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Badewannen auf dem Balkon - wie der 25hours-Gründer die Hotelbranche aufmischt

Badewannen! Klar, zumindest etwas besser ausgestattete Hotelzimmer brauchen auch Badewannen. Aber müssen die ausgerechnet auf den Balkonen stehen mit Blick über die ganze Stadt und also auch einsehbar für jeden Passanten, wenn da oben ein bleicher Senior-Account-Irgendwas in den Schaum steigt?

Transparenz wird im jüngsten Ableger der Hotelkette 25hours in Düsseldorf ganz neu definiert, auch wenn die verglasten Brüstungen noch abgeklebt werden sollen, verspricht Co-Gründer und Vorstandschef Christoph Hoffmann.

Das mit dem Abkleben müsste schnell gehen, denn tags darauf wird sein elftes 25hours-Hotel offiziell eröffnet.

Und weil Düsseldorf als besonders frankophil gilt, gibt es dort nun deutsche und französische Zimmer, die kein Nationalitätenklischee auslassen: In den deutschen Zimmern gibt‘s Wählscheibentelefone und nüchterne Büroleuchten. In den französischen… genau… die Balkonbäder und allerlei Oh-là-là-Accessoires.

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Hoffmann kommt gerade von Mallorca. Er ist knackbraun, das lockige Haar glänzt, die Cordjacke wirkt angeknittert, während er oben im 17. Stock seine Premierengäste begrüßt unter einem sechs Meter langen Concorde-Modell.

Der Bonsai-Überschalljet soll wohl die beiden Nachbarländer irgendwie versöhnen – deutsche Ingenieurskunst trifft französische Eleganz. Allein diese sperrige Memorabilie hat Hoffmann 32.000 Euro gekostet.

250 Tage im Jahr unterwegs

Wo findet der Mann all den Plunder – Pardon: die Interior-Pretiosen, mit denen er dann seine Hotels bestückt? Die schlichte Antwort: Er ist eigentlich immer unterwegs. 250 Tage im Jahr. Trotz chronischer Flugangst. Mal auf dem Antiquitätenmarkt von L’Isle-sur-la-Sorge in der Provence, mal im New Yorker Museum of Modern Art, wo er sich Anregungen holte für ein Hotelprojekt in Florenz.

Klar, dort soll bald Dantes „Göttliche Komödie“ inszeniert werden, denn das ist ja der Witz seiner Hotelkette: Jedes Haus ist anders. Speziell.

Und ein bisschen irre – eben wie Hoffmann, der im Saarland geboren wurde, in Schwaben aufwuchs, in Stuttgart den Beruf des Reiseverkehrskaufmanns abschloss und unter anderem im legendären American Colony Hotel in Jerusalem das Gewerbe lernte.

Der Mann lebt und liebt Hotels, seit er nach dem Abi mit seinem besten Freund in einem Ford Fiesta nach Südfrankreich rumpelte. In Èze saßen sie dann in einer kleinen Pizzeria, schauten über die Dächer aufs Meer hinaus und schmiedeten Pläne. Solche Typen werden später desillusionierte Taxifahrer. Oder fröhliche Unternehmer. Hoffmann will lieber machen als nörgeln. Und er macht viel.

Als rund um den Hamburger G20-Gipfel im vergangenen Jahr die gesamte Hafencity, in der auch zwei seiner Hotels liegen, zur Hochsicherheitszone erklärt wurde, versteigerte Hoffmann via Ebay Übernachtungen in einer eigens gestalteten Trump-Suite – „mit dem schmerzhaft üppigen Geschmack“ des US-Präsidenten, also: goldener Föhn und Fake Koffer samt atomaren Abschusscodes.

So halten sie es bei 25hours, seit das Unternehmen im Jahr 2005 gegründet wurde von Hoffmann und seinen Partnern Kai Hollmann, Stephan Gerhard und Ardi Goldman, der übrigens gerade eine Haftstrafe antreten muss wegen Korruption bei einem ganz anderen Immobiliendeal.

Jedes Hotel soll seine ganz eigene Design-Seele bekommen. Andere Ketten von Motel One bis Ritz Carlton setzen darauf, dass der Gast überall ein ähnliches Bild und Prozedere vorfindet.

Auf Geschäftsreisende kann das durchaus beruhigend wirken. Aber statt „Kennst du eins, kennst du alle“ heißt es bei Hoffmann: „Kennst du eins, kennst du keins“.

Die 25hours-Macher setzen auf Überraschung. Für jedes Hotel denken sie sich eine adäquate Geschichte aus. In München zum Beispiel gibt’s statt Plastikbecher für die Zahnbürste eben einen Krug, und der Klodeckel darf auch mal schwarz sein wie die CSU.

