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GESAMT-ROUNDUP/Gegen den Energiepreis-Schock: Mehr Firmen sollen Hilfe bekommen

BERLIN (dpa-AFX) - Die Bundesregierung will wegen der stark gestiegenen Energiekosten kurzfristig neue Hilfen für Unternehmen auf den Weg bringen. Energieintensive Mittelständler sollen rasch Zuschüsse zu den Gas- und Stromkosten erhalten, wie Wirtschaftsminister Robert Habeck am Dienstag in Aussicht stellte. Finanzminister Christian Lindner will außerdem die Förderbank KfW besser rüsten. Bundeskanzler Olaf Scholz versprach auf dem Arbeitgebertag in Berlin: "Wir arbeiten jetzt (.) mit Hochdruck daran, dass wir die bestehenden Fördermöglichkeiten ausweiten." Nötig sei eine Gemeinschaftsanstrengung, um diese Zeit zu überstehen, "und wir werden das auch gemeinsam tun".

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger wies auf die "dramatische Konjunkturlage" infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und die "heftigen Lieferengpässe" hin. "Eine Rezession ist wahrscheinlich, als mittelständischer Unternehmer spüre ich das jeden Tag", sagte er. Schrumpft das Bruttoinlandsprodukt zwei Quartale in Folge, sprechen Ökonomen von einer technischen Rezession. Diese ist aber nicht vergleichbar mit einem Konjunktureinbruch im Gesamtjahr.

Habeck hält eine solche Entwicklung noch für verhinderbar - etwa mit Wirtschaftshilfen und einer Energiepreisbremse. "Es wird schwer und anspruchsvoll, aber eine Rezession ist ja kein Naturgesetz", sagte der Minister. Er will deshalb das bisher auf die Industrie ausgerichtete Energiekostendämpfungsprogramm so öffnen, dass auch das Handwerk und Dienstleistungsunternehmen davon profitieren.

Mittelstandsfirmen aus allen Wirtschaftssektoren, die von den steigenden Energiekosten stark betroffen sind, sollen leichter Zuschüsse erhalten können. "Ich meine: Wir müssen jetzt alle finanzielle Kraft aufbringen, die nötig ist, um die gute Substanz unserer Wirtschaft und Arbeitsplätze in diesem Land zu sichern und in die Zukunft zu führen", betonte der Grünen-Politiker.

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Das Programm unterstützt Unternehmen, die stark gestiegene Energiekosten wegen des internationalen Wettbewerbs nicht an ihre Kunden weitergeben können. Bisher haben sich rund 2500 Unternehmen dafür registriert. Je stärker ein Unternehmen von den hohen Energiekosten betroffen ist, desto höher fällt der Zuschuss aus.

Bei der geplanten Ausweitung komme es nun "entscheidend darauf an, wie schnell wir uns in der Bundesregierung einigen und die Umsetzung schnell auf den Weg bringen können", betonte der Wirtschaftsminister. Möglicherweise könnten die Zuschüsse auch rückwirkend ab September gewährt werden. Habeck will die Zuschüsse nun auch bis mindestens April 2024 verlängern und führt daher Gespräche mit der EU-Kommission.

SPD-Chef Lars Klingbeil sicherte beim Sender "Welt" die Unterstützung seiner Partei zu: "Das unterstützen wir absolut als SPD, dass wir sagen, auch den Bäckereien, auch dem Handwerk, auch dem Mittelstand greifen wir unter die Arme." Handwerk, Mittelstand und Industrie stünden vor einer ernsthaften Herausforderung. "Wir wollen, dass Arbeitsplätze hier gesichert werden und dafür muss der Staat Geld in die Hand nehmen."

Auch FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler sicherte Habeck Unterstützung zu. Die allermeisten der kleinen und mittelständischen Betriebe seien nicht selbst verschuldet in Not, sondern weil sich Versprechen einer sicheren und günstigen Gasversorgung aus Russland als falsch herausgestellt hätten. "Klar ist allerdings auch, dass sämtliche Wirtschaftshilfen irgendwie bezahlt werden müssen", betonte er. Habeck müsse den Beschluss des Koalitionsausschusses schnell umsetzen, Zufallsgewinne von Stromproduzenten abzuschöpfen.

DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell begrüßte die Ankündigung ebenfalls. "Es ist 5 vor 12. Die Energiekostenbelastung muss zügig durch Wirtschaftshilfen und Energieeffizienzmaßnahmen gebremst werden", betonte er. Rainer Kirchdörfer aus dem Vorstand der Stiftung Familienunternehmen und Politik verlangte zusätzlich eine Reduzierung der Unternehmenssteuern und die Abschaffung der geplanten Gasumlage.

Nach dem Willen von Finanzminister Lindner sollen Energieunternehmen zudem mehr als bisher Hilfe von der Förderbank KfW bekommen können. Die Möglichkeiten zur Absicherung von Garantien und Liquiditätshilfen sollten verstärkt werden, hieß es aus Kreisen seines Ministeriums. Dafür sollen Kreditermächtigungen genutzt werden, die ursprünglich für Wirtschaftshilfen im Zusammenhang mit der Corona-Krise geschaffen wurden. Nach Informationen des "Handelsblatt" handelt es sich um Kreditermächtigungen im Umfang von rund 67 Milliarden Euro.

Hintergrund ist die schwierige Situation der Energieversorger wegen der reduzierten Gaslieferungen aus Russland. Durch die Umstrukturierung stiegen die Möglichkeiten der Bank, Stabilisierungshilfen für diese Unternehmen zu gewähren, hieß es. Eine Reaktivierung der Unternehmenshilfen aus der Corona-Pandemie sei damit aber nicht verbunden. Die KfW unterstützt unter anderem Maßnahmen zur Auffüllung der Gasspeicher und zum Aufbau von Flüssiggas-Infrastruktur.

Der FDP-Politiker Lindner betonte, die Bekämpfung der Inflation in Deutschland müsse erste Priorität haben. Dazu seien statt einer expansiven Finanzpolitik gezielte Maßnahmen nötig, die die Preise nicht noch anheizten.

Getrieben von steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen ist die jährliche Teuerungsrate im August wieder auf 7,9 Prozent gesprungen. Zwar hatte sich der Preisauftrieb in den Sommermonaten unter anderem durch Tankrabatt und 9-Euro-Ticket abgeschwächt, nach Daten des Statistischen Bundesamts zieht er nun aber wieder an. Volkswirte rechnen mit zweistelligen Inflationsraten in den nächsten Monaten, unter anderem wegen der Belastung durch die Gasumlage.

Inflationsraten auf dem derzeitigen Niveau gab es im wiedervereinigten Deutschland noch nie. In den alten Bundesländern muss man in der Zeitreihe bis in den Winter 1973/1974 während der Ölkrise zurückgehen, um ähnlich hohe Werte zu finden.

Die hohen Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, weil sie sich für einen Euro weniger leisten können. Das neue Entlastungspaket der Bundesregierung wird dies nach Rechnung von Experten bei weitem nicht ausgleichen.