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IW-Direktor Michael Hüther bekommt Gegenwind

Der Top-Ökonom will die Schuldenpolitik umbauen. Außenhandelsverband und der Verband der Familienunternehmen warnen in einem offenen Brief vor den Plänen.

Der IW-Direktor gilt eigentlich als konservativer Ökonom. Foto: dpa
Der IW-Direktor gilt eigentlich als konservativer Ökonom. Foto: dpa

Michael Hüther ist im vergangenen Jahr ein Kunststück gelungen. Nahezu im Alleingang hat der Ökonom die Schuldendebatte in Deutschland gedreht. Um die Investitionen zu erhöhen, fordert der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) nicht nur die Aufgabe der „schwarzen Null“. Hüther will gleich auch die in der Verfassung verankerte Schuldenbreme mit einem schuldenfinanzierten Investitionsfonds umschiffen.

Doch mit diesen Forderungen hat sich Hüther im Arbeitgeberlager, welches das IW maßgeblich finanziert, keineswegs nur Freunde gemacht. Während der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) auf seiner Seite ist, sind insbesondere die Familienunternehmen über Hüther entsetzt – und lassen nun erstmals ihrem Ärger freien Lauf.

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In einem Brief an den IW-Chef und einem Begleitschreiben an den Haushaltsausschuss des Bundestags greifen der Außenhandelsverband BGA und der Verband der Familienunternehmer Hüther frontal an und warnen eindringlich vor seinen Ideen.

Bislang sei das IW stets ein Garant für eine „solide und vorausschauende“ Wirtschaftspolitik gewesen. Diese Position „steht nun infrage“, schreiben die beiden Verbandspräsidenten Reinhold von Eben-Worlée und Holger Bingmann in dem an Hüther gerichteten Brief, der wie das Begleitschreiben an den Bundestag dem Handelsblatt vorliegt. Denn seine Vorschläge seien „vollkommen destruktiv“.

Hüther hatte im vergangenen November in einem ungewöhnlichen Schulterschluss mit dem gewerkschaftsnahen Wirtschaftsinstitut IMK einen viel beachteten Vorschlag vorgelegt: Der Bund solle einen schuldenfinanzierten Investitionsfonds in Höhe von 450 Milliarden Euro auflegen. Mit dem Geld könne der Staat verteilt über zehn Jahre endlich Schulen, Schienen und Straßen auf Vordermann bringen und gleichzeitig die Energiewende und die Digitalisierung vorantreiben.

Gemischte Reaktionen

Die Vorschläge entfalteten vor allem deshalb so eine immense Wucht, weil Hüther eigentlich als konservativer Ökonom gilt. Während seine Ideen in der SPD und bei den Grünen gut ankamen, fragten sich viele in Union, FDP und Wirtschaft, was eigentlich in Hüther gefahren sei.

Die Irritation kommt in den Briefen der beiden Verbände unverblümt zum Ausdruck. Ein kreditfinanzierter Fonds sei „nichts anderes als die geschickt verpackte Rückkehr in den Schuldenstaat“, heißt es darin. Die demografische Überalterung und die überfrachtete Rentenpolitik würden ohnehin schon künftige Generationen kräftig belasten. Da dürfe man gerade jetzt, da die Steuerkassen dank Rekordbeschäftigung auch noch überquellen, „unseren Enkeln nicht mit neuen Schulden weitere Lasten aufbürden“.

Hüthers Vorschlag möge zwar „akademisch durchgerechnet“ sein, sei aber „politisch naiv“. Ein Investitionstopf parallel zum normalen Etat lasse die Ausgaben für plumpe Wahlversprechen im allgemeinen Haushalt ansteigen. Denn wenn Geld aufgrund des Fonds kein „knappes Gut“ mehr sei, werde es bei Politikern auch keine Ausgabendisziplin mehr geben. Die Wirtschaftspolitiker könnten keinen politischen Einfluss mehr nehmen, sondern verkämen zu Sachverwaltern des Investitionsfonds.

Mit genau diesem Argument versuchen die beiden Verbände, auch die Haushaltspolitiker davon zu überzeugen, von den Schuldenplänen Hüthers bloß die Finger zu lassen. Durch einen schuldenfinanzierten Investitionsfonds würde „das Königsrecht des Parlaments – nämlich Prioritäten bei der Finanzierung politischer Vorhaben zu setzen – ausgehebelt“, warnen sie. Hüthers Fondsidee sei „umso gefährlicher, da sie Nachahmer aus ganz anderen Politikfeldern auf den Plan rufen wird“.

Hüther kennt die Argumente und hat sie in der Vergangenheit abtropfen lassen. Die Zukunftsinvestitionen seien überfällig, sie zu unterlassen richte größeren Schaden an, als Schulden aufzunehmen, findet er. Der Ökonom hält Schulden zudem für finanzierbar, weil Deutschland seine Verschuldung heruntergefahren hat, die Zinsen niedrig sind und dies längere Zeit so bleiben werde – weshalb der Bund sich quasi zum Nulltarif verschulden kann.

Hüther glaubt auch nicht, dass der Investitionstopf für Wahlgeschenke missbraucht wird. Dies würden Wähler bemerken und Parteien dafür abstrafen. Auch das Argument, das Parlament drohe bei seinem Fonds die Kontrolle über die Finanzpolitik zu verlieren, hält Hüther für schwach. Er findet: Die geltende Schuldenbremse sei es doch, die den Spielraum der Abgeordneten einschränke.
Mehr: Michael Hüther sieht die Konjunktur in einer erschöpften Globalisierungsphase. Der IW-Direktor rechnet mit fünf schwachen Wachstumsjahren.