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Der Plan B der Sparkassen für die NordLB

Sparkassenpräsident Schleweis arbeitet an einer Notfalllösung für die NordLB: Mehrere Landesbanken sollen sich an dem kriselnden Institut beteiligen.

Der Krisengipfel steigt am kommenden Montag in der Zentrale des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) in der Charlottenstraße 47 in Berlin. DSGV-Präsident Helmut Schleweis hat unter anderem die Chefs der Landesbanken und der regionalen Sparkassenverbände geladen, um über die Zukunft der kriselnden Norddeutschen Landesbank (NordLB) zu beraten.

Das von der Schiffskrise gebeutelte Institut braucht dringend frisches Kapital. Andernfalls droht die Abwicklung, bei der auf den öffentlich-rechtlichen Finanzsektor milliardenschwere Belastungen zukommen könnten.

Die Anspannung bei Landesbanken und Sparkassen ist deshalb groß – und der Druck auf Schleweis gewaltig. Der seit Anfang 2018 amtierende Sparkassenpräsident arbeitet seit Wochen hinter den Kulissen an einer Notfalllösung, falls die Gespräche mit Finanzinvestoren über eine Kapitalstärkung bei der NordLB scheitern sollten. Der Kapitalbedarf des Geldhauses wird auf rund drei Milliarden Euro geschätzt.

Schleweis’ Plan sieht nach Informationen des Handelsblatts vor, dass sich mehrere öffentlich-rechtliche Spitzeninstitute an einer Kapitalstärkung der NordLB beteiligen und somit Anteilseigner des Hannoveraner Geldhauses werden. Anschließend könne die NordLB dann der Nucleus für eine weitere Konsolidierung des Landesbanken-Sektors sein, sagten mehrere mit den Verhandlungen vertraute Personen.

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Ob die Überlegungen am Ende tatsächlich umgesetzt werden, sei noch nicht entschieden, betonten zahlreiche Beteiligte. Unklar sei auch, welche Spitzeninstitute bereit seien, sich an der NordLB zu beteiligen. Viele öffentlich-rechtliche Bankenmanager sind jedoch der Ansicht, dass der Plan B des Sparkassenpräsidenten aktuell der beste Weg wäre, um die Probleme bei der NordLB zu lösen. Darüber hinaus wäre eine gemeinsame Stützungsaktion der Landesbanken auch eine gute Basis, um anschließend weitere Konsolidierungsschritte in Angriffe zu nehmen. Der DSGV und die NordLB wollten sich dazu am Montag nicht äußern.

Ursprünglich hatte Schleweis einen anderen Plan vorangetrieben. Er setzte sich für einen Zusammenschluss der NordLB mit der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) ein. Anschließend sollte das fusionierte Institut dann noch mit der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), dem Fondsanbieter Deka und der Immobilienbank Berlin Hyp verschmelzen.

Eine solche Super-Landesbank käme auf eine Bilanzsumme von rund 700 Milliarden Euro und würde damit nach der Deutschen Bank zum zweitgrößten Geldhaus der Bundesrepublik aufsteigen.

Doch Schleweis’ Plan A steht vor dem Aus. Denn die Helaba, die NordLB sowie deren Eigentümer konnten sich bisher nicht auf die Rahmenbedingungen eines Zusammenschlusses verständigen. Sie haben ihre Fusionsverhandlungen bereits vor einiger Zeit beendet.

Das Land Niedersachsen, das Mehrheitseigner der NordLB ist, konzentriert sich deshalb aktuell auf die Gespräche mit Finanzinvestoren, die Interesse an einem Einstieg bei der NordLB bekundet haben. Die besten Karten haben dabei Finanzkreisen zufolge die US-Beteiligungsgesellschaften Centerbridge und Cerberus. Aber auch deren Konkurrent Apollo ist noch nicht aus dem Rennen.

Cerberus hat Ende 2018 bereits die HSH Nordbank übernommen und ist zudem an der Deutschen Bank und der Commerzbank beteiligt. Bei der NordLB verhandeln die Finanzinvestoren über eine Minderheitsbeteiligung. Parallel wäre Niedersachsen bereit, sich an einer Kapitalstärkung zu beteiligen.

