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Zickenkrieg um Landegebühren

Lufthansa und Ryanair in Frankfurt - Zickenkrieg um Landegebühren

Für seinen Widersacher fand Ryanair-Chef Michael O’Leary vor einem Jahr nur lobende Worte. Der Lufthansa-Chef sei ein „cleverer Kerl“, sagte er dem Handelsblatt, was Ryanair das Geschäft erschwere. Frankfurts Flughafengesellschaft etwa, an der Spohrs Airline mehr als acht Prozent der Anteile halte, zeige gegenüber dem irischen Billigflieger „kein Entgegenkommen“. Wohl erst in „fünf oder zehn Jahren“ werde man dort eine Starterlaubnis erhalten.

Nun aber fällt die letzte Bastion der Kranich-Airline früher als erwartet. Ab kommendem Jahr stationiert Ryanair an Europas drittgrößtem Luftdrehkreuz zunächst zwei Flugzeuge, um die Flotte langfristig sogar mit weiteren Fliegern auszubauen. Was den überraschenden Umschwung brachte: O’Leary soll in Frankfurt ein Rabatt von 15 bis 20 Prozent in Aussicht gestellt worden sein, heißt es in Branchenkreisen.

Doch den will nun auch Carsten Spohr. „Das würde uns im kommenden Jahr eine Kostensenkung von 200 bis 300 Millionen Euro bringen“, hofft der Airline-Chef auf einen ähnlichen Verhandlungserfolg, wie ihn die Iren erzielten. Auf Spohrs Forderungen hat die Flughafengesellschaft Fraport bislang noch nicht reagiert, heißt es bei . Seinen Hebel ansetzen will Spohr beim hessischen Verkehrsministerium, das die Flughafengebühren – auch für Ryanair – genehmigen muss.

Dem neuen Rivalen in Frankfurt wird der Lufthansa-Konzern kurzfristig kaum etwas entgegensetzen. Mit der Billigmarke Eurowings startet er zwar schon im kommenden Jahr am Drehkreuz München. „In Frankfurt schaffen wir es aber frühestens 2018“, sagte der Vorstandschef.

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Gleichzeitig schraubt Lufthansa die Wachstumsziele zurück. Europas größte Airline, die in Frankfurt ihre Hauptdrehscheibe besitzt, will ihr Angebot im vierten Quartal nun nur noch um 8,7 Prozent ausweiten – und damit um einen Prozentpunkt weniger als ursprünglich vorgesehen.

„Dem Preisdruck im Luftverkehr begegnen wir mit konsequenter Kapazitäts- und Kostendisziplin“, sagte Spohr. Weil unrentable Strecken gestrichen werden, wächst das Flugangebot im Gesamtjahr nur noch um 5,2 Prozent – statt der zunächst geplanten 5,4 Prozent.

Auch die Investitionen fallen 2016 geringer aus als zum Jahresbeginn angepeilt. Lediglich 2,5 Milliarden Euro will Lufthansa für neue Flugzeuge ausgeben, und damit 200 Millionen Euro weniger als erwartet. Grund dafür sind laut Spohr Lieferverzögerungen des Herstellers Bombardier, den die Konzerntochter Swiss mit der Lieferung von Kurzstreckenjets der C-Serie beauftragt hat. Zwar würden die Ausgaben dadurch 2017 leicht steigen, für 2018 aber kappte er den ursprünglichen Investitionsplan ebenfalls um 300 Millionen auf 2,2 Milliarden Euro.

Spohr kündigte außerdem an, für die Kurzstrecke verstärkt Gebrauchtmaschinen erwerben zu wollen. Das reduziere nicht nur die Kosten, da man sich auf dem Gebrauchtmarkt günstig bedienen könne. Wegen der verbesserten Technik hätten die Flugzeuge zudem eine längere Lebenszeit. „Dadurch können wir die Gesamtinvestitionen senken und über die nächsten Jahre stabilisieren“, sagte Spohr.

Schon jetzt fliege Eurowings mit einigen gebrauchten Airbus-330-Maschinen, die Konzerntochter Austrian Airlines besitze gebrauchte Maschinen vom Typ Boeing 777.

Die Aktie legte heute Morgen leicht um 1,2 Prozent auf 11,60 Euro zu. Anleger hatten in den vergangenen Wochen allerdings eine Achterbahnfahrt erlebt. Zunächst warnte Lufthansa davor, die ursprünglichen Ertragsziele für 2016 nicht mehr erreichen zu können. Am 20. Oktober dann revidierte die Airline ihre Gewinnwarnung und stellte in Aussicht, die 1,8 Milliarden Euro Betriebsgewinn des Vorjahres nun doch zu schaffen. Jetzt bestätigte Spohr diese Prognose.


