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KI im Venture Capital: So finden die Crawler der Investoren euer Startup

André Retterath ist Partner bei Earlybird in München und ein Pionier im Bereich KI im VC-Geschäft.  - Copyright: Getty Images / PM Images + das für sein Foto, Collage: Gründerszene
André Retterath ist Partner bei Earlybird in München und ein Pionier im Bereich KI im VC-Geschäft. - Copyright: Getty Images / PM Images + das für sein Foto, Collage: Gründerszene

Es ist keine Zukunftsmusik mehr: KIs entscheiden, ob Startups eine Finanzierung bekommen oder nicht. Nie allein und nicht in jedem Fall, aber immer mehr VCs setzen KI ein, um, so ihr Wunsch, bessere Investments zu tätigen. Also solche, die möglichst viel Rendite einbringen.

Das stellt Gründerinnen und Gründer vor die Frage: Wie pitche ich denn vor einer KI? Was muss man tun, um von Crawlern gefunden und von Algorithmen als gut befunden zu werden? Welche Daten sind für die Maschine relevant? Wie beeindruckt man den KI-Investor? Und: Geht das überhaupt?

André Retterath ist Partner bei Earlybird in München und ein Pionier im Bereich KI im VC-Geschäft. Seit Jahren treibt er das Thema „data-driven VC“ voran und hat nun zum zweiten Mal einen jährlichen Report zu globalen „Data-driven VC Landscape 2024“ herausgegeben.

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Wir fassen für Euch zusammen, was da drinsteht – und liefern Anworten auf die Frage, wie Startups sich für „data-driven VCs“ (kurz: DDVCs) zurechtmachen sollten.

Was genau ist ein DDVC?

Weltweit zählt Retterath rund 190 solcher DDVCs. Er definiert diese unter anderen so: Neben Analysts, Investoren und Portfoliomanagern muss mindestens ein Programmierer im Team sein und die Firma muss nachweislich intern Tech-Tools entwickeln, die den Investmentprozess verbessern. Er zählt unter anderem Andreessen Horowitz, Atomico, Sequoia, Lightspeed, EQT und natürlich Earliybird dazu.

35 Prozent dieser DDVCs geben an, dass heute bereits die Hälfte ihrer Deals von KI eingeflogen wird. „Diese Fonds sind davon überzeugt, dass KI sie in die Lage versetzt, Daten umfassender zu erfassen, sie effizienter zu verarbeiten und schließlich Entscheidungen effektiver zu treffen. So, dass weniger Menschen mehr Arbeit in besserer Qualität erledigen können“, heißt es in dem Report.

Verbesserungspotential gebe es an so ziemlich allen Punkten des Prozesses: beim Sourcing, also der Suche nach Startups, beim Screening, also etwa bei der Durchsicht von Pitchdecks und Erstkontakten, bei der Due Diligence, dem Closing des Deals aber auch dann später bei der „Portfolio Value Creation“, also dem Portfoliomanagement, und beim Exit.

Wo kommt KI im Investmentprozess zum Einsatz?

Derzeit am häufigsten wird KI ganz zu Beginn des Prozesses eingesetzt, beim Sourcing und Screening. Denn da liegen die Stärken von Künstlicher Intelligenz: Sie kann besser, also schneller und im besten Fall fehlerfreier, große Datenmengen durchforsten als ein Mensch. Und: Die KI hat keinen Bias, ist nicht voreingenommen. Ein Problem, das Menschenm, ob ihrer Menschlichkeit, kaum loswerden: Es gibt Gründerinnen und Gründer, die sind einem Investor sympathisch – und andere nicht. Oft spielen gewisse Ähnlichkeiten, die beide haben, ungewollt und unbewusst eine Rolle. Sei es das gleiche Geschlecht, eine ähnliche Ausbildung, vergleichbare Wesenszüge.

Laut des Reports sourct ein Drittel der befragten VCs mehr als die Hälfte der Startups, in die sie später investieren, mithilfe einer KI. Die durchforstet das Netz nach neuen Firmen und Opportunitäten. Rund 75 Prozent nutzen KI beim Screening und Sourcing. Damit verändere sich der Investmentprozess – bei diesen Firmen – von „inbound“ hin zu „outbound sourcing“, heißt es in dem Report. Nicht die Gründer suchen Investoren, vielmehr müssen sie sich von Investoren finden lassen.

