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Ein Kraftprotz und zwei Nachzügler

Sechs Monate hat sich Hermann Weinmann für seine Untersuchung Zeit genommen. Herausgekommen ist eine akribische Bestandsaufnahme, die einen tiefen Einblick in die Lage der Versicherer gewährt. Denn in einem umfangreichen Bilanz- und Unternehmens-Check hat sich der Versicherungsexperte des Instituts für Finanzwirtschaft der Hochschule Ludwigshafen am Rhein die Mühe gemacht, die wirtschaftlichen Kennziffern der zwölf wichtigsten deutschen Lebensversicherer miteinander zu vergleichen.

Das Ergebnis dürfte nicht jedem Topmanager in den Unternehmen zu Jubel veranlassen. Während der Report, der am Freitag in der Zeitschrift für Versicherungswesen erschien, die betriebswirtschaftliche Leistung von Allianz Leben als „sehr stark“ lobt, müssen sich viele andere Konzerne ein deutlich kritischeres Urteil gefallen lassen. „Die Spreizung zwischen den Gesellschaften nimmt zu“, sagt der Betriebswirtschafts-Professor Weinmann dem Handelsblatt.

Ein Kraftprotz und zwei Nachzügler: Die Kluft zwischen den zwölf wichtigsten deutschen Lebensversicherern wird laut Untersuchung nicht kleiner. Laut dem Report – der Ertragskraft, die Beteiligung der Verbraucher an den Ergebnissen sowie die finanzielle Stärke der Unternehmen nach einem Punktesystem bemisst – nimmt die Allianz Leben eine unangefochtene Spitzenposition ein. Mit 850 Punkten erhält der Versicherer laut Studie das Prädikat „sehr stark“ im betriebswirtschaftlichen Urteil.

Bei der Verbrauchernote, die neben der finanziellen Stabilität auch die Beteiligung der Kunden am Rohüberschuss berücksichtigt, schneiden die Münchener mit „sehr gut“ ab. Am unteren Ende der Tabelle finden sich dagegen dieses Jahr die Debeka Leben sowie die Generali Leben, die beide jeweils in den Verbrauchernoten nur mit „ausreichend“ beurteilt werden.

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Weinmann justierte sein Bewertungssystem neu. Er bewertete dafür in dem Report unter anderem Kennziffern wie die Entwicklung der Rohüberschuss-Marge, die Ertragskraft sowie die Solvabilitätsquoten – also die Kapitalausstattungsquote der Versicherer –, die seit diesem Jahr erstmals individuell von jedem deutschen Versicherer ausgewiesen werden musste. Nach seinem Bewertungssystem konnten die besten Versicherer maximal 1000 Punkte erreichen. Auf dem zweiten Platz nach den Münchenern folgt die genossenschaftliche R+V Leben mit einer „starken“ betriebswirtschaftlichen Leistung und einer Note „gut“ im Verbraucherurteil. Die Ergebnisse und Beurteilungen der übrigen Unternehmen zeigten dagegen „erhebliche Unterschiede und in den einzelnen Kriterien auch zum Teil einen deutlichen Nachholbedarf“, wie Weinmann darlegt.


Versicherer bekommen härtere Kriterien zu spüren

So schnitten die Alte Leipziger Leben und die Axa Leben mit befriedigenden Verbrauchernoten von 2,7 beziehungsweise 3,3 schwächer ab als im Vorjahr. Die Hauptursache dafür läge allerdings in der Schärfung und Erweiterung der Bewertungskriterien, räumte der Versicherungsexperte ein.

Das bekam auch die Debeka Leben zu spüren, die im Vorjahr noch zu den besten Adressen in Deutschland zählte. Sie musste nach dem neuen Regelwerk einen massiven Punktabzug hinnehmen, weil die Ziffern nach der neuen Berechnungsgrundlage deutlich unter den Erwartungen bleiben. Insbesondere wegen einer ins Negative abgerutschten Rohüberschuss-Marge rutscht das betriebswirtschaftliche Urteil über die Debeka Leben mit 550 Punkten ins Mittelfeld ab. Bei den Verbrauchernoten schneidet sie wegen schwacher Solvenzquoten lediglich mit „ausreichend“ ab. Die gleiche Note erhält die Generali Leben.

Existenzielle Sorgen um einen der großen Versicherer muss sich der Kunde jedoch nach Worten von Weinmann nicht machen. Der Experte sieht die Branche insgesamt weiter in einem stabilen Zustand. „Zu große Skepsis ist wegen der Stärke der Bewertungsreserven und anderer Risikopuffer nicht angebracht“, betont der Versicherungsexperte. Die Bewertungsreserven-Quoten hätten durchweg zugelegt.

Doch die Schonzeit der Lebensversicherer in Sachen umfassender und adäquater Unternehmensbeurteilung gehe angesichts der inzwischen besser zugänglichen Informationsquellen wie den öffentlichen Solvabilitätsberichten „Stück für Stück zu Ende“. Es ist eine Feststellung, die mancher Versicherungsmanager möglicherweise mit etwas Unbehagen hören wird.