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Riskanter Modellwechsel bei United Internet

United Internet will zum vierten Netzbetreiber in Deutschland aufsteigen. Für Anleger ist die Phase wegen hoher Kosten mit Unsicherheiten verbunden.

United Internet ersteigerte eigene Mobilfunk-Lizenzen. Foto: dpa
United Internet ersteigerte eigene Mobilfunk-Lizenzen. Foto: dpa

Deutschland steht vor dem Aufbruch in eine neue Mobilfunklandschaft. Bislang dominieren drei Spieler den Markt: die Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica (Marke O2). Schon bald will sich jedoch ein neuer Anbieter in dem Geschäft etablieren: United Internet.

Bislang ist die Firma zwar im Mobilfunkgeschäft vertreten. Doch sie besitzt keine eigene Infrastruktur. Sie mietet Kapazitäten von den Netzbetreibern an. Kunden, die einen Mobilfunkvertrag etwa bei 1 & 1 abschließen, nutzen im Endeffekt etwa die Netze von Telefónica oder Vodafone. Doch das soll sich künftig ändern.

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Deutschland hat nun Frequenzen für die nächste Mobilfunkgeneration 5G versteigert. Und an der zwölf Wochen dauernden Auktion nahmen nicht nur die etablierten Anbieter Telekom, Vodafone und Telefónica teil, sondern auch Herausforderer United Internet über die Tochterfirma 1 & 1 Drillisch.

Für 1,07 Milliarden Euro sicherte sich United-Internet-CEO Ralph Dommermuth Lizenzen für den Aufbau eines eigenen Netzes. „Wir haben Frequenzen ersteigert, mit denen wir in der Lage sind, ein leistungsfähiges 5G-Netz aufzubauen“, sagte er.

Zunächst reagierten die Investoren begeistert, als sich United Internet bei der Auktion Mitte Juni Frequenzen sichern konnte. Doch dann kippte die Stimmung – und das Papier der Firma fiel deutlich, weil sich Unsicherheit über die genauen Pläne des Neueinsteigers breitmachte.

Dommermuth steht vor einer schwierigen Aufgabe. Er muss sein Geschäftsmodell umbauen. Seine Anleger sind es aber gewöhnt, dass er mit geringem Kapitaleinsatz solide Renditen einfahren kann. Doch das Modell stößt an Grenzen. „Wir müssen uns neu für die Zukunft aufstellen“, räumte Dommermuth auf der Hauptversammlung von United Internet im Mai ein.

Welches Potenzial steckt also noch in den Papieren? Übernimmt sich Dommermuth? Einige Analysten blicken inzwischen skeptisch auf die Aktie. „Für Investoren gibt es massive Risiken“, sagt Mandeep Singh vom Broker Redburn. „Es gibt fast kein Geschäftsmodell oder Vorbild, bei dem ein vierter Spieler gute Renditen erreichen konnte“, warnt er. „Herr Dommermuth mag einen Investitionshorizont von zehn bis 20 Jahren haben. Viele seiner Anleger haben das nicht“, sagt Singh.

In Deutschland gab es bis zum Jahr 2014 vier Mobilfunkanbieter. Im preisgünstigen Segment lieferten sich vor allem E-Plus und Telefónica (O2) einen harten Wettbewerb. Dann kaufte Telefónica den Rivalen E-Plus auf und reduzierte so die Zahl der Spieler auf dem Markt von vier auf drei. Analysten fürchten, dass die Renditen für die Mobilfunkunternehmen leiden könnten, sollte es wieder vier Anbieter geben.

Das Analysehaus Independent Research hat das Kursziel für United Internet nach der Ersteigerung von 5G-Mobilfunkfrequenzen von 46 auf 42 Euro gesenkt. Allerdings beließ das Haus die Einstufung auf dem aktuellen Kursniveau von knapp unter 30 Euro bei „kaufen“. Analyst Markus Friebel attestiert dem Unternehmen zwar die Chance auf neue Wachstumsmöglichkeiten. Gleichzeitig warnt er jedoch vor den großen Kosten und Unsicherheiten durch den Aufbau einer neuen Netzinfrastruktur.

Ein Team vom Analysehaus Jeffries setzte sich mit einem möglichen Szenario auseinander, wie der Umbau des Geschäftsmodells funktionieren könnte. Die Analysten kamen zu dem Schluss, dass vieles vom Umgang der etablierten Netzbetreiber mit dem Angreifer abhängt. Es werde Jahre dauern, bis ein deutschlandweites Netz aufgebaut ist. Einige Städte ließen sich zwar erschließen.

Aber die Kunden müssten im Rest des Landes auf andere Netze zurückgreifen können. Dazu müsse die Firma Abkommen mit Telekom, Vodafone oder Telefónica schließen. „Wir sind der Meinung, dass der Aufbau eines Netzwerks durch 1 & 1 Drillisch nicht gesetzt ist. Er hängt von den Verhandlungen ab“, resümiert Ulrich Rathe von Jeffries.

Denn die Zeiten ändern sich. Über lange Zeit waren die Netzbetreiber dankbar für die Unterstützung durch einen Anbieter wie Dommermuth. Er brachte neue Kunden. Dadurch wurden die Netze besser ausgelastet. Von den Einnahmen profitierten beide Seiten.

Heute hat jedoch fast jeder Deutsche bereits einen Mobilfunkvertrag. Neues Wachstum lässt sich nur noch schwer erreichen. Kunden müssen aufwendig von der Konkurrenz abgeworben werden. In dieser Phase wollen die Netzbetreiber lieber direkt in den Kontakt zu ihren Abnehmern treten.

Sie sind dabei, sich von dem Geschäftsmodell über Mobilfunkdiscounter zu verabschieden – was auch die Aktionäre zu spüren bekommen. Allein im letzten Geschäftsjahr brach die Börsenbewertung der Firma um ein Drittel ein.

Dommermuth will daher umsteuern. Er will selbst zum Netzbetreiber werden. Damit möchte er sich unabhängig machen. Mit der Tochterfirma 1 & 1 Versatel gehört bereits ein Anbieter mit breitem Glasfasernetz zur Firmenfamilie.

Dommermuth sagte: „Mit mehr als neun Millionen Mobilfunk- und 4,5 Millionen DSL-Kunden, Deutschlands zweitgrößtem Glasfasernetz und einer europaweit führenden Position in der Entwicklung von Applikationen bringen wir beste Voraussetzungen mit, um das enorme Potenzial von 5G in Deutschland auszuschöpfen.“ Der Aufbau Zehntausender Mobilfunkantennen dürfte aber ein Kraftakt werden.

Dommermuth hat von Anfang an betont, dass er für eine Übergangszeit einen Zugang zu den Netzen der etablierten Mobilfunker braucht. Dafür hatte er eine gesetzliche Garantie gefordert. Doch die Bundesnetzagentur ist nur zum Teil auf seine Forderungen eingegangen. Die Netzbetreiber müssen mit Dommermuth zwar reden und dürften ihn nicht über unfaire Preise aus dem Markt drängen. Doch die Formulierungen bieten viel Raum für Interpretation.

Von der Deutschen Telekom kamen zuletzt aber versöhnliche Töne. Deutschlandchef Dirk Wössner sagte: „Wir würden auch unsere Standorte für Wettbewerber öffnen, auch für 1 & 1.“ Er fügte aber an: „Allerdings nur bei einer ausgeglichenen Lastenverteilung. Da waren unsere Erfahrungen in der Vergangenheit jedoch mau.“