WDH/ROUNDUP 2/Licht und Schatten: Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt

(Nummer des Roundups in der Überschrift ergänzt)

BERLIN (dpa-AFX) - Die Wirtschaft sieht trotz Lichtblicken eine angespannte Lage auf dem Ausbildungsmarkt in Deutschland. "Der Azubi-Mangel wird zum Fachkräftemangel", sagte Achim Dercks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), am Mittwoch in Berlin. Laut einer Umfrage kann fast jeder zweite Betrieb nicht mehr alle Ausbildungsplätze besetzen - so viele wie nie zuvor.

Lage auf dem Ausbildungsmarkt

Hauptursache dafür, dass 47 Prozent aller IHK-Ausbildungsbetriebe 2022 nicht alle angebotenen Ausbildungsplätze besetzen konnten, ist laut DIHK, dass keine geeigneten Bewerbungen vorlagen. Mehr als jeder dritte Betrieb, der nicht alle Plätze besetzen konnte, habe nicht eine einzige Bewerbung erhalten: "Zu viele Jugendliche glauben noch immer, dass der Weg zum beruflichen Erfolg nur durch ein Studium zu erreichen ist - und scheitern dann häufig als Studienabbrecher."

Es gebe außerdem eine zunehmende Verunsicherung bei der Berufswahl von Schulabgängern durch eine mangelnde Berufsorientierung. Dercks betonte die Bedeutung von Betriebspraktika während der Schulzeit. Auf Schülerpraktika folgten häufig Bewerbungen. Es gebe an Schulen aber wenig stringente Formen für eine Berufsorientierung.

Viele Stellen unbesetzt

Nach Zahlen der Bundesagentur für Arbeit von Juli sind aktuell noch 228 000 Ausbildungsstellen unbesetzt. 2022 gab es ein leichtes Plus von 0,8 Prozent auf rund 470 000 neue Ausbildungsverträge. Dies waren aber acht Prozent weniger als im letzten Corona-Vorkrisenjahr 2019. Im Bereich der Industrie- und Handelskammern gab es laut DIHK bis Ende Juli knapp 207 000 neue Ausbildungsverträge - 3,7 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. "Das ist ein Silberstreif am Horizont, aber noch lange keine Entspannung", so Dercks. Eine Prognose für das gesamte Jahr wollte er nicht abgeben.

Voraussichtlich blieben viele zehntausende Ausbildungsplätze unbesetzt. Das Kernproblem sei der demografische Wandel. Es gebe heute rund 100 000 weniger Schulabgängerinnen und Schulabgänger als noch vor zehn Jahren. Das führe unter anderem dazu, dass bald bis zu 400 000 Beschäftigte mehr den Arbeitsmarkt verlassen, als neue hinzukommen.

Probleme in Branchen

Betriebe im Gastgewerbe melden laut DIHK bereits seit Jahren die größten Herausforderungen aller Branchen bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen. Die Ausbildung neuer Fachkräfte im Gastgewerbe sei aber "dringend" notwendig. In der Pandemie habe sich eine Vielzahl von Fachkräften in anderen Branchen neu orientiert und sei dauerhaft verloren gegangen.