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Erfolgreich verhandeln: Eine Expertin nennt fünf Anfängerfehler, die sogar Führungskräfte machen – und wie ihr sie vermeidet

Thompson empfiehlt einen beziehungsorientierten Verhandlungsstil. - Copyright: CSA Images/Getty Images
Thompson empfiehlt einen beziehungsorientierten Verhandlungsstil. - Copyright: CSA Images/Getty Images

Effektives Verhandeln war noch nie so wichtig wie heute – egal, ob ihr euch um eine Gehaltserhöhung, eine Beförderung oder eine neue Stelle bemüht. Die wachsende Unsicherheit in der Weltwirtschaft und Entlassungswellen haben dazu geführt, dass Verhandlungsgeschick für Geschäftsleute noch wichtiger geworden ist.

Als Managementwissenschaftlerin und Professorin habe ich mein Leben dem Studium der Verhandlungsführung gewidmet. Ich habe beobachtet, wie wirklich kluge Führungskräfte bei der Aushandlung ihrer Vergütung oder Beförderung Anfängerfehler gemacht haben. Ebenso konnte ich beobachten, wie Manager auf der Einstiegsebene hervorragend in ihrer eigenen Sache verhandeln konnten. Der Punkt ist, dass jeder sein Verhandlungsgeschick verbessern kann und dies auch tun sollte.

Glücklicherweise gibt es viele wissenschaftlich untermauerte Best-Practice-Beispiele dafür, was ihr am Verhandlungstisch tun oder nicht tun solltet. Hier erfahrt ihr meine fünf wichtigsten Verhandlungstipps und welche Fehler ihr dank ihnen vermeiden könnt.

1. Geht beziehungsorientiert voran und nicht geschäftlich

Viele Verhandlungsführer tappen in die Falle eines, wie ich es nenne, "transaktionalen" Stils: Sie konzentrieren sich ausschließlich auf ihre Forderungen und Positionen und sagen Dinge wie "Nimm es oder lass es sein" oder "Dies ist mein letztes Angebot". Das sind typische Phrasen, die wir aus stahlharten Verhandlungen in Filmen kennen. Doch das Leben ist kein Film. Bringt diesen Verhandlungsstil also nicht in euren Job ein!

Leigh Thompson - Copyright: Leigh Thompson
Leigh Thompson - Copyright: Leigh Thompson

Anstelle eines knallharten, transaktionsorientierten Ansatzes verfolgen erfolgreiche Verhandlungsführer einen "beziehungsorientierten" Stil. Sie betrachten das Gespräch als Dialog zwischen Menschen, die ein gemeinsames Interesse daran haben, einen produktiven und zugleich erfüllenden Arbeitsplatz zu schaffen.

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Der Haken an der Sache ist: Viele Menschen glauben fälschlicherweise, "beziehungsorientiert" bedeute, sich für das Team aufzuopfern. Doch das ist weit von der Wahrheit entfernt. Beziehungsorientiert zu sein, bedeutet nicht, sich anzupassen oder zu kapitulieren, sondern Vertrauen aufzubauen und sich auf gemeinsame Ziele zu konzentrieren.

Nehmen wir das Beispiel von Angela, die in ihrem Job als Produktmanagerin im technischen Bereich eine Beförderung und eine Gehaltserhöhung wollte. Sie versetzte sich in die Lage ihres neuen Chefs, der erst kürzlich befördert worden war und dachte über die höheren Erwartungen nach, die nun an ihren Chef gestellt wurden. Bei ihrem nächsten Treffen mit ihrem Chef lenkte Angela das Gesprächsthema darauf, wie sie ihn in dieser schwierigen Zeit unterstützen könnte. Durch diesen durchdachten Ansatz baute Angela als vertrauenswürdige Ratgeberin so viel Beziehungskapital auf, dass sie und ihr Chef in den nachfolgenden Gesprächen auf natürliche Weise darauf zu sprechen kamen, wie eine Beförderung für Angela in die strategische Vision ihres Vorgesetzten passte.

2. Benutzt Alternativoptionen als Notfallplan

Das ist der häufigste Fehler, den ich sehe. Viele Menschen glauben, dass sie ein externes Angebot einholen und es auf den Tisch knallen müssen, um das zu bekommen, was sie sich für ihren Job wünschen. Das stimmt aber nicht! Natürlich empfehlen Verhandlungsexperten wie ich, eine BATNA (Best Alternative to a Negotiated Agreement, also eine Alternativoption) in Reserve zu haben. Betrachtet sie jedoch nur als letzten Ausweg, falls euer Gespräch mit eurem Chef nicht so gut läuft wie erhofft.

So habe ich zum Beispiel kürzlich Tim, einem jungen Vertriebsleiter, ausgeredet, ein externes Jobangebot als unmittelbares Druckmittel zu nutzen. Stattdessen einigten wir uns darauf, diese Karte in Reserve zu halten und direkte Anspielungen auf externe Angebote zu vermeiden. Dadurch konnte eine produktive Verhandlungsatmosphäre aufrechterhalten bleiben und eine Abwehrreaktion vermieden werden.

In einem früheren Job habe ich selbst eine andere Version dieser Vorgehensweise ausprobiert. Als ich eine Gehaltserhöhung anstrebte, ging ich ins Büro meines Chefs und sagte, dass es nicht mein Stil oder meine Absicht sei, ein externes Angebot einzuholen, da ich mich dem Unternehmen verpflichtet fühle. Aber ich machte deutlich, dass ich eine höhere Vergütung wollte, die dem Wert entsprach, den ich erbrachte und weiterhin erbringen würde. Es hat funktioniert!