„Mehr als den vereinbarten Mietpreis werden wir nicht bezahlen“

Die Neun-Monats-Zahlen waren dagegen keine Überraschung. Den Betriebsgewinn von 1,68 Milliarden Euro für die ersten drei Quartale hatte die Airline bereits vor zwei Wochen veröffentlicht, ebenso den Neun-Monats-Umsatz von 23,9 Milliarden Euro – ein Minus von 1,8 Prozent. Zwar stieg die Anzahl der Ticketverkäufe, der Umsatz pro Sitzkilometer aber ging im dritten Quartal um 6,7 Prozent zurück – wegen der Konkurrenz durch Low-Cost-Carrier wie Ryanair, Easyjet oder Transavia, aber auch aufgrund der gefallenen Kerosinkosten, die zum Teil an die Passagiere weitergegeben wurden.

Die Kosten pro Sitzkilometer drückte Lufthansa dagegen lediglich um 2,1 Prozent. Zugute kam der Airline, dass im August eine Einigung mit der Kabinenpersonal-Gewerkschaft UFO erzielt wurde. Die Neuregelung der Altersvorsorge habe die Verbindlichkeiten um 900 Millionen Euro reduziert, berichtete .

Mit der Expansion der hauseigenen Billigmarke Eurowings zeigte sich Spohr zufrieden, auch wenn die Expansion die Billigtochter mit minus 35 Millionen Euro beim Betriebsergebnis (Ebit) wieder unter die Nulllinie drückte. „Die Erweiterung der Eurowings-Group kommt mit der angestrebten Wet-Lease-Vereinbarung mit Air Berlin und der geplanten vollständigen Übernahme von Brussels Airlines gut voran“, sagte er.

Bedenken, nach denen die eigenen Kosten durch die Mieteinnahmen nicht decken wird und damit existenzgefährdet bleibt, schob Spohr beiseite. „Mehr als den vereinbarten Mietpreis können und werden wir nicht bezahlen“, sagte er. Bei einem erhöhten Preis werde es keine Unterschrift unter dem Vertrag geben.

KONTEXT

Der Umbau von Germanwings zu Eurowings

Germanwings

Germanwings war mit seiner Basis am Flughafen Köln/Bonn einst die drittgrößte Fluggesellschaft Deutschlands.

Quelle: dpa

Umbau

Auf Sicht wird die Marke allerdings in den kommenden Jahren von den Rollfeldern verschwinden, weil der Lufthansa-Konzern sein komplettes Billigflugangebot mittlerweile über die Plattform Eurowings organisiert.

Konkurrenzkampf

So will sich der Konzern im Kampf gegen Konkurrenten wie Easyjet und Ryanair behaupten.

Kein Markenauftritt

Die Marke Germanwings, die 2002 gegründet und 2013 neu gestaltet wurde, hat seinen eigenständigen Markenauftritt bereits ebenso verloren wie seine Präsenz im Internet und im Vertrieb.

Jets

Die Germanwings-Jets werden in den kommenden Jahren umgestaltet.

Germanwings-Absturz

Der Name Germanwings wird noch lange mit dem wohl vom Co-Piloten herbeigeführten Absturz des Flugs 4U9525 verbunden werden, bei dem im März 2015 alle 150 Menschen im Flugzeug ums Leben kamen.

Verzögerter Markenwechsel

Der Markenwechsel hin zu Eurowings war aus unternehmensstrategischen Gründen aber schon vor der Katastrophe beschlossene Sache - die Tragödie hat den Umbau eher verzögert als beschleunigt.

KONTEXT

Wer hat was von der Air-Berlin-Zerschlagung?

Die Beschäftigten

Air Berlin will bis zu 1200 Vollzeitstellen streichen. Den Mitarbeitern sollen Möglichkeiten zur Weiterbeschäftigung innerhalb der Etihad Airways Partners Group angeboten werden. Das fliegende Personal dürfte dagegen zunächst keine Entlassungen fürchten, weil die geplanten Flüge unter der Eurowings-Flagge ja weiter absolviert würden. Bei allen beteiligten Airlines machen sich die Gewerkschaften dennoch Sorgen um das bisherige Lohn-Niveau und die Sicherheit der Arbeitsplätze. Bei Air Berlin hieß es: "Das Unternehmen nimmt unverzüglich Gespräche mit Vertretern der Betriebsräte auf, um bis Februar 2017 freiwillige und betriebsbedingte Kündigungen zu bestätigen."