Doch ob es am Ende tatsächlich zu einer Einigung mit den Finanzinvestoren kommt, ist ungewiss. Die EZB-Bankenaufsicht hat die Sparkassen-Finanzgruppe deshalb Insidern zufolge aufgefordert, alternative Lösungen vorzubereiten. Denn die Zeit drängt: Spätestens im Februar wollen die Bankenaufseher eine belastbare Lösung auf dem Tisch liegen haben, wie die NordLB ihren Sicherheitspuffer stärken kann.

Eine Kapitalspritze von mehreren Landesbanken und dem Land Niedersachsen wäre dabei aus Sicht der Finanzaufsicht eine gangbare Lösung. Denn ein solcher Schritt würde die akute Notsituation lösen und allen Beteiligten mehr Zeit verschaffen, sich über weiter gehende Konsolidierungsschritte im Landesbanken-Sektor Gedanken zu machen.

Finanzkreisen zufolge spielt die Sparkassen-Finanzgruppe aber auch noch andere Varianten durch – darunter das Szenario „WestLB 2.0“. Dabei würden bestimmte Geschäftsbereiche der NordLB verkauft und alle anderen in einer Art „Bad Bank“ nach und nach aufgelöst. Finanzielle Hilfen von der Bundesregierung würde es dabei allerdings – anders als einst bei der WestLB – nicht geben.

Die letzte Option, die alle Beteiligten unbedingt verhindern wollen, wäre eine Abwicklung der NordLB. Dazu würde es kommen, wenn es keine Einigung auf eine Kapitalstärkung gibt und der Haftungsverbund von Sparkassen und Landesbanken eine Stützung des Instituts ablehnt.

Für die Sparkassen-Finanzgruppe wäre das fatal. Denn die Finanzaufsicht hat Insidern zufolge in Gesprächen mit dem DSGV deutlich gemacht, dass sie dem Sektor dann die sogenannten Verbundprivilegien entziehen würde. Diese sehen unter anderem vor, dass Institute Kredite an andere Mitglieder der Finanzgruppe nicht mit Eigenkapital unterlegen müssen.

Bei einem Entzug der Verbundprivilegien kämen auf den Sektor laut Insidern Belastungen im Milliardenbereich zu. „Das wäre echt teuer“, warnt eine mit dem Thema vertraute Person.

Das Land Niedersachsen hat bisher öffentlich nicht erkennen lassen, ob es eine private oder eine öffentlich-rechtliche Lösung für die NordLB bevorzugt. Und im Gegensatz zur HSH Nordbank, deren Verkaufsprozess 2018 eng von der EU-Kommission überwacht wurde, haben die Niedersachsen auch nach dem Ausscheiden der Helaba aus dem Bieterprozess die Möglichkeit, sich in letzter Minute für eine öffentlich-rechtliche Lösung zu entscheiden.

Bewegung in letzter Minute?

Der niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers betonte am Montag, dass das Land weiter offen sei für alle Lösungen. „Die Gespräche mit den Finanzinvestoren laufen wie geplant, und ich bin zuversichtlich, dass sehr zeitnah eine Entscheidung möglich ist und erfolgen kann“, sagte Hilbers dem Handelsblatt.

Der CDU-Politiker betonte jedoch auch: „Ich bin weiter offen für eine öffentlich-rechtliche Beteiligungslösung, allerdings müssten sich dafür alle Beteiligten im öffentlich-rechtlichen Sektor ein Stück weit bewegen. Dazu stehen wir im Gespräch.“

In der Sparkassen-Finanzgruppe hoffen viele, dass es am Ende zu einer öffentlich-rechtlichen Lösung kommt. Für die beteiligten Institute wäre dieser Weg zwar vermutlich teurer als der Einstieg von Finanzinvestoren bei der NordLB.

Er hätte aber strategisch eine Reihe von Vorteilen: Zum einen würde die Gruppe verhindern, dass sich erstmals ein Finanzinvestor direkt an einer Sparkasse beteiligt – denn zur NordLB gehört auch die Braunschweigische Landessparkasse. Und zum anderen könnte der Sektor die Schaffung einer Super-Landesbank möglicherweise auf einem anderen Weg doch noch erreichen.

Dass auch wenige Tage vor dem Gipfel in Berlin noch Unklarheit herrscht, wohin die Reise geht, wundert die meisten Beteiligten nicht. Ohne Drohungen von außen und Zeitdruck hat sich die Sparkassen-Finanzgruppe bisher selten zu wichtigen Entscheidungen durchgerungen.