Drei entscheidende Frage ergeben sich daraus an den Herausgeber der Studie André Retterath:

1. Wo sollten Startups gelistet sein, um von einer VC-KI im Netz entdeckt zu werden?

„Die fortgeschrittensten datengetriebenen Fonds ziehen inzwischen von überall Daten, wo es legal möglich ist“, erklärt der Investor. Permanent laufen die Crawler durchs Netz. Das täten sie mit zwei konkreten Zielen: einerseits, um neue Unternehmen zu identifizieren, und andererseits, um möglichst vielen Daten von bereits identifizierten Unternehmen zu sammeln.

„Das Spektrum für die Identifikation umfasst nahezu alles, wo Unternehmen frühzeitig digitale Fußabdrücke hinterlassen – wie beispielsweise Onlineforen zum Finden von Mitgründern, Linkedin mit Angaben wie ‘Starting something new‘ oder ‘Stealth Mode‘.“ Aber auch das Handelsregister für die Unternehmensanmeldung und Produktwebseiten wie ProductHunt würden regelmäßig gecheckt. Pitchbook, Dealroom, Crunchbase, CBInside, Ventureexpert, Prequin werden in seinem Report ebenfalls als wesentliche Quellen genannt.

2. Welche Kennzahlen, Faktoren und Daten sind für die KI entscheidend?

„Wir unterscheiden regelbasierte und statistische Screeningansätze“, erklärt Retterath. Bei ersterem, dem regelbasierten Ansatz, legten die Investoren selbst fest, was sie sehen wollen. Beispielsweise einen Fokus in gewissen Industrien und Geographien oder Mitarbeiterwachstum und Website Traffic. „Beim statistischen Ansatz trainieren wir Klassifizierungsmodelle, um historische Muster von erfolgreichen Unternehmen zu entdecken“, so der Investor weiter.

„Es kann beispielsweise sein, dass bei einem Quick-Commerce Unternehmen Gründer mit ‚execution heavy‘-Hintergründen á la Consulting oder Investment Banking und mit einer Ausbildung an einer Business School erfolgreicher sind.“ Bei einem Kernfusionsunternehmen hingegen würden Gründer und Gründerinnen mit einem möglichst hohen akademischen Abschluss an einer Topuniversität und mit möglichst häufig zitierten Papern besser gerankt werden. „Das nennen wir Moderator-Variablen. Beispielsweise je nach Industrie verändern sich die Faktoren, die einen Unternehmenserfolg wahrscheinlicher machen.“

3. Was stört die KI und verringert die Chancen auf ein Investment?

„Es kommt darauf an, was für ein Unternehmen mit welchem Geschäftsmodell in welchem Markt die Unternehmer gründen“, sagt Retterath. „Es gibt jedoch auch generische Red Flags, wie beispielsweise schrumpfende Metriken auf Mitarbeiter, Website Traffic, Payment Data oder auch negative Reviews auf Produkt-, Mitarbeiter- und Referenzplattformen wie ProductHunt, Kununu oder Tegus.“ All diese Daten würden DDVCVs zusammenführen, um der KI eine möglichst breite Informationsbasis für die Vorauswahl und das kontinuierliche Monitoring der Unternehmen zur Verfügung zu stellen.

Entscheidet bald nur noch die KI?

Visionär und fortschrittlich zu handeln, ist für eine Investorin oder einen Investor Teil der Jobbeschreibung. Eigentlich. Schließlich geht es bei ihrem Beruf darum, in genau jene Produkte, Firmen und Teams zu investieren, die echte Innovationen vorantreiben. Wagniskapital ist nichts anderes als eine Wette auf die Zukunft.

Tatsächlich aber sind Investorinnen und Investoren auch nur Menschen. Wandel und Veränderung fällt manchen leichter und manchen nicht so sehr, beobachtet der Pionier André Retterath. „Wir sehen über die Venture Capital Branche hinweg, dass sich viele Investment-Professionals mit der kulturellen Umstellung und der Nutzung von datengetriebenen Tools und KI schwertun“, sagt er. „Veränderung ist auch hier leichter gesagt als getan. In der aktuellen Übergangsphase können insbesondere diejenigen Investoren erfolgreich sein, die proaktiv neue Tools ausprobieren und den Softwarestack eines Fonds mitdefinieren.“ Und eben auch jene Startups, die dafür gewappnet sind.