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Daimler-Manager in China am Pranger

Alles beginnt mit einem wütenden Kurztext. Eine chinesische Nutzerin beklagt sich auf dem chinesischen Mikroblog Weibo, sie sei von einem deutschen Manager wüst beschimpft worden. Im Streit um einen Parkplatz habe der Mitarbeiter von Daimler gesagt: „Ich bin schon seit einem Jahr in . Und das erste, was ich gelernt habe, ist: Alle Chinesen sind Bastarde.“

Der Beitrag verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Am Montagmorgen lesen mehr als fünf Millionen Nutzer die Beiträge, die unter dem neueingerichteten Hashtag „Daimler Manager verunglimpft China“ verbreitet werden. Mehr als 4.000 Kommentare werden innerhalb von Stunden mit dem Hashtag gepostet. Es wird zum Boykott von -Produkten in der Volkrepublik aufgerufen. Nutzer teilen die Handynummer und Postanschrift des Mitarbeiters. Screenshots legen nahe, dass ein interner Auszug des Firmenadressbuchs im verbreitet wurde. Aufrufe zu Gewalt kursieren.

Daimler versucht die Debatte zu entschärfen. Es handele sich um einen persönlichen Konflikt, der in keiner Weise für das Unternehmen stehe, sagt eine Sprecherin dem Handelsblatt. Daimler biete interkulturelle Vorbereitungskurse für Mitarbeiter an, die ins Ausland entsendet würden.

In einer Stellungnahme an chinesische Medien betont der Autobauer, der Hintergrund des Falls werde untersucht. „Wir drücken unser Bedauern über diesen persönlichen Konflikt aus. Jegliche Aussagen des beteiligten Mitarbeiters stehen in keinem Fall für unser Unternehmen.“ Daimler arbeite daran, ein verantwortungsvolles Unternehmen in China zu sein.

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Daimler müsse die Entwicklung sehr ernst nehmen, fordert Professor Yang Bin, der an der Pekinger Tsinghua Universität zu Chinas Sozialen Netzwerken forscht. „Es ist verständlich, dass Nutzer im Internet wütend sind. Es ist richtig, dass sich Daimler direkt entschuldigt hat“, sagt Yang. „Persönliche Kontaktdaten dürfen nicht ungefragt online geteilt werden. Das ist auch in China illegal“, hebt Yang hervor. Die Regierung arbeite daran, auch im Internet klarere Grenzen zu ziehen.

Anstatt die Debatte zu versachlichen, feuern chinesische Staatsmedien die Debatten im Internet jedoch weiter an. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua gibt den Vorfall auf Weibo mit den Worten weiter: „Sie essen das Fleisch vom Knochen. Und dann legen sie die Stäbchen zur Seite, um zu schimpfen.“ Daimler habe massiv von Chinas Aufstieg profitiert, aber die Einstellung des Mitarbeiters offenbare, wie überheblich der Konzern auf China herabblicke. Gleichzeitig teilte die Nachrichtenagentur, Namen, Funktion und Fotos des Daimler-Mitarbeiters.

Ein Chinese meldet sich zu Wort, dessen Mobilnummer nur um eine Ziffer von der des Daimler-Mitarbeiters abweicht. Er schickt Fotos von SMS, die fälschlicherweise an ihn geschickt wurden. „Geh nach Deutschland, Du und Deine Firma haben in China nichts zu suchen“, heißt es in einer. In einer anderen fordert ein unbekannter Absender: „Warte nur, bis wir Dich in die Finger bekommen. Niemand darf unser Land so beschmutzen, wie ihr überheblichen Europäer.“


„Auch Chinesen sind immer wieder Opfer solcher Kampagnen“

Eine Präsenz auf Chinas sozialen Netzwerken ist ein Muss für internationale Konzerne. Nirgendwo gibt es sonst so einen direkten Draht zu Konsumenten. Nirgendwo lassen sich Werbekampagnen so genau auf Käufer zuschneiden. Chinas Firewall blockiert globale Plattformen wie Facebook, Twitter oder Youtube. Aber für alle Medien gibt es chinesische Pendants.

Wutausbrüche von Nutzern gibt es auf dem Mikroblog Weibo ähnlich wie bei Facebook und . Doch während chinesischen Zensoren schnell politisch heikle Kommentare oder Kritik an der chinesischen Regierung löschen, werden immer wieder persönliche Daten einzelner Personen millionenfach geteilt. „Renrou“ (übersetzt Menschenfleisch) wird das gezielte Online-Mobbing in genannt.

Das sei ein Problem, sagt Professor Yang. „Es richtet sich aber nicht nur gegen Ausländer. Auch Chinesen sind immer wieder Opfer solcher Kampagnen“, sagt Yang. Das mache die Auswirkungen solcher Entwicklungen jedoch nicht weniger dramatisch.

Peking hatte bereits vor zwei Jahren die Kampagne „Sauberes 2014“ gestartet. Damals waren die Regeln Veröffentlichungen im Internet massiv verschärft worden. Seitdem können Blogger mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden, wenn sie über Online-Kommentare oder Mikroblogs „Gerüchte“ verbreiten, die von mehr als 5.000 Besuchern gelesen oder mehr als 500 Mal im Netz weiterverbreitet werden.

Menschenrechtsgruppen wie die US-Organisation Human Rights in China warnen jedoch, dass diese Regel gegen Regierungskritiker ausgelegt werden können, und nicht helfen, Onlinemobbing einzudämmen.

