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Merkels riskante Trump-Strategie

Nach Trumps denkwürdigem Auftritt in Brüssel, trifft die Kanzlerin ihn beim G7-Gipfel erneut – sie will ihn im Wahljahr nicht zu sehr umwerben, aber auch nicht völlig verprellen. Ein schwieriger Balanceakt.

Wenn Angela Merkel sich noch irgendwelche Illusionen gemacht haben sollte, wie schwer eine „normale“ Beziehung mit Donald Trump werden würde, haben die beiden vergangenen Tage diese endgültig zerstört. Es ist noch nicht ganz geklärt, ob der neue US-Präsident wirklich die Deutschen bei seiner denkwürdig-angespannten Visite in Brüssel am Donnerstag „böse, sehr böse“ genannt hat oder nur unseren gewaltigen Handelsbilanzüberschuss als „schlecht, sehr schlecht“ einstufte (die Medienberichte darüber gehen auseinander).

Unbestritten festzuhalten aber ist: der Präsident war auch als Gast keineswegs in Gönnerlaune, er hielt unbeirrt an seinen Forderungen fest - etwa dass die Europäer, auch die Deutschen, endlich viel mehr Geld für ihre Verteidigung ausgeben müssten.

Kurz zuvor musste die Kanzlerin auch registrieren, dass der Draht zu „First Daughter“ Ivanka, den sie mühsam als Alternative zum impulsiven Vater geknüpft hatte, offenbar ziemlich brüchig ist. Merkel hatte Ivanka eingeladen, um im April beim W20-Gipfel in großer Runde zu sprechen, an der Seite von IWF-Chefin Christine Lagarde, die Trump-Tochter bezeichnete sich gar öffentlich als „Feministin“. Sie präsentierte zugleich mit großem PR-Aufwand die Idee eines Weltbank-Fonds, der Unternehmerinnen in aller Welt fördern sollte. Merkel lobte den Vorschlag überschwänglich - Deutschland ist auch dabei, sich in dem Fonds, dessen Details Ende Juni festgezurrt werden soll, finanziell zu beteiligen.

Aber wie die WirtschaftsWoche erfuhr, gibt es noch keine finanzielle Zusage der US-Regierung. Zudem wird Ivanka bei der Organisation des Fonds keinerlei Rolle spielen. Zu sehr darauf verlassen, dass Ivanka eine verlässlichere Partnerin als ihr Vater ist, sollte man sich in Berlin also nicht.

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Folglich bleibt das Verhältnis vor allem: complicated. Das war auch der Eindruck, den SPD-Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries gerade von ihrem mehrtägigen USA-Besuch in dieser Woche mitbrachte. Ihre Gesprächspartner präsentierten sich wenig kompromissbereit. Der neue US-Handelsbeauftragte Robert Lightizer sagte Zypries etwa, man „spiele mit allen Gedanken“, wenn es um mögliche neue Handelsschranken geht - Strafzölle gegen ausländische Einfuhren scheinen also möglich, auch ein Austritt der USA aus der Welthandelsorganisation WTO. Zugleich denken die Amerikaner laut darüber nach, auf Flügen in ihr Land die Laptopnutzung zu verbieten. Das mag ein Instrument zur Terrorabwehr sein. Manche sehen es aber auch als eine (handels)feindliche Maßnahme, die ausländischen Geschäftsleuten schaden soll.

Diese Debatten dürften weiter gehen, wenn Trump am Freitag und Samstag erstmals bei einem großen Gipfel – dem G7-Treffen in Taormina/Sizilien – auf Merkel trifft. Auch dann wird es vermutlich um strittige Themen wie Freihandel gehen – oder welches Thema auch immer Trump aufbringen will, um zu provozieren und seine heimischen Anhänger zu erfreuen.

Merkel wird weiter versuchen, ein vernünftiges Arbeitsverhältnis zu Trump aufzubauen. Das ist auch ihre Aufgabe als Kanzlerin. Merkel ist aber im Jahr 2017 immer auch Wahlkämpferin, etwa wenn sie im Juli als Gastgeberin des G20-Gipfels in Hamburg auch Trump empfängt. Dort erwartet man viele Tausend Demonstranten – und es könnte im Wahljahr durchaus zweischneidig für die Kanzlerin sein, wenn sie dem in Deutschland so verhassten Präsidenten zu sehr entgegen zu kommen scheint.

Auch deswegen hat Merkel sich ein wenig abzusichern versucht, in dem sie in dieser Woche gemeinsam mit Ex-Präsident Barack Obama in Berlin auftrat. Es war wie ein Blick zurück auf eine bessere transatlantische Zeit – besonders, als Obama Merkel überschwänglich lobte. Diese Wahlkampfhilfe der amerikanischen Art könnte rasch vergessen sein, wenn Trump mit einem neuen umstrittenen Vorschlag Merkel in eine schwierige Entscheidungslage bringt. Deswegen bleibt die Trump-Strategie der Kanzlerin riskant.

KONTEXT

Sieben Dinge, die man über die G7 wissen muss

Die Idee eines Gipfeltreffens der größten Industrienationen

Die Weltwirtschaftskrise brachte 1975 Bundeskanzler Helmut Schmidt und den französischen Präsidenten Valéry Giscard d'Estaing auf die Idee eines Gipfeltreffens der größten Industrienationen. Das Ziel: Die Erörterung der weltwirtschaftlichen Lage und die Suche nach Lösungsansätzen für globale Probleme.

Die "Gruppe der Sechs"

Beim ersten Gipfeltreffen auf Schloss Rambouillet bei Paris trafen sich die Staats- und Regierungschefs aus Frankreich, Deutschland, der USA, Großbritannien, Japan und Italien. Ein Jahr später kam Kanada hinzu. Aus der „Gruppe der Sechs“ wurde die G7.

Von G7 zu G8 und wieder zurück

Russland erhielt 2002 die Vollmitgliedschaft, die G8 existierte aber nur bis 2013. Wegen der russischen Annexion der Krim platzte 2014 der Gipfel im russischen Sotschi am Schwarzen Meer. Die G7 tagte stattdessen ohne Russland in Brüssel. Eine Rückkehr zur G8 ist derzeit kein Thema.

Die sieben führenden Industrienationen?

Der G7 gehörten in der Anfangszeit die sieben führenden Industrienationen der Welt an. Heute ist das nicht mehr so: Aus den Top 7 fehlen mit China die Nummer 2 und mit Indien die Nummer 7.

Weltwirtschaftsgipfel

In der Anfangszeit ging es bei den jährlichen Gipfeln vor allem um Wirtschaftsthemen. Die Treffen wurden deswegen auch Weltwirtschaftsgipfel genannt. Heute geht es neben den Wirtschaftsfragen um alle internationalen Krisen.

Keinen verbindlichen Charakter

Die G7 trifft keine verbindlichen Beschlüsse. Das Abschlussdokument hat keinen verbindlichen Charakter. Es geht bei den Treffen vor allem um einen Gedankenaustausch über die wichtigsten Themen dieser Welt.

Der Vorsitz der Gruppe

Der Vorsitz der Gruppe rotiert. Jedes Jahr finden die Gipfel in einem anderen Mitgliedsland statt. Dieses Jahr ist Italien an der Reihe. Die Staats- und Regierungschefs treffen sich in Taormina auf Sizilien.