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Luxemburgs Außenminister zweifelt an EU-Vorschlag zur Verteilung von Flüchtlingen

Luxemburgs Außenminister Asselborn fordert Nachbesserungen beim EU-Migrationspaket. Er kritisiert, dass sich Länder von der Flüchtlingsaufnahme freikaufen können.

Mit dem Migrations- und Asylpaket der EU-Kommission ist Luxemburgs Außenminister nur teilweise zufrieden. Der dienstälteste Chefdiplomat in der Europäischen Union (EU) verlangt mehr Solidarität bei der Aufnahme von Geflüchteten von allen 27 Mitgliedsländern. Deswegen setzt sich der 71-Jährige für eine Überarbeitung der Pläne ein.

Mit einem neuen Asyl- und Migrationspaket will die EU-Exekutive die fünfjährige Blockade bei der europäischen Flüchtlingspolitik überwinden. Der Vorschlag sieht vor, schneller über Asylverfahren zu entscheiden, rasch Abschiebungen durchzuführen und nicht mehr alle EU-Länder zur Aufnahme von Schutzsuchenden zu zwingen. Der Reform müssen noch die Mitgliedsländer und das Europaparlament zustimmen.

Ist das vorgeschlagene Migrations- und Asylpaket der EU-Kommission ein fairer, solidarischer und gerechter Kompromiss?
Asselborn: Die Vorschläge sind eine gute Diskussionsgrundlage. Wir müssen über die Vorschläge nicht jubeln, aber es gibt auch keinen Grund, sie gänzlich zu zerreißen.

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Wo besteht denn noch Diskussionsbedarf?
Sprechen kann man noch über die vorgeschlagene Solidarität. Die Kommission hat sich vom Prinzip verabschiedet, dass jedes EU-Mitgliedsland auch nach einem Verteilungsschlüssel Flüchtlinge aufnehmen muss. Nun versucht man eine Alternative einzubauen. Die Kommission ermöglicht Ländern, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, sich nun über Patenschaften für die Rückführung von nicht anerkannten Asylbewerbern quasi freizukaufen. Das ist aus meiner Sicht ein Problem. Mittlerweile sind nur noch ein halbes Dutzend der Länder in der EU überhaupt bereit, Migranten aufzunehmen. Somit verstärkt sich der Druck auf die Mitgliedstaaten an den EU-Außengrenzen wie Griechenland, Italien, Malta und Spanien. Auf diese Art und Weise kann keine faire Migrationspolitik in Europa funktionieren. Darüber müssen wir sprechen.

Erwarten Sie harte Diskussionen unter den EU-Ländern?
Ich bin fest davon überzeugt, dass südliche EU-Länder eine stärkere Solidarität von den anderen Mitgliedstaaten einfordern werden. Das liegt auf der Hand. Ich glaube nicht, dass der von der Kommission vorgeschlagene Mechanismus in der Praxis funktionieren kann. Wir brauchen eine Ergänzung. Es müssen zusätzliche Mechanismen eingebaut werden, damit nicht nur sechs EU-Länder am Ende des Tages noch Geflüchtete aufnehmen.

Welche Mechanismen sollen denn eingebaut werden?
Es muss ein Mechanismus für eine stärkere Solidarität in der EU eingebaut werden, der zur Aufnahme von Migranten von möglichst vielen Ländern führt. Patenschaften für eine Rückführung sind in der Theorie gut, um zu einem gemeinsamen Handeln in der Migrationspolitik zu kommen. In der Praxis muss aber etwas passieren, damit die Flüchtlinge an den EU-Außengrenzen nicht über Monate hinweg festsitzen – wie etwa auf der Insel Lesbos. Hier gibt es noch großen Klärungsbedarf. Wir brauchen ein EU-Notfallsystem, das möglichst alle Mitgliedstaaten bei der Aufnahme von Migranten einschließt. Ein Weiter-so kann und darf es nicht geben.

Droht mit der geplanten Beschleunigung der Verfahren an den EU-Außengrenzen das Recht auf Asyl grundsätzlich beschädigt zu werden?
Nein. Niemand hat etwas davon, wenn die Verfahren so lange dauern. Das ist schlecht für die Menschen und für die Länder. Wenn künftig die Asylverfahren schneller und dennoch fair durchgeführt werden können, so ist das für alle vorteilhaft. Deshalb begrüße ich diesen Vorschlag der EU-Kommission. Wir müssen uns künftig auf Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten konzentrieren, sonst kommen wir nicht weiter. Gut finde ich, dass die Kommission das Wohl der Kinder und den Aspekt der Familienzusammenführung nun stark berücksichtigt hat.

Nach dem Willen der EU-Kommission sollen die neuen Regeln für Migration und Asyl von Rat und Parlament bis Ende des Jahres verabschiedet werden, wir groß sind dafür die Chancen?
Am 8. Oktober trifft sich der Rat der Migrationsminister. Zudem wird im Europaparlament darüber debattiert. Wenn aber einige Länder weiter die Position vertreten, in keinem Fall Flüchtlinge aufzunehmen, wird der Vorschlag in seiner bisherigen Form keinen Erfolg haben. Österreich und die Länder Osteuropas müssen sich bewegen. Die Länder an den EU-Außengrenzen dürfen nicht mit der Betreuung der Flüchtlinge alleingelassen werden. Wir brauchen daher eine rechtliche Verpflichtung für alle EU-Staaten zur Verteilung.

Damit wollen Sie also eine modernisierte Version des Dublin-Abkommens, oder?
Richtig.

Doch genau das Verteilungssystem mit festen Quoten für Flüchtlinge hat in den vergangenen vier Jahren überhaupt nicht geklappt – vor allem wegen des Widerstands von Ungarn, Polen, Slowakei und Tschechien. Sehen Sie hier eine Chance auf Bewegung?

Ich glaube nicht, dass es in diesen Staaten nur sture Köpfe gibt. Es gibt überall in Europa das wachsende Bedürfnis nach mehr Solidarität und Zusammenarbeit in Flüchtlingsfragen. Sich mit Geld von der Verantwortung freizukaufen, wird nicht funktionieren. Da bin ich Realist.

Die legale Immigration will die EU-Kommission erst nächstes Jahr regeln. Ist es sinnvoll, illegale und legale Einwanderung zu trennen?
Es ist kein guter Entschluss, bis nächstes Jahr zu warten. Wir haben bereits 2015 gegenüber Afrika versprochen, klare Regeln für die legale Einwanderung in der EU zu schaffen. Jeder weiß, dass wir legale Migration brauchen. Deshalb hätte es Sinn gemacht, ein ganzheitliches Migrationspaket zu schnüren.

Wir danken für das Gespräch.