Werbung
Deutsche Märkte schließen in 18 Minuten
  • DAX

    18.647,43
    -32,77 (-0,18%)
     
  • Euro Stoxx 50

    5.026,95
    +1,78 (+0,04%)
     
  • Dow Jones 30

    39.403,54
    -267,50 (-0,67%)
     
  • Gold

    2.348,70
    -44,20 (-1,85%)
     
  • EUR/USD

    1,0831
    +0,0004 (+0,03%)
     
  • Bitcoin EUR

    62.775,35
    -1.840,54 (-2,85%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.468,21
    -34,45 (-2,29%)
     
  • Öl (Brent)

    77,53
    -0,04 (-0,05%)
     
  • MDAX

    27.153,24
    +7,14 (+0,03%)
     
  • TecDAX

    3.436,39
    -15,81 (-0,46%)
     
  • SDAX

    15.089,19
    -42,60 (-0,28%)
     
  • Nikkei 225

    39.103,22
    +486,12 (+1,26%)
     
  • FTSE 100

    8.332,53
    -37,80 (-0,45%)
     
  • CAC 40

    8.083,58
    -8,53 (-0,11%)
     
  • Nasdaq Compositive

    16.906,98
    +105,44 (+0,63%)
     

Rechtsanwalt Daniel Wuhrmann: „Der Diesel wird ohne triftigen Grund verteufelt“

Rechtsanwalt Daniel Wuhrmann ist Spezialist für Produkthaftung in der Automobilbranche. Der Jurist ist überzeugt: Hardwarenachrüstungen werden die Ausnahme bleiben. Eine Handhabe, sie zu erzwingen, haben die Autobesitzer nicht. Und teils sind die Nachrüstungen auch technisch schlicht nicht möglich.

Herr Wuhrmann, laut Berliner Verwaltungsgericht drohen nun auch in der Hauptstadt Fahrverbote. Hat der jüngst von der Politik verkündete Dieselkompromiss nichts gebracht?
Jedenfalls nicht viel. Die Politik versucht zwar irgendwie, den öffentlichen Druck an die Autokonzerne weiterzugeben. Das Konzept als solches erscheint mir aber weder ausgewogen noch schlüssig, es ist allenfalls ein erster Schritt. Es gibt juristisch keine Grundlage, die Unternehmen zu den gewünschten Nachrüstungen und Prämien zu verpflichten. Daher ist man seitens der Bundesregierung auf deren Entgegenkommen angewiesen.
Also bleibt es erst mal wie gehabt: Entweder verfügen die Dieselautos über wirksame EG-Typgenehmigungen und Konformitätserklärungen der Hersteller und sind daher legal auf den Straßen unterwegs. Oder aber das Kraftfahrt-Bundesamt und die lokalen Behörden verfolgen keine Stilllegungen, solange zumindest die verfügbaren Softwareupdates umgesetzt werden.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat aber gesagt, dass er vom jeweiligen Automobilhersteller Maßnahmen erwarte. Können sich die Dieselbesitzer darauf nicht berufen?
Nein. Scheuer ist klar, dass er nichts erzwingen kann, deshalb war seine Aussage auch sehr vage. Auf seine Erwartungen oder die anderer Regierungsmitglieder kann sich niemand berufen. Und einige Konzerne haben schon verkündet, dass sie ihre Autos nicht nachrüsten werden – teils auch deswegen, weil es ökonomisch wie technisch nicht sinnvoll machbar ist.

Aber die Kunden verbuchen hohe Wertverluste. Müssen dafür nicht die Hersteller geradestehen?
Nein, nicht zwingend. Das liegt an den rechtlichen Verbindungen: Die Hersteller oder deren 100-prozentigen Töchter sind ja nur selten die Unternehmen, mit denen die Käufer der Fahrzeuge Verträge geschlossen haben. Ist das der Fall, kommen Ersatzansprüche in Betracht, wenn die Fahrzeuge im rechtlichen Sinne mangelhaft sind. Wurde eine illegale „Schummelsoftware“ verbaut, ist das der Fall.