3. Seid proaktiv, nicht reaktiv

Die Menschen sind viel zu passiv, wenn es um die wohl wichtigste Verhandlung ihres Lebens geht: ihren Arbeitsplatz. Sie warten meist erst bis zu ihren Mitarbeitergesprächen oder Jahresende, um ihre Forderungen einzubringen. Sie befürchten, als arrogant wahrgenommen zu werden, wenn sie das Thema von sich aus ansprechen. Effektive Verhandlungsführer warten aber nicht auf Extraeinladungen und machen sich keine Sorgen darüber, dass sie gierig erscheinen könnten. Sie gehen proaktiv vor, schaffen die Voraussetzungen für Gespräche mit wichtigen Personen und informieren sich dann darüber, was für ihr Unternehmen am nötigsten und wertvollsten ist und wie sie dies unter bestimmten, besseren Beschäftigungsbedingungen erreichen können.

Nehmen wir Carson, einen jungen Ingenieur für Qualitätskontrolle, als Beispiel. Er handelte sofort, als die KI-Software Chat GPT auftauchte. Er wusste, dass sein Unternehmen besorgt darüber war, was die KI-Software für die Technik, die Zulieferer, die Kunden und andere Beteiligte bedeuten würde und entwarf proaktiv einen Plan für das weitere Vorgehen (ohne dass ihn jemand darum bat). Carson forderte Ressourcen für die Leitung des Projekts an, was ihm schließlich eine beträchtliche Gehaltserhöhung einbrachte. Diese Strategie fällt in die allgemeine Kategorie des "stillen Verhandelns", wie ich es nenne, oder des proaktiven und informellen Eintretens für sich selbst am Arbeitsplatz.

4. Strebt nach gegenseitigem Nutzen

Unerfahrene Verhandlungsführer verwenden "Fairness" als ihre Verhandlungsvisitenkarte, als eine Art Argument. Kluge Verhandlungsführer verbannen dieses Wort aus ihrem Wortschatz und verwenden stattdessen die Sprache des gegenseitigen Vorteils. Zu schreien: "Das ist nicht fair!" ist für niemanden ein gutes Zeichen, nicht einmal für ein vierjähriges Kind. Chefs wollen also sicher nicht, dass 20- oder 30-Jährige so etwas sagen.

Appelle an die "Fairness" klingen nicht nur überheblich, sondern auch bedrohlich und sogar potenziell streitlustig. Stattdessen denken erfolgreiche Verhandlungsführer darüber nach, wie sie den Kuchen vergrößern und den Sandkasten ausbauen können, und nicht nur darüber, wie viele Spielzeuge ihnen zustehen.

Ein Beispiel: Als Bhavna, eine aufstrebende Managerin in der Gesundheitsberatung, feststellte, dass neue Mitarbeiter in ihrem Unternehmen mehr verdienten als sie, verzichtete sie klugerweise darauf, zu schimpfen. Stattdessen ging es in dem Gespräch mit ihrem Chef um ihre Produktivität und ihre Leistungen. Dann bat sie darum, ihre Vergütung anzupassen, damit sie ihren Beitrag zum Erfolg besser widerspiegelten. Dieser auf gegenseitigen Gewinn ausgerichtete Ansatz führt zu wesentlich besseren Ergebnissen.

5. Verhandelt lieber im persönlichen Gespräch

Naive Verhandlungsführer verlassen sich bei wichtigen Gesprächen oft auf E-Mails (und andere unpersönliche Kommunikationsformen). Dies kann zu Missverständnissen führen und negative Folgen mit sich bringen. Auch Untersuchungen haben ergeben, dass Empfänger von Arbeits-E-Mails den Inhalt oft als emotional negativer oder neutraler interpretieren, als es der Absender beabsichtigt hatte. Erfahrene Verhandlungsführer wissen um die Bedeutung von persönlichen Gesprächen, die es ihnen ermöglichen, ihre Botschaft anzupassen, die Beziehung aufrechtzuerhalten und Strategien zur Perspektivenübernahme anzuwenden.

Seid also kein E-Mail-Krieger: Wählt den richtigen Zeitpunkt, den richtigen Ort und die richtige Kommunikationsmethode für eine persönliche Verhandlung.

Ein typisches Beispiel: Chris, der im Bereich Technikstrategie arbeitete, wusste, dass sein Chef den Ruf hatte, verbal aggressiv zu sein. So war es kein Wunder, dass er einen E-Mail-Puffer schaffen wollte, als er um eine Gehaltserhöhung bat. Aber ich überzeugte Chris, stattdessen ein Skript zu erstellen: einen Entwurf, wie er ein potenziell unangenehmes persönliches Gespräch über die Vergütung beginnen sollte. Dann probten Chris und ich. Mit jeder Übung fanden wir kleine Möglichkeiten, das Skript zu verbessern, sodass er zum Zeitpunkt des eigentlichen Treffens auf jede Reaktion vorbereitet war und die Situation gut meisterte.

Leigh Thompson ist Professorin an der Kellogg School of Management der Northwestern University und Autorin des neuen Buches "Negotiating the Sweet Spot: The Art of Leaving Nothing on the Table".

Dieser Artikel wurde von Stefanie Michallek aus dem Englischen übersetzt. Das Original findet ihr hier.