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Ein Milliardengeschäft – wie einfach sich Ausländer in die EU einkaufen können

Die Praxis, Aufenthaltsgenehmigungen gegen Geld zu vergeben, ist in der EU verbreitet, aber umstritten. Zypern tritt deshalb bereits auf die Bremse.

„Lebe Deinen Traum in Hellas.“ Oder: „Ein goldener Schlüssel, der das Tor zu den Schengen-Staaten öffnet.“ In höchsten Tönen preisen Beratungsfirmen und Anwaltskanzleien im Internet die „Goldenen Visa“ an, mit denen Griechenland Investoren aus Staaten außerhalb der EU anlocken will.

Bisher richtet sich das Programm an Immobilienkäufer und Investoren. Wer als Nicht-EU-Ausländer mindestens 250.000 Euro in eine Wohnung, Gewerbeimmobilie oder Firmenbeteiligung in Griechenland steckt, bekommt eine Aufenthaltsgenehmigung, die auch zu Reisen in andere Schengen-Staaten berechtigt.

Jetzt will die griechische Regierung den Kreis der Investoren erweitern – und so den Visa-Handel ankurbeln. Wie das Ministerium für Migrationspolitik diese Woche ankündigte, können in Zukunft auch Ausländer, die mindestens 400.000 Euro in griechische Aktien oder Hellas-Bonds mit mindestens dreijähriger Restlaufzeit investieren, einen fünfjährigen Aufenthaltstitel beantragen.

Auch wer mindestens 400.000 Euro als Festgeld bei einer griechischen Bank deponiert, bekommt für sich und seine Familie das begehrte „Goldene Visum“. Der Gesetzesentwurf des Migrationsministeriums soll im Herbst vom Parlament verabschiedet werden.

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Griechenland hat zwischen der Auflegung des Programms im Jahr 2013 und Ende 2017 nach Angaben der staatlichen Investitionsförderungsagentur Enterprise Greece 5246 Investoren angelockt und an sie und ihre Familien 12.463 Visa vergeben. Allein im vergangenen Jahr waren es 5699. An erster Stelle lagen bei dieser Statistik Chinesen mit 2525 Visa, gefolgt von Russen, auf die 907 Visa entfielen, und Türken mit 547 genehmigten Anträgen.

Zahlen für das laufende Jahr konnte das Migrationsministerium, das die Anträge bearbeitet, auf Anfrage des Handelsblatts nicht nennen. Auch Enterprise Greece veröffentlicht keine aktuellen Daten. Der Vorstandschef der Agentur, Ilias Athanasiou, sagte aber, dass derzeit etwa 50 Anträge pro Tag für „Goldene Visa“ eingehen. Bleibt es bei diesem Trend, würde 2018 die Vorjahreszahl von 5699 erteilten Visa deutlich überschritten.

Die Zahl der türkischen Visa-Interessenten ist seit dem Putschversuch vom Juli 2016 und der „Säuberungswelle“, mit der Staatschef Recep Tayyip Erdogan seine politischen Gegner verfolgt, sprunghaft angestiegen, heißt es in Ministeriumskreisen. Zur Höhe der Investitionsgelder, die dank der Visa-Vergabe ins Land flossen, gibt es keine offiziellen Angaben. Es muss sich aber bei einer Mindestinvestition von 250.000 Euro plus Mehrwertsteuer um etwa 1,6 Milliarden Euro oder mehr handeln.

Und auch in der EU gibt es rund ein Dutzend Nachahmer: In Spanien und Portugal muss man mindestens 500.000 Euro in eine Immobilie investieren, in Malta sogar 650.000. In den meisten Ländern kann man nach einiger Zeit sogar die jeweilige Staatsangehörigkeit beantragen. In Griechenland ist dies nach sieben Jahren der Fall, in Spanien nach zehn. In Portugal gibt es die Einbürgerung sogar schon nach sechs Jahren, ohne dass man sich im Land aufhalten muss.

Zypern, dessen Aufenthaltsgenehmigungen nicht besonders attraktiv sind, weil die Inselrepublik nicht zum Schengen-Raum gehört, vergibt sogar sofort einen EU-Pass an Investoren. Diese müssen dafür allerdings mindestens zwei Millionen Euro in Immobilien, zyprische Unternehmen oder Staatsanleihen investieren. Vor allem Russen sind daran interessiert.

Das nach dem Zusammenbruch des zyprischen Bankensystems 2013 aufgelegte Programm war nicht zuletzt als Entschädigung für russische Anleger gedacht, die bei der Liquidierung der Laiki Bank Milliarden verloren hatten. Die Rechnung ging auf: Die meisten Russen blieben trotz des Verlustes ihrer Bankeinlagen der Insel treu.

Die stetige Angst vor Missbrauch

Der Handel mit EU-Pässen und Aufenthaltstiteln ist ein Milliardengeschäft. Experten schätzen, dass damit pro Jahr sieben bis acht Milliarden Euro in die EU-Staaten fließen, die solche Programme betreiben. Das haben neben Anwaltskanzleien und Agenturen nun auch die griechischen Banken gemerkt. Vergangene Woche unterzeichnete die Piraeus Bank, Griechenlands größtes Geldinstitut, eine Vereinbarung mit Enterprise Greece.

Ziel der Kooperation ist, Interessenten für „Goldene Visa“ anzulocken. Die Bank kann davon gleich zweifach profitieren: als Finanzdienstleister bei den Transaktionen und als Immobilienverkäufer. Wie alle griechischen Geschäftsbanken sitzt Piraeus auf großen Immobilienportfolios, die während der Krise als Sicherheiten geplatzter Kredite in ihren Besitz übergangen sind.

Das Europäische Parlament versucht bereits seit langem, gegen den Visa-Missbrauch vorzugehen – und fordert einheitliche Standards der EU-Kommission für die bisher in nationaler Eigenverantwortung geregelte Pass- und Visavergabe. Tatsächlich liegt die Vermutung nahe, dass bei diesen Investitionen in vielen Fällen Geldwäsche im Spiel ist.

Die niederländische Europa-Abgeordnete Sophie in ’t Veld kritisiert eine „Doppelmoral“ der EU: „Jene, die hierher kommen um zu arbeiten, werden wie Kriminelle behandelt, und jene, die ihr Geld bei uns parken wollen, wie Könige.“

Während Griechenland sein Programm ausweiten will, tritt Zypern auf die Bremse. Die Inselrepublik steht besonders in der Kritik, weil sie immer mehr russische Geschäftsleute einbürgert. Im vergangenen Jahr verteilte Zypern 1013 „Goldene Pässe“, die meisten gingen an russische Familien. Jetzt steckt Nikosia zurück. In Zukunft werde man pro Jahr maximal 700 Pässe vergeben, teilte Finanzminister Haris Georgiades mit. Außerdem sollen die Überprüfungen verschärft werden, um Geldwäschern auf die Schliche zu kommen.

Zypern reagiert damit auf Kritik aus der EU an der bisher eher laxen Vergabepraxis. „Wir erkennen an, dass es Schwachstellen gab, und wir demonstrieren unseren Willen, diese Unzulänglichkeiten zu korrigieren“, sagte Georgiades.

Auch Zyperns Regierungssprecher Prodromos Prodromou räumt ein: „Es gab problematische Fälle.“ Künftig sollen die Anträge sehr viel eingehender geprüft werden. „Wir werden nicht mehr zulassen, dass Anwaltskanzleien und Steuerberater mit diesen Programmen Werbung machen, alles läuft von jetzt an über offizielle Kanäle“, sagt der Regierungssprecher. „Unsere Botschaft lautet: Dies ist keine Industrie.“