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„Die alte Rhön-DNA ist nicht mehr zukunftsfähig“

Der Vorstand und der Aufsichtsrat des Krankenhauskonzerns Rhön-Klinikum werben bei den Aktionären für den Strategieschwenk. Unterdessen verhindert Anteilseigener Asklepios auf der Hauptversammlung einen Aktienrückkauf.

Aufbruch, Strategieschwenk, Zeitenwende: Das Vokabular der Redner auf der Hauptversammlung des Krankenhauskonzerns Rhön-Klinikum am Mittwoch machte den Aktionären des S-Dax-Konzerns deutlich, dass die Zeichen im Hause Rhön auf Umbruch stehen. „Die alte Rhön-DNA ist so nicht mehr zukunftsfähig“, sagte der seit Februar amtierende Vorstandvorsitzende Stephan Holzinger und verwies auf die bisher im Krankenhauskonzern praktizierte große Eigenständigkeit der Kliniken. Die ist auch ein Grund dafür, warum Rhön-Klinikum in den vergangenen Monaten nicht so profitabel arbeitete, wie es der Konzern eigentlich könnte.

Der neue Vorstandvorsitzende will das ändern. Die elf Kliniken an fünf Standorten sollen nun inhaltlich enger zusammenarbeiten, Verwaltungsstrukturen werden optimiert und in Einkauf und Materialwirtschaft eingespart werden. In diesem Jahr, ein Übergangsjahr, soll der Klinikkonzern um rund vier Prozent auf 1,2 Milliarden Euro wachsen, der operative Gewinn (Ebitda) soll maximal 105 Millionen Euro erreichen und wird damit rund ein Drittel unter dem Vorjahreswert von 157 Millionen Euro liegen. Aber es gibt auch gute Nachrichten. Mit dem Land Hessen hat Rhön-Klinikum kürzlich ein Einigung über die Zuwendungen für das zum Konzern gehörende Universitätsklinikum Gießen-Marburg Hessen erreicht, dass dem Klinikum höhere Vergütungsbeträge sichert.

Für den großen Wandel bei Rhön-Klinikum stehen allerdings andere Themen wie vernetzte Versorgung und Digitalisierung. Am Stammsitz in Neustadt baut Rhön-Klinikum einen Gesundheitscampus, auf dem ambulante und medizinische Leistungen miteinander verzahnt angeboten werden und im ganzen Konzern sollen neue IT-Lösungen wie die elektronische Patientenakte und Computerassistenzsysteme vorangetrieben werden.

„Das kann großartig werden. Aber die Veränderungen bergen auch ein großes Risiko“, sagte Andreas Schmidt von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. „Viele Aktionäre müssen sich bewusst sein, dass das Risikoprofil von Rhön-Klinikum deutlich gestiegen ist. Das ist nicht mehr der ruhige Krankenhauskonzern“, so Schmidt.

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Ruhig ging es im Rhön-Klinikum in den vergangen Monaten ohnehin nicht zu. Das räumt auch Firmengründer und Aufsichtsratschef Eugen Münch vor den versammelten Aktionären ein. Nachdem die Betriebsergebnisse 2016 bröckelten und sich die Stimmung im Vorstand zunehmend verschlechterte, entstand ein Zustand der „Angststarre“, wie Münch den Aktionären beschrieb. Mit dem neuen Chef Holzinger sollte der nötige Impuls für die Umsetzung der neuen Strategie kommen. Münch verhehlte nicht, dass es mit Finanzchef Neumann Differenzen über die Digitalisierungsstrategie gegeben haben. Das sei aber kein persönlicher Konflikt zwischen ihm und Neumann gewesen, sondern der CFO habe sich gegen Zukunftsprojekte gestellt, für die sich der gesamte Aufsichtsrat ausgesprochen habe.

