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Roman Protasevich: Das ist der 26-jährige Journalist, vor dem sich Europas letzter Diktator fürchtet

Roman Protasevich an einer Kundgebung der Belarussen in Polen im Sommer 2020.
Roman Protasevich an einer Kundgebung der Belarussen in Polen im Sommer 2020.

Schon als Teenager geriet Roman Protasevich ins Visier der belarussischen Regierung. Er betrieb eine Seite auf dem russischen Netzwerk VKontakte, auf der er sich kritisch über Präsident Alexander Lukaschenko äußerte. Lukaschenko gilt als der letzte Diktator Europas. Schon als Protasevich zur Welt kam, regierte er das Land, indem er systematisch gegen Kritiker, Journalisten und Aktivisten vorgeht.

Das spürte Roman Protasevich schon mit 17 Jahren an der eigenen Haut, als es zum ersten Mal wegen seiner VKontakte-Seite in Minsk festgenommen wurde. Doch er ließ sich nicht einschüchtern, fing ein Journalismus-Studium an und arbeitete für belarussische Medien, sowie für die belarussische Sendung des „Radio Free Europe“.

2019 floh er vor Repressalien aus Belarus und beantragte Anfang 2020 Asyl in Polen. Von dort betrieb der heute 26-Jährige zusammen mit einer kleinen Redaktion die Nachrichtenkanäle Nexta und Nexta Live auf dem verschlüsselten Messengerdienst Telegram. Das Lukaschenko-Regime setzte ihn und seine Mitstreiter auf die Terrorliste, schrieb ihn zur Fahndung aus und warf ihm vor, Massenunruhen organisiert und zu Hetze und Hass aufgerufen zu haben.

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Nexta Live hatte zu der Zeit der Wahlen in Belarus im Sommer 2020 über 1,7 Millionen Abonnenten und erreichte damit knapp 20 Prozent der Bevölkerung von Belarus. Der Telegram-Kanal wurde zur wichtigsten Quelle für Nachrichten in einem Land, in dem es keine freie Presse gibt. Außerdem verbreiteten Protasevich und seine Mitstreiter Informationen zu Demonstrationen und Streiks. Der große Vorteil der Telegram-Kanäle: Sie funktionieren auch, wenn Belarus das Internet blockiert.

Protasevich fühlte sich sicher in der EU

Hanna Krasnova Geiger, belarussische Journalistin in Berlin bei dem N-Ost Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung, kennt die gefährliche Lage der Reporter in Belarus. Sie betreut den Belarus Helpdesk, der Journalisten hilft, Kontakte zu Reportern in Belarus zu knüpfen. Das Netzwerk liefert auch Hintergrundinformationen zu den Ereignissen im Land.

Die Geschichte von Protasevich versetze viele Menschen in Belarus in einen Schockzustand, sagt Krasnova Geiger. „Journalisten in Belarus sind ohne Ausnahme stark unter Druck gesetzt. Doch das, was gestern passierte, hat alle in die Starre versetzt,“ sagt die Belarus-Expertin.

„Auch in Polen hat Protasevich immer wieder von Verfolgung berichtet, er fühlte sich aber sicher in der EU“, sagt Krasnova-Geiger. Zuletzt habe er von Verfolgungen auch in Griechenland, wo er Urlaub machte, berichtet. Am 23. Mai war er auf dem Rückflug von Athen in die litauische Hauptstadt Vilnius, als Lukaschenko das Rynaair-Flugzeug zur Landung zwingen ließ. Deutsche Politiker sprachen von einem „Staatsterror“.

Einen Tag nach seiner Festnahme veröffentlichte das belarussische Staatsfernsehen ein Video mit Protasevich, in dem er sagt, dass er mit den belarussischen Behörden kooperieren wird. Wunden an seinem Gesicht deuteten Experten als Hinweise für eine Misshandlung.

Am Tag nach seiner Festnahmen fordern Belarussen die Freilassung von Protasevich in Polen, wo er politischen Asyl beantragt hat.
Am Tag nach seiner Festnahmen fordern Belarussen die Freilassung von Protasevich in Polen, wo er politischen Asyl beantragt hat.

Signal an Exilbelarussen

Christopher Forst, Repräsentant der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) für Belarus, sagt, dass es bei der Festnahme vor allem darum gehe, ein Exempel zu statuieren. Protasevich sei für Lukaschenko in erster Linie ein Symbol, erklärt Forst. „Als Kopf einer der führenden Telegramkanäle steht er für eine junge Elite, deren moderne und liberale Lebenswelt das Gegenteil dessen verkörpert, wofür Lukaschenko steht“, sagt Forst.

„In einem Land, in dem unabhängige Medien unerwünscht sind und hart gegen sie vorgegangen wird, sind Telegramkanäle außerdem nicht nur zu Orten der Protestorganisation, sondern auch zu alternativen Informationsquellen avanciert,“ sagt der Vertreter der FES. Lukaschenko aber will mit aller Macht verhindern, dass er die Deutungshoheit verliert und weiter zu Protesten gegen ihn aufgerufen wird.

Gleichzeitig geht der Belarus-Experte Forst davon aus, dass es sich hier auch um eine Art Gelegenheitstat gehandelt habe.

„Das Signal an andere politisch aktive Exilbelarusen und -belarussinenn, insbesondere diejenigen, die wie Protasevich auf der Terrorliste des Regimes stehen, durfte für das Regime noch bedeutsamer sein, als der Einzelfall,“ sagt Forst.

Auf die Frage, was nun auf Protasevich in Minsk zukommt, wird Journalistin Hanna Krasnova Geiger für einige Sekunden still: „Man traut sich gar nicht auszusprechen was ihm passieren kann.“