KONTEXT

Die Empörungswelle brechen

Monitoring betreiben

Beobachten Sie genau, was im Internet über Ihre Marke und Ihr Unternehmen geschrieben wird. Ein solches Monitoring können Sie selbst machen oder bei einer Agentur in Auftrag geben. So banal es auch klingt: Längst nicht alle Unternehmen wissen, was auf ihren eigenen Facebook-Seiten läuft. Ein Beispiel: Unlängst wurde die Facebook-Seite der Unilever-Marke Dove mit Links zu Pornoseiten überschwemmt. Da stellt sich durchaus die Frage: Schaut denn da niemand drauf?

Fangemeinde aufbauen

Bauen Sie sich systematisch eine eigene Fangemeinde auf, seien Sie im Internet aktiv, begeistern Sie Ihre Kunden. Sollten Sie dann doch einmal angegriffen werden - ob gerechtfertigt oder nicht - springt Ihnen auf jeden Fall der beste Anwalt zur Seite, den es gibt: Ihre eigene Fangemeinde. Ein Vorzeigebeispiel ist in diesem Fall die Drogeriekette DM.

Empörung nicht unterschätzen

Verschwenden Sie keine Zeit an den Gedanken, dass Sie nicht Opfer von Shitstorms werden können, wenn Sie gar nicht erst in den sozialen Netzwerken aktiv sind. Denn Kundenempörung kann sich überall entladen. Da ist es schon besser, es passiert auf Ihrer eigenen Webseite, wo Sie beschwichtigend eingreifen können.

Risiko einordnen

Wenn Sie plötzlich eine Ansammlung kritischer Kommentare entdecken, müssen Sie schnell eine Risikoeinordnung vornehmen. Ihre Social-Media-Kompetenz sollte so groß sein, dass Sie innerhalb einer Stunde einschätzen können, wer der Absender des Protests ist, wie groß seine Reichweite ist und welche Ernsthaftigkeit dahintersteht.

Eingreifen - oder es lassen

Anschließend müssen Sie die Frage klären, ob Sie eingreifen wollen. Handelt es sich beispielsweise nicht um substanzielle Kritik an Ihrem Unternehmen, dann ist die Cool-bleiben-Strategie richtig. Allerdings sollten die Provokateure darauf hingewiesen werden, dass ihre Sprache jugendfrei und nicht beleidigend sein sollte. Andernfalls drohen Sie, die Stänkerer zu sperren.

Stellung nehmen

Sollte die Kritik der Internet-User substanziell sein, dann sollten Sie auch dazu Stellung nehmen. Das heißt noch lange nicht, dass Sie in den ersten Stunden nach Ausbruch des Sturms sofort mit einer fertigen Lösung aufwarten müssen. Aber Sie sollten authentisch sein und zeigen, dass Sie derzeit alles daransetzen, den Sachverhalt aufzuklären.

Gelassen bleiben

Wenn Sie erst mal mitten im Auge des Web-Orkans stehen, dann bleiben Sie gelassen. Zeigen Sie Empathie und hören den Protestlern zu. Wichtig ist: Fangen Sie nicht an, zurückzuschimpfen oder oberlehrerhaft zu wirken. Komplizierte sachliche Argumente, so richtig sie sein mögen, sind in diesem Moment fehl am Platz. Greifen Sie stattdessen die Netzsprache auf und zeigen ein wenig Humor.

Keine Beiträge löschen

Löschen oder zensieren Sie nicht die Beiträge von Ihren Kritikern. Zeigen Sie sich souverän und stellen Sie sich den Vorwürfen.

Agendasetting betreiben

Sorgen Sie dafür, dass das Thema des tobenden Shitstorms nicht Ihr Unternehmen und dessen Außenwirkung beherrscht. Betreiben Sie Agendasetting: Wählen Sie andere Themen aus, für die sich Ihre Kunden interessieren könnten und treiben Sie diese voran. Damit relativieren Sie die Bedeutung des Shitstorms.

Mit dem Unplanbaren rechnen

Rechnen Sie mit dem Unvorhersehbaren, mit dem Unplanbaren. Unternehmen, die alles kontrollieren wollen - auch ihre Kunden - werden an den Möglichkeiten der sozialen Netzwerke verzweifeln. Denn dort übernehmen nun einmal immer mehr die Konsumenten die Kommunikation.

KONTEXT

So geht Kritik im Netz

Die wichtigsten Regeln

Ob Hotels, Restaurants oder Arbeitgeber - Erfahrungsberichte kann man im Internet zu unzähligen Themen abgeben. Aber Bewertungsportale sind kein rechtsfreier Raum. Das müssen Sie beachten, wenn Sie online Bewertungen abgeben.

Die Fakten zählen

Halten Sie sich immer an die Fakten und bewerten Sie ehrlich und objektiv. Beschönigen Sie nichts, aber machen Sie die Dinge nicht schlechter als sie sind.

Auf Wortwahl achten

Verwenden Sie keine Kraftausdrücke. Diskriminierende, beleidigende, rufschädigende, rassistische und vulgäre Aussagen sind verboten.

Interna für sich behalten

Verraten Sie keine Geschäftsgeheimnisse im Netz. Wer Bewertungen für Unternehmen abgibt, ist selbst dafür verantwortlich, dass er nicht gegen seinen Arbeitsvertrag und Schweigepflichten verstößt.

Namen sind Tabu

Nennen Sie keine Namen, denn die Bewertung von Personen ist auf den meisten Plattformen nicht erlaubt. Achten Sie auch darauf, dass Ihr Kommentar keine Rückschlüsse auf Personen zulässt.

Eigenen Eindruck schildern

Lassen Sie sich nicht von anderen Meinungen beeinflussen und nehmen Sie sich Zeit für Ihre Antworten.

Manipulation verboten

Wer gefälschte Bewertungen einstellt, macht sich strafbar. Denn manipulierte Bewertungen gelten laut § 5 UWG als irreführende Werbung.