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Partnerschaften von Dax-Unternehmen mit Start-ups haben sich verfünffacht

Dax-Konzerne suchen die Zusammenarbeit mit Start-ups – doch die geringe Risikobereitschaft der etablierten Unternehmen bleibt ein Problem.

Leo Marose ist CEO und Mitbegründer des Berliner Start-ups StackFuel. Marose bietet Unternehmen an, die digitalen Kompetenzen ihrer Mitarbeiter mit Online-Trainings zu stärken. Das heißt: Weiterbildung im Programmieren, Kundendaten auswerten oder statistische Berechnungen durchführen.

Der Gründer suchte anfangs nach einem Förderprogramm für Start-ups. Dabei war ihm wichtig: „Wir wollten uns am Markt beweisen und nicht einfach nur unsere Anteile abgeben.“

Viele Großunternehmen bieten solche Start-up-Programme an, die sie mit großen Marketingmaßnahmen bewerben. Das Problem: Die Konzerne überprüften zu selten, ob die Start-ups auch wirklich zu ihnen passen. Eine erfolgreiche Zusammenarbeit bleibe dann oftmals für beide Seiten aus. Bei dem Förderprogramm Wayra sei das anders.

Das Programm, das zum Telefónica-Konzern gehört, überprüft Start-ups erst gründlich, bevor eine Zusammenarbeit entschieden wird. Marose und Wayra haben einen Monat lang getestet, ob das Konzept der Online-Weiterbildung, wie sie StackFuel anbietet, mit den Telefónica-Mitarbeitern zusammenpasst. „Erst danach ging das Programm richtig los“, erinnert sich Marose.

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Solche Programme, genannt Accelerator, helfen Start-ups durch Coaching zu einer schnelleren Entwicklung. Für Marose hat sich das gelohnt, denn: „Nach Abschluss des Programms konnten wir uns Telefónica als ersten Großkunden sichern.“

Maroses Schwierigkeiten sind kein Einzelfall in der deutschen Start-up-Branche: Laut einer aktuellen Studie des Bundesverbands Deutsche Start-ups und der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin, die dem Handelsblatt vorab vorliegt, gibt es fünfmal so viele Partnerschaften zwischen Start-ups und Dax-Unternehmen wie noch vor fünf Jahren.

Die Studie hat Start-up-Kooperationen, -Investments und -Übernahmen durch die Dax-30-Unternehmen untersucht. Das Ergebnis: 470 Start-ups haben seit 2011 eine Finanzierung erhalten oder sind eine Kooperation mit einem etablierten Unternehmen eingegangen.

Deutsche Telekom hat die meisten Kooperationen

Verglichen mit etwa 7000 existenten Start-ups ist diese Zahl nach wie vor gering, findet Florian Nöll, Vorsitzender des Startup-Verbandes. Auch Julian Kawohl, Professor für Strategisches Management an der HTW Berlin, sagt: „Die Unternehmen reden viel darüber, dass etwas getan werden muss. Letztendlich tun sie aber noch sehr wenig.“

Nur drei der 30 untersuchten Dax-Unternehmen sind wirklich daran interessiert, mit Start-ups zusammenzuarbeiten. Die Deutsche Telekom steht mit 60 Geschäftsmodellinvestitionen auf Platz eins, gefolgt von Pro Sieben Sat.1 Media und SAP. Zum Vergleich: Volkswagen habe seit 2011 in drei, Beiersdorf nur in ein Geschäftsmodell investiert.

Patrick Hansen, Referent für Start-ups beim Digitalverband Bitkom, findet jedoch nicht, dass es den deutschen Konzernen an Visionen mangelt oder sie Start-ups nicht akzeptieren: „Alle Unternehmen haben bereits realisiert, dass Start-ups der zentrale Treiber in der Wirtschaft sind. Die Digitalisierung steht bei den Unternehmen ganz oben auf der Prioritätenliste.“

Die Studienergebnisse belegen Hansens Einschätzung: Dax-Konzerne gehen mit etwa 77 Prozent der Start-ups eine Partnerschaft ein, die innovative Geschäftsmodelle entwickelt haben. Fast alle diese Modelle hätten einen Bezug zur Digitalisierung.

Große Unternehmen seien am häufigsten an innovativen Plattformen, wie zum Beispiel Airbnb oder SnappCar, interessiert. Produkt- und Prozessinnovationen spielen nur bei 23 Prozent der Partnerschaften eine Rolle.