Die Passagiere

Weniger Auswahl, höhere Preise - das ist die Gleichung, die der Wettbewerbsexperte Justus Haucap für den Lufthansa-Air-Berlin-Deal aufmacht. "Die Erfahrung zeigt: Wenn man auf einer Strecke die Reduktion von zwei auf einen Anbieter hat, muss man schon sehr gutgläubig sein, wenn man denkt, dass die Preise dort nicht steigen." Konkurrenten wie Ryanair und Easyjet bräuchten Zeit, um auf den Strecken nachzuziehen. "10 bis 20 Prozent höhere Preise halte ich für realistisch. Das würde vor allem Vielflieger und Geschäftsreisende treffen." Der Experte geht davon aus, dass das Geschäft ein Fall für das Bundeskartellamt wird, das dann möglicherweise wieder für mehr Wettbewerb auf den Strecken sorgt. "In anderen Fusionsverfahren gab es beispielsweise die Auflage, einzelne Slots (Start- und Landerechte) für die Konkurrenz freizugeben."

Air Berlin selbst sieht den Schritt dagegen als Voraussetzung für mehr Effizienz. "Eine schlankere, dynamische und stärkere Air Berlin ist zukunftsfähig", betonte Vorstandschef Stefan Pichler. Im Langstrecken-Geschäft sei sogar der Aufbau neuer Verbindungen vor allem in die USA geplant.

Lufthansa

Europas größter Luftverkehrskonzern ist im Billigsegment auf Aufholjagd und will dringend wachsen. Die Europaflotte der Eurowings von derzeit 90 Jets würde mit dem Leasing-Deal schnell und ohne großes wirtschaftliches Risiko um bis 35 Maschinen wachsen und das vorhandene Netz aus Hamburg und Stuttgart ergänzen. Mit einer schnellen Übernahme der touristischen Air-Berlin-Flüge vermeidet Lufthansa zudem, dass die Start- und Landeslots neu vergeben werden.

Weitere 29 Mittelstreckenjets dürften von der bisherigen Minderheitsbeteiligung Brussels Airlines kommen, die Lufthansa Anfang 2017 ganz unter ihre Fittiche nehmen will. Mit dann mehr als 150 Maschinen wäre Eurowings hinter Ryanair (aktuell 357 Jets) und Easyjet (256) die klare Nummer drei in Europa. Brussels hat auch Regionalflugzeuge in der Flotte sowie neun Langstreckenjets vom Typ Airbus A330 - dem gleichen Modell, das auch Eurowings schon auf Billig-Langstreckenflügen einsetzt.

Etihad

Für die arabische Fluglinie ist Air Berlin bisher ein Fass ohne Boden. Seit die Araber Anfang 2012 als Großaktionär und Kooperationspartner bei den Berlinern eingestiegen sind, haben sie schon mehr als eine Milliarde Euro zugeschossen. Mehrere Sanierungsprogramme konnten nicht verhindern, dass Air Berlin immer mehr Geld verschlang, ohne welches zu verdienen. Nur Geldspritzen vom Persischen Golf hielten die Gesellschaft in der Luft. Durch die Deals mit Lufthansa kann Etihad zumindest einen Teil des Lochs stopfen - und Etihad-Chef James Hogan hätte in der Heimat weniger Erklärungsbedarf. Die verbleibende Air Berlin mit 75 Flugzeugen dürfte weiterhin die gewünschte Rolle als Zubringer für Etihads Langstrecken-Drehkreuz Abu Dhabi spielen.

Tui

Für die Mitte 2007 aus dem Billigflieger HLX und Hapagfly entstandene Tuifly könnte die Aufteilung von Air Berlin eine Neuordnung ihres Fluggeschäfts bedeuten. Tuifly als Saison-Airline bietet bislang ohne Drehkreuze vor allem Direktflüge zu den angebotenen Urlaubszielen an. Der Mutterkonzern Tui aus Hannover hat schon heute das Problem, in der Hauptsaison zu wenige und in der Nebensaison zu viele Flugzeuge zu haben. Die langfristig samt Besatzung an Air Berlin vercharterten 14 Boeing-737-Jets müssten nach den bisherigen Spekulationen künftig wieder in Eigenregie profitabel in die Luft gebracht werden. Insidern zufolge kämen noch 17 Maschinen der österreichischen Air-Berlin-Tochter Niki hinzu, so dass auch eine komplette Ausgliederung der Flugsparte möglich scheint.