Wie die Aktionäre auf weitere Nachfragen der Aktionärsvertreter hin erfuhren, wurde dem ehemaligen Finanzchef vom Aufsichtsrat wegen „bestimmter Sachverhalte bei Dienstreisen“ gekündigt. Neumann streite eine Pflichtverletzung ab, so Münch, deswegen gebe es nun eine rechtliche Auseinandersetzung um die Kündigung. Aus diesem Grund taucht der Name des ehemaligen CFO nach Angaben Münchs übrigens auch nicht in der Tagesordnung beim Punkt Entlastung des Vorstandes auf. Sollte nichts dagegen sprechen, werde Herr Neumann bei der nächsten Hauptversammlung zur Entlastung vorgeschlagen, kündigte Chef Holzinger an.

Rhön-Klinikum hatte im Herbst 2013 rund 40 Kliniken an den Fresenius-Konzern verkauft. Eugen Münch wollte damit seinen Traum von einem flachendeckenden Kliniknetzwerk doch noch zur Umsetzung verhelfen. Zuvor hatten der Klinikkonzern Asklepios und der Medizintechnikkonzern B. Braun mit ihrem Einstieg bei Rhön-Klinikum eine Komplettübernahme von Rhön-Klinikum durch Fresenius verhindert. Mittlerweile haben sowohl Asklepios-Gründer Bernard große Broermann als auch Ludwig Georg Braun Aktien zugekauft und halten nun mit jeweils mehr als 25 Prozent die Sperrminorität. Eugen Münch hält aktuell 11,5 Prozent der Aktien, hat aber Termingeschäfte geschlossen, die es ihm erlauben, auf mehr als 17,4 aufzustocken. Gemeinsam mit den Anteilen seiner Frau Ingeborg könnte er perspektivisch ebenfalls die Sperrminorität erreichen.

Was die drei großen Investoren mit Rhön-Klinikum vorhaben, dazu bekamen die Aktionäre auf der Hauptversammlung keine weiteren Information. Nur dass sowohl Vorstandschef Holzinger wie auch der Firmengründer Münch die Aktienkäufe als „Vertrauensbeweis in die unternehmerische Strategie“ bewerten. „Es ist nicht so, dass wir uns ständig umarmen“, beschreibt Münch das Verhältnis der drei großen Investoren: „Aber keiner würde über den anderen sagen, dass er ein Geldverbrenner sei.“

So ganz harmonisch scheint es nun aber doch nicht zuzugehen im Anteilseigner-Kreis, denn die auf der Hauptversammlung vorgeschlagene Ermächtigung zum Aktienrückkauf bekam mit 67 Prozent Zustimmung nicht die notwenige Stimmenmehrheit. Blockiert hatte diesen Tagesordnungspunkt Asklepios mit seiner Sperrminorität, wie das Handelsblatt aus Branchenkreisen erfuhr. Rechtsanwalt Wolfgang Schärfe, Vertreter der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, wertet das als eine gegen Firmengründer Münch gerichtete Aktion: „Nützen würde ein Aktienrückkaufprogramm vor allem Herrn Münch, der im Falle eines Pooling der Stimmen mit seiner Frau dann die Hürde Sperrminorität auf diesem Wege günstiger als durch weitere Aktienkäufe erlangen kann“, so Schärfe.

Den anderen Tagesordnungspunkten und damit der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat stimmten die Aktionäre (rund 80 Prozent des stimmberechtigten Kapitals waren anwesend) mit Quoten von weit jeweils 97 bis fast 100 Prozent zu. Lediglich bei der Entlastung von Stephan Holzinger, der 2016 noch Mitglied des Aufsichtsrats war, fiel die Zustimmung mit 67,2 Prozent deutlich geringer aus. Und dass B. Braun-Finanzchefin, Annette Beller, nun neben Ludwig-Georg Braun einen weiteren Sitz für den Medizintechnikkonzern im Rhön-Aufsichtsrat innehat, befürworteten nur 57,32 Prozent der stimmberechtigten Aktionäre.