Felix Reinshagen, CEO und Mitbegründer des Technologie-Start-ups NavVis, profitiert von einer Partnerschaft mit der Deutschen Telekom. Das Unternehmen aus München hat ein Indoor-Navigationssystem entwickelt, das Gebäude zentimetergenau vermessen kann. Die Telekom hat die Lösung in das eigene Produktportfolio integriert und bietet es ihren Kunden an – eine Win-Win-Situation.

Aus Reinshagens Sicht gebe es drei Gründe für die Spitzenreiterposition des Telekommunikationskonzerns: „Das Geschäftsmodell der Telekom bietet viele Möglichkeiten für Start-ups anzudocken.“ Der Konzern habe Förderprogramme oder Veranstaltungen zum Netzwerken entwickelt, die Start-ups nutzen können.

Nicht zuletzt spiele laut Reinshagen die Mentalität im Unternehmen eine große Rolle: „Will das Management die Partnerschaft wirklich oder sehen die Manager darin eher eine Marketing-Kampagne?“ Obwohl sich diese Einstellung in den vergangenen Jahren spürbar verbessert hätte, sei Deutschland insgesamt noch sehr konservativ gegenüber Start-ups eingestellt.

Unternehmen geben zu wenig für die Digitalisierung aus

Aber auch bei der Partnerschaft mit der Telekom gab es Schwierigkeiten zu überwinden, erzählt der Gründer: „Ein Konzern arbeitet aufgrund der Größe und Struktur deutlich langsamer als ein Start-up.“ Zudem muss sich ein Unternehmen besser gegen Risiken absichern – das Ergebnis: längere Vertragstexte und aufwändige Prozesse.

Kawohl, der die Studie mitverantwortet, hat einen Erklärungsansatz: „Nach wie vor sind Berührungsängste das größte Problem.“ Damit seien nicht nur die unterschiedlichen Unternehmenskulturen und -prozesse der beiden Partner gemeint. Etablierte Unternehmen würden vorwiegend in die eigene Forschung und Entwicklung investieren, anstatt auf innovative Ideen von Start-ups zu vertrauen: „In den Unternehmen heißt es oftmals: Was nicht von uns entwickelt wurde, kann nicht gut sein.“

Als Beispiel nennt Kawohl Siemens: Das Unternehmen habe 2017 zwar ein Budget von rund fünf Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung bereitgestellt. Aus seinen Analysen weiß Kawohl aber, dass Siemens davon nur ein Bruchteil für die Digitalisierung und Start-ups eingesetzt hat. Auch die Studie belegt: Mit 18 Geschäftsmodellinvestitionen liegt Siemens nur im Mittelfeld.

Start-up-Experte Hansen sieht das Problem woanders: „Strukturen und Plattformen, auf denen sich Start-ups und große Unternehmen treffen können, sind bislang noch Mangelware.“ Die Herausforderung sei es, beide Seiten überhaupt erst zusammenzubringen. Wirtschaftsverbände stünden jetzt in der Pflicht, diese Plattformen zu schaffen. Aus diesem Grund habe Bitkom vor fünf Jahren seine Start-up-Initiative ins Leben gerufen.

Der Verband bringe durch regelmäßige Veranstaltungen zu spezifischen Themen junge und etablierte Unternehmen zusammen. „Natürlich müssen aber auch die Unternehmen und Start-ups viel stärker Eigeninitiative zeigen und Partnerschaften suchen“, meint Hansen.

Management-Professor Kawohl sieht insbesondere die Regierung in der Pflicht, eine langfristige Strategie zu entwickeln, die bereits in der Schule und während der Ausbildung ansetzt: „Kreatives und unternehmerisches Denken muss stärker gefördert werden.“ Der Professor hofft, dass die positive Entwicklung bei den Partnerschaften in den nächsten Jahren anhält. Er befürchtet aber, dass sich die großen deutschen Unternehmen auf ihren Erfolgen ausruhen, denn: „Bei der Digitalisierung geht es hauptsächlich um Schnelligkeit. Diesbezüglich sind deutsche Unternehmen einfach noch zu langsam.“

In einem sind sich jedenfalls alle Experten alle einig: Deutsche Unternehmen haben die digitale Transformation und Start-ups auf ihrer Agenda. Jetzt müssten sie nur noch mehr Risikobereitschaft zeigen und schneller handeln.