Interessanterweise will ausgerechnet Hoffmann bei aller Revolutionslust eher die Speerspitze einer neuen analogen Avantgarde sein.

Während andere Ketten ihren Gästen iPad-Steuerung und Rund-um-Service samt Ein- und Auschecken via Smartphone-App offerieren, glaubt der 53-Jährige schon wieder an echtes, anfassbares Leben. Also eher ein Backgammon-Spiel auf dem Zimmer oder einen richtigen Plattenspieler.

Zielgruppe: globale Nomaden

Für ihn ist klar, dass der Hotelkunde der Zukunft ein globaler Nomade wie er selbst ist: leicht entwurzelt und immer mehr bereit, Wohnen mit Arbeiten zu verbinden. Also müssen Hotels Inspiration und Heimat zugleich werden.

Zwar experimentiert die ganze Branche derzeit mit allerlei neuen Übernachtungskonzepten. Aber kaum ein Unternehmen geht dabei so rigoros in die Vollen wie 25hours, dessen Namensursprung nicht mal Hoffmann mehr so genau parat hat. Gab in Hamburg mal einen Plattenladen namens „25 Records“.

Und die eine Stunde mehr als der übliche 24-Stunden-Tag – das erreicht ja schon metaphysische Erklärebenen.

Jedenfalls schlug die Strategie schnell ein, auch im Rest des Gewerbes: „Großartiges, cooles Konzept, das genau zur richtigen Zeit den richtigen Zeitgeist in den Städten getroffen hat“, findet Jan Henric Buettner, Eigentümer des Luxus-Resorts Weissenhaus an der Ostsee. „25hours ist einer der Vorreiter im stark wachsenden Segment der Lifestyle-Hotellerie“, sagt Moritz Dietl, geschäftsführender Partner der Münchener Rating- und Beratungsfirma Treugast. „Das Konzept funktioniert, das Wachstumspotenzial ist groß.“

2017 wurde Hoffmann zum „Hotelier des Jahres“ gekürt. 25hours sei eine „Blaupause für moderne, lokal verankerte Lifestyle-Hotels“, lobte die Jury.

Nicht nur das Image stimmt, sondern offenbar auch die Bilanz: Das Unternehmen soll dieses Jahr mit über 1000 Beschäftigten mehr als 100 Millionen Euro Umsatz machen. Die Auslastung liegt im Schnitt bei sehr guten 82 Prozent, der Zimmerpreis changiert je nach Ort, Zeit und Schnäppchen zwischen 120 und 350 Euro.

Der Gewinn liegt bei acht bis zehn Prozent, auch wenn nicht jedes Objekt auf Anhieb brummt: Bei seinem ersten Züricher Hotel habe er zumindest anfangs echte Existenzängste bekommen, sagt Hoffmann: Das Haus liegt im Nichts eines Neubaugebiets. In den ersten Monaten waren nur der Regen sowie die extrem hohen Schweizer Personalkosten eine Konstante.

Auch deshalb ist Hoffmann froh, mittlerweile die Accor-Kette als Teilhaber hinter sich zu wissen. Vor zwei, drei Jahren fiel ihm auf: „Hoppla, das wird jetzt echt groß.“ Er bekam allmählich Angst vor der eigenen Courage und fing an, mit großen Luxusketten zu plaudern.

Dass dann ausgerechnet Accor einstieg, zu dem auch die Novotel-, Mercure- und Ibis-Herbergen gehören, klang zunächst, als kaufe sich Ikea bei Manufactum ein. Aber die Franzosen lassen diese komischen Deutschen machen. Sie haben sogar die Option, bis 2023 die Hamburger Firma komplett zu übernehmen.

Bis dahin will Hoffmann am Steuer bleiben. Und dann? Die Altgesellschafter rollen schon ein neues Projekt auf: In Port de Sóller auf Mallorca bauen sie ihr erstes „Leisure Hotel“ namens Bikini Island & Mountain. Hoffmann wundert sich selbst: Früher hat er mit seiner Frau davon geträumt, irgendwann ein kleines Landhotel in Südfrankreich zu besitzen. Jetzt denkt er über weltweite Expansionspläne nach.

Dieses Jahr werden neben Düsseldorf noch zwei weitere 25hours-Dependancen eröffnen – in Köln und Paris. Weitere sollen folgen – in Miami, Melbourne und ganz konkret in Dubai, wo bis 2020 richtig geklotzt werden soll mit einem 435-Zimmer-Riesen. Während Accor gern Tempo macht, bleibt Hoffmann Sorgfalt und Spaß wichtig. Ganz egal, ob seine Pariser Miteigentümer Badewannen auf Balkons nun für typisch französisch halten oder nicht.