitere Hilfen. Das Sonn- und Feiertagsverbot für Tankwagen wurde bereits stellenweise aufgehoben.

Die Verantwortlichen klingen verzweifelt. „Wir warten jeden Tag auf Regen“, heißt es bei Covestro. Die Langfristprognose der Bundesanstalt für Gewässerkunde macht da wenig Hoffnung: Ein Ende des Niedrigwassers sei nicht Sicht.