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Amazon droht EU-Strafe wegen Missbrauchs seiner Marktmacht

Wettbewerbskommissarin Vestager wirft dem Onlineriesen vor, sich unlautere Vorteile gegenüber anderen Händlern auf seiner Plattform verschafft zu haben.

Der US-Onlinehändler Amazon bekommt Ärger mit den EU-Kartellwächtern. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager wirft dem Konzern vor, unabhängige Anbieter zu benachteiligen, die Amazons Online-Marktplatz nutzen.

Dem Unternehmen drohen damit Strafzahlungen, die theoretisch bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes erreichen könnten. Amazon widersprach den Vorwürfen und verwies darauf, weniger als ein Prozent des globalen Einzelhandelsmarktes auszumachen. Die Aktie gab vorbörslich in den USA nach.

Vestager wirft Amazon konkret vor, seine Doppelrolle als Anbieter und als Plattform für hunderttausende eigenständige Händler in Deutschland und Frankreich missbraucht zu haben. „Daten über die Tätigkeit unabhängiger Verkäufer sollten von Amazon nicht zum eigenen Vorteil genutzt werden, wenn das Unternehmen mit diesen Verkäufern konkurriert“, sagte sie. Der Konzern sei die führende Plattform im boomenden Onlinehandel, deshalb sei ein fairer Zugang für den Kunden wichtig.

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Die Beamten der Brüsseler Behörde sehen nach rund zweijährigen Ermittlungen klare Hinweise darauf, dass Amazon seine dominante Stellung missbraucht hat. Amazon werte systematisch und hochautomatisiert aus, welche Produkte anderer Händler sich auf dem Marktplatz gut verkaufen oder wie häufig die Kunden bestellte Waren umtauschten, so Vestager.

Dadurch könne der Konzern leichter entscheiden, welche Waren es selbst anbiete und wie es die Preise festlege. Obwohl der Konzern selbst nur einen kleinen Teil aller Produkte auf seiner Plattform anbiete, entfalle „der Löwenanteil der Transaktionen“ auf ihn.

Die Kartellwächter erheben auch noch einen zweiten Vorwurf: Sie verdächtigen Amazon, dass das Unternehmen die eigenen Warenangebote sowie die Angebote unabhängiger Händler bei der Präsentation bevorzugt habe, die die Logistik von Amazon abwickeln lassen. Dabei geht es darum, welcher Anbieter in die sogenannte Buy Box kommt, also den bevorzugten Platz bei einer Produktsuche. Amazon kann nun noch Stellung nehmen zu den Vorwürfen und so versuchen, eine Strafe abzuwenden.

Vestager hat sich einen Ruf erarbeitet, hart gegen die mächtigen Tech-Riesen vorzugehen – vor allem aus den USA. Gegen Google verhängte sie gleich drei Bußgelder in Milliardenhöhe.

Studien belegen, welche starke Stellung der US-Konzern auch im deutschen Einzelhandel bereits einnimmt. Laut „E-Commerce Germany Report“ ist der Umsatz auf der Plattform im zweiten Halbjahr 2019 um 35 Prozent gewachsen ist, im gesamten deutschen Handel dagegen nur um 9,8 Prozent. Mehr als die Hälfte der Verbraucher startet mittlerweile ihre Produktrecherche im Netz gleich in der Suchmaske von Amazon.

Ein kaum verzichtbarer Verkaufskanal

Wegen der großen Reichweite, die ein Verkauf über die Plattform von Amazon kleineren Händlern bringt, kann sich kaum einer erlauben, auf diesen Verkaufskanal zu verzichten. Deshalb trauen sich kleinere Händler in der Regel nicht, offen Kritik an dem Plattformbetreiber zu äußern.

Eine Ausnahme machte kürzlich Markus Winterscheid, ein Händler für Geschenkartikel, dem Amazon ohne Vorwarnung die Lieferzeit für seine Artikel um einen Monat verlängerte: „Nach welchen Kriterien Amazon entscheidet, ist überhaupt nicht nachvollziehbar, die Kommunikation ist miserabel“, schimpfte Winterscheidt. Der Marktplatzbetreiber nutze seine Machtposition aus, „wie ich als Händler überlebe, interessiert die nicht.“

Das Misstrauen vieler Händler gegenüber Amazon ist deshalb groß. Etliche machen die Erfahrung, dass es nicht lange dauert, bis Amazon ein eigenes Konkurrenz-Produkt anbietet, wenn sich ihre eigenen Produkte auf der Plattform gut verkaufen. Auch berichten sie, dass es immer schwerer werde, in die sogenannte Buy Box zu kommen. Immer häufiger tauchten dort Eigenprodukte von Amazon auf, heißt es.

Viele Dritthändler gehen davon aus, dass Amazon dazu die Kundendaten nutzt, die es als Plattformbetreiber gesammelt hat. Beweisen jedoch können die Dritthändler das nicht. Auch deshalb hoffen sie, dass die EU-Ermittlungen mehr Klarheit bringen.

Für das Verfahren gegen den Onlineversandhändler gibt es auch Beifall aus dem Europaparlament. Allerdings zeige auch diese Untersuchung wieder, „dass wir in Europa zulange brauchen im Vorgehen gegen digitalen Plattformen und ihre unfairen Methoden“, sagte der Binnenmarkt-Sprecher der Christdemokraten, Andreas Schwab (CDU).

Vorschläge für eine strengere Regulierung der Digitalriesen

Auch die Kommission will es künftig nicht mehr dabei belassen, Wettbewerbsvergehen im Nachhinein zu ahnden. Vestager und Binnenmarktkommissar Thierry Breton arbeiten derzeit an Vorschlägen für eine strengere Regulierung der Digitalriesen. Sie dürften Anfang Dezember veröffentlicht werden und müssen anschließend noch von EU-Mitgliedstaaten und Europaparlament beraten und verabschiedet werden.

Dazu dürfte auch eine Liste mit Verhaltensregeln gehören, die speziell für große und marktmächtige Plattformen wie Amazon, Google oder Facebook gelten sollen. Laut Entwürfen der „Blacklist“ könnte den Unternehmen dann untersagt sein, die eigenen Angebote auf ihrer Plattform zu bevorzugen.

Auch dürften sie die dort gesammelten Daten nicht für die Verbesserung des eigenen Angebots nutzen, ohne sie auch Konkurrenten zur Verfügung zu stellen. Dies würde beides auf Amazon zielen.

Die Bundesregierung hat in ihrer Reform des Wettbewerbsrechts bereits ähnliche Maßnahmen geplant. Die Bundestagsfraktionen von Union und SPD wollen die Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) nun im Lichte der Brüsseler Vorschläge noch einmal anpassen und vor Weihnachten verabschieden.

Der Vize-Vorsitzende des Digitalausschusses, Hansjörg Durz (CSU), sieht Interessenkonflikte in der Doppelrolle als Plattformanbieter und Händler bereits angelegt: „Kein Konzern kann gleichzeitig Mitspieler und Schiedsrichter sein“. Der Fall Amazon zeige, dass die neuen Regeln auf EU- wie auf nationaler „zwingend ein Selbstbegünstigungsverbot enthalten müssen“.