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Wie Chinas Plan zur Klimaneutralität die EU wieder zu Getriebenen macht

Mit dem Green Deal will die EU die weltweite Vorreiterrolle bei emissionsfreien Technologien einnehmen. Dieses Vorhaben gerät nun durch China deutlich unter Druck.

Die Kampfansage an die Welt kam in poetischen Worten, verwoben mit einem verheißungsvollen Versprechen. Von einem europäischen „Mann-auf-dem-Mond-Moment“ und „unserer neuen Wachstumsstrategie“ sprach EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, als sie im Dezember 2019 den Green Deal vorstellte – ein Klimapaket, um die Wirtschaft der EU bis 2050 klimaneutral umzubauen.

Dabei geht es der EU nicht nur darum, das Klima zu retten, sondern auch darum, die Weltmarktführerschaft bei emissionsfreien Zukunftstechnologien einzunehmen.

Doch nun droht Peking, das die Europäer schon vor einiger Zeit in vielen Technologiebereichen zu Getriebenen gemacht hat, ihnen auch bei diesem Vorhaben den Rang abzulaufen. Die Volksrepublik kündigte an, bis zum Jahr 2060 klimaneutral sein zu wollen.

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Als autokratisches, repressives System kann China unter anderem schneller und umfangreicher über Daten verfügen, die für die Entwicklung klimafreundlicher Technologien notwendig sind. Außerdem muss es sich zum Beispiel nicht mit einer Wählerschaft herumschlagen, die gegen eine Abschaffung des Verbrennungsmotors oder autofreie Städte auf die Barrikaden geht.

Gewiss: Um den Klimawandel abzuwenden, ist es unabdingbar, dass der größte CO2-Emittent weltweit klimaneutral wird. Dementsprechend zeigten sich EU-Politiker quer durch die Institutionen sehr erfreut über Chinas neue Ambitionen. Ursula von der Leyen veröffentlichte gemeinsam mit ihrem Vize, Klimakommissar Frans Timmermanns, ein Statement, in dem sie die Ankündigung von Chinas Staatschef Xi Jinping sehr begrüßten.

„Als EU haben wir uns die ehrgeizigen Klimaziele auch in der Hoffnung gesetzt, dass andere nachziehen“, sagte eine EU-Beamtin dem Handelsblatt. „Wir sind daher ungemein froh, dass China mitmacht.“

Dass sich Peking zur Klimaneutralität bekennt, stellt zudem einen Wendepunkt in der weltweiten Klimapolitik dar. Simone Tagliapietra von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel bezeichnete Chinas Ankündigung deswegen als „bahnbrechend“.

„Ein globaler Wettlauf ist im Gange, und die USA könnten bald beitreten, sollte Biden gewählt werden“, so der Klimapolitik-Experte weiter. Dass sich die Chinesen nun ebenfalls ambitionierte Klimaziele setzen, sei nicht überraschend: „Die grüne Transformation ist neben der digitalen die größte wirtschaftliche und industrielle Chance unserer Zeit.“

Denn mit dem klimaneutralen Umbau unserer Umwelt ist viel Geld zu verdienen. Zudem bestimmen die Staaten, die in diesem Bereich nun vorpreschen, wie die Welt von morgen aussehen soll und wer welche machtvolle Position in ihr einnehmen wird.

Und dort liegt der Knackpunkt: Dass China aufgrund seines Staatssystems diesen Wettlauf einfacher gewinnen könnte, dessen ist man sich auch in Brüssel bewusst. „Im Wettbewerb mit China müssen wir uns jetzt sehr anstrengen“, heißt es diesbezüglich aus Kreisen des EU-Rats. „Wir sind zwar in der Forschung besser, die Chinesen aber in der Umsetzung.“

„Bei Batterien und Elektromobilität sind uns die Chinesen bereits voraus. Was Umwelttechnologien im Allgemeinen angeht, aber nicht“, sagt der CDU-Europaabgeordnete Markus Pieper. Allerdings: „Meinen die Chinesen es ernst, dass sie aus der Kohlekraft aussteigen, dann müssen wir Europäer uns auf etwas gefasst machen“, so der Industriepolitiker.

Er gibt vor allem zu bedenken, dass die Chinesen derzeit etwa ein Drittel aller weltweit neuen Kernkraftwerke bauen und dementsprechend wohl planen, die Energiewende mit Atomstrom zu bestreiten.
Kernkraft ist eine – wenn auch insbesondere im deutschsprachigen Raum abgelehnte – Möglichkeit, emissionsfreie Energie zu produzieren. Die EU will ihre Klimaneutralität aber eher durch Strom aus erneuerbaren Energien und durch wasserstoffbasierte Antriebe erreichen – und könnte so, laut Pieper, gegenüber China im Nachteil sein.

Es gibt aber auch Hoffnung, dass die Europäer dennoch nicht von China überholt werden. Der Grund: das EU-Klimaziel für 2030. Bis dahin möchte die Staatenunion ihren CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 bereits um rund die Hälfte reduziert haben. Derzeit laufen die Verhandlungen, wie viel es genau sein soll. China hat dagegen kein konkretes Einsparziel für das Jahr, sondern lediglich den Plan, ab 2030 anzufangen, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren.

Piepers Parteikollege Peter Liese sieht deswegen keine Gefahr, dass China der EU die angestrebte führende Rolle bei den Klimatechnologien streitig machen könnte. „Es sollte uns aber anspornen, noch stärker auf moderne Technologien und nicht auf individuelle Verbote zu setzen“, sagte der umweltpolitische Sprecher der christdemokratischen EVP-Fraktion im Europaparlament.