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Chinesischer Zentralbanker spricht sich für „tief negative Zinsen“ aus

Ein Vertreter der People’s Bank of China betrachtet negative Leitzinsen als effektiv – und schlägt vor, Bargeld zu digitalisieren.

Bisher war es eine Idee in akademischen Kreisen: negative Leitzinsen als normales Instrument der Geldpolitik zu nutzen und das durch weitgehende Abschaffung des Bargelds zu unterstützen. Der bekannte Harvard-Professor Kenneth Rogoff etwa mahnt, weltweit sollten sich die Notenbanken darauf einstellen, bei der nächsten Rezession die Zinsen deutlich unter Null sinken zu lassen.

Zugleich hat er 2016 ein Buch veröffentlicht, dessen Titel keinen Zweifel lässt: „The Curse of Cash“ (Der Fluch des Bargelds). Darin fordert er, möglichst wenig Banknoten in Umlauf zu bringen, um Kriminalität und Steuerhinterziehungen zu erschweren - aber auch, um den Einsatz von negativen Zinsen zu erleichtern.

Mit Sun Guofeng von der chinesischen Zentralbank vertritt erstmals ein prominenter Vertreter einer großen Zentralbank eine derartige These. China ist weit entfernt und das dortige Wirtschaftssystem mit dem in Europa und der USA nicht direkt zu vergleichen. Trotzdem zeigt das Beispiel, dass das Konzept allmählich mehr als eine abseitige Professoren-Idee ist. Nicht nur Sparer, sondern auch Banken und Versicherer haben aber in der Regel Mühe, mit negativen Zinsen zurecht zu kommen.

In seiner Studie geht der Chef des Finanz-Researchs der People's Bank of China davon aus, dass die Zinsen auf lange Zeit niedrig bleiben werden. Daher sei zu erwarten, dass die Notenbanken künftig bei Rezessionen häufiger zu negativen Zinsen greifen müssten. „Wenn die Banken bereit sind, negative Zinsen an ihre Einlagen-Kunden weiterzugeben, dann steigert das enorm die Effektivität negativer Leitzinsen der Geldpolitik“, heißt es in seiner Analyse – gemeint sind dabei die normalen Geschäftsbanken.

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Seiner Ansicht nach sollten Notenbanken daher bei einer Deflation, also in Zeiten sinkender Preise, zu „tief negativen Zinsen“ greifen. Die Geschäftsbanken können sie dann weitergeben und so die Wirtschaft antreiben.

So lange ein großer Teil der Zahlungen über Bargeld abgewickelt wird, droht bei negativen Sparzinsen aber ein Problem: Die Kunden können dann Geldscheine horten, um so wenigstens einen Null-Zins zu erhalten. Anders sieht es aus, wenn Zahlungen hauptsächlich elektronisch erfolgen - in dem Fall kann sich kein Kunde mehr wirksam dem Minustrend entziehen.

Sun schlägt daher vor, eine digitale Währung zu schaffen, die den Gebrauch von Bargeld im Laufe der Zeit verdrängt - also im Grunde geht es nicht um eine „Währung“, sondern um digitales Bargeld. Damