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Die Gesundheitsämter lassen sich Zeit – das Kanzleramt schäumt

Bis Ende Februar sollten alle Gesundheitsämter die Software SORMAS zur Kontaktverfolgung nutzen – doch erneut werden sie diese Frist wohl nicht einhalten. Der Kanzleramtschef kritisiert den „Schnittstellenwahnsinn“.

Das Softwarechaos in den Gesundheitsämtern findet kein schnelles Ende. Nur 151 der insgesamt 376 Ämter sind bisher an das digitale System SORMAS („Surveillance Outbreak Response Management and Analysis System“) angeschlossen, teilte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf Anfrage der WirtschaftsWoche mit. In Hamburg, Sachsen und im Saarland nutzt bisher kein einziges Amt die Software. Mit SORMAS sollen Kontakte von Coronainfizierten effizienter und exakter nachverfolgt werden können.

Damit brechen einige Länder offensichtlich erneut die Frist, die ihnen für die schnellere Vereinheitlichung der Systeme bei der letzten Ministerpräsidentenkonferenz gesetzt worden ist. Bis Ende Februar sollen alle Länder zumindest an SORMAS angeschlossen sein, heißt es im Bund-Länder-Beschluss vom 19. Januar. Bereits im November waren die Länder von der MPK dazu aufgefordert worden, hatten dies bis Jahresende 2020 aber nicht geschafft.

Nur Berlin und Bremen melden Vollzug

Erfüllt werden die Vorgaben nach Angaben des BMG derzeit nur von Berlin und Bremen, sie haben ihre 12 (Berlin) und 2 (Bremen) Gesundheitsämter an SORMAS angeschlossen. In Baden-Württemberg läuft SORMAS demnach bei 15 Ämtern (von insgesamt 38), in Bayern bei 48 Ämtern (76), in Brandenburg bei 8 Ämtern (18), ebenso bei 8 Ämtern in Hessen (24). In Mecklenburg-Vorpommern sind 5 Ämter (8) an SORMAS angeschlossen, in Niedersachsen 15 (43), in Nordrhein-Westfalen 16 (54), in Rheinland-Pfalz 1 (24), in Sachsen-Anhalt 6 (14), in Schleswig-Holstein 2 (21) und in Thüringen läuft SORMAS bei 13 von 22 Gesundheitsämtern.

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Das Saarland begründet die Nicht-Nutzung von SORMAs mit fehlenden Schnittstellen zur RKI-Standardsoftware. „Da die Schnittstellen zu den anderen Systemen noch nicht aktiviert beziehungsweise installiert sind, müssen Daten doppelt eingegeben werden“, erklärte eine Sprecherin des saarländischen Gesundheitsministeriums der Wirtschaftswoche. Diese „Schnittstellenproblematik“ müsse gelöst werden, sie erwarte eine aktualisierte Version bis Ende des Monats.

Hamburg „prüft“ die Umsetzung des Beschlusses

Hamburg verweist auf eine alternative Software, die bereits gut funktioniere. Derzeit werde „geprüft“, inwieweit der MPK-Beschluss überhaupt umzusetzen sei, sagte ein Sprecher der Hamburger Sozialbehörde. Sachsen will SORMAS zunächst in zwei Pilotprojekten testen und dann weitere Ämter anschließen. „Aufgrund der derzeitigen Aufgabenfülle der Gesundheitsämter kann dieser Prozess nur begleitend stattfinden“, sagte eine Sprecherin des sächsischen Gesundheitsministeriums.

Bayern hatte seine Gesundheitsämter Anfang Dezember „verpflichtet, umgehend bayernweit“ SORMAS zum Pandemiemanagement und zur Kontaktnachverfolgung zu verwenden – auch diese zusätzliche Verpflichtung hat offensichtlich nicht den gewünschten Erfolg gehabt.

Ämter können nicht verpflichtet werden

Das Bundesgesundheitsministerium kann die Gesundheitsämter nicht zur SORMAS-Nutzung zwingen. Sie dürfen selbst entscheiden, welche Software sie zur Kontaktverfolgung nutzen.

Die Regierung verweist auf „konstruktive Gespräche“ mit den Ländern über die „Vorzüge einer überregionalen Vernetzung“, teilte ein Regierungssprecher mit. Wenn es gelinge, „dass alle ein System nutzen, würde dies die Schnittstellenproblematik spürbar verkleinern“. Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) hat kürzlich den „Schnittstellenwahnsinn“ kritisiert, der beendet werden müsse.

Entwickelt wurde SORMAS nach dem Ebola-Ausbruch

Entwickelt worden ist SORMAS 2014 im Zuge des westafrikanischen Ebola-Ausbruchs vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI), der nigerianischen Seuchenschutzbehörde, dem Robert Koch-Institut (RKI) und weiteren Partnern in Deutschland und Nigeria. Für 37 Infektionskrankheiten kann SORMAS inzwischen eingesetzt werden, von Masern bis Malaria.

Mehr zum Thema: Noch immer wird die Coronapandemie analog bekämpft. Nun sollen die Gesundheitsämter digitaler werden – Bayern will sie sogar zwingen. Doch bundesweit dauert es, bis die Faxgeräte überflüssig werden.