WERBUNG

Und wenn der Wagen beim Autohändler gekauft wurde?
Dann wird es auf Gewährleistungsebene mit den Schadensersatzansprüchen eng, es fehlt das Verschulden der Verkäufer. In beiden Fällen kann man aber auch bei den sogenannten deliktischen Schadensersatzansprüchen gegenüber den Herstellern ansetzen. Bei der Herleitung der Ansprüche und deren Folgen urteilen die Gerichte aber sehr unterschiedlich.

Gibt es keine anderen Möglichkeiten, die Verbraucher zu entschädigen?
Auch die Hersteller müssen sich auf die bestehenden Gesetze verlassen können, das ist letztlich eine elementare Frage der Rechtsstaatlichkeit. Regierung und Behörden sind an die Gesetze gebunden, was auch gut und richtig ist. Ob sie jedoch die ihnen zustehenden Möglichkeiten ausreichend und richtig nutzen, ist eine andere Frage. Und ich denke, dass hier mehr ginge. Klar ist aber auch, dass eine rückwirkende Änderung von Gesetzen nur in absoluten Ausnahmefällen möglich und hier weder angebracht noch gewollt ist. Der Gesetzgeber hat die Dieseltechnologie lange gefördert – und tut es übrigens auch jetzt noch. Der Diesel als solcher wird meiner Ansicht nach ohne triftigen Grund verteufelt.

Die Hersteller argumentieren, dass eine Nachrüstung ökonomisch und technisch schwierig bis unmöglich ist.
Die Bedenken sind berechtigt. Bei vielen Fahrzeugen scheitert der nachträgliche Einbau solcher Katalysatoren schlicht am Platz oder den Orten – Katalysatoren benötigen bestimmte Hitzebereiche. Auch die Adblue-Tanks haben ein gewisses Volumen. Oftmals kann man solche Bauteile nachträglich nicht mehr montieren. Hinzu kommt, dass solche Anlagen sowie die Montagearbeiten schnell einige Tausend Euro kosten, das macht bei älteren Modellen keinen Sinn mehr.

Und wenn ein Auto doch nachgerüstet wird: Wer haftet, wenn etwas schiefgeht?
Wenn das Bauteil selbst fehlerhaft im Sinne von gefährlich ist und etwas passiert: der jeweilige Hersteller. Es kann aber auch bei der Montage etwas schiefgehen, dann ist die Werkstatt in der Pflicht. Aber es ergeben sich viele Sonderfälle, die aktuell nicht pauschal zu beantworten sind: Wer zahlt etwa, wenn das Auto nach der Nachrüstung (unerwartet) nicht mehr die bisherige Leistung bringt oder mehr Sprit verbraucht?

Rechnen Sie überhaupt damit, dass viele Diesel nachgerüstet werden?
Nein, davon gehe ich aktuell nicht aus. Zum einen, weil die Hersteller aktuell noch keine Lösungen präsentieren können und sich zudem in einigen Fällen – zu Recht – weigern, dies zu tun. Zum anderen ist bis dato die Kostenfrage noch ungeklärt. Viele Dieselfahrer werden nicht bereit sein, die Risiken und Kosten zu übernehmen.

Sind die Umtauschprämien eine gute Alternative?
Damit signalisiert die Autoindustrie zumindest ein Entgegenkommen. Die Frage ist aber, wer sich für solche Angebote entscheidet. Die bisher angebotenen Prämien sind nur teilweise als üppig zu bezeichnen und dann auch meist nur, wenn ein entsprechend teurer Wagen gekauft wird. Es kann sich nicht jeder leisten, auf ein neueres Modell oder eine andere Technik umzusteigen. Die meisten haben ja gerade deshalb einen Diesel gekauft, weil sie ihn lange fahren wollten.

Herr Wuhrmann, vielen Dank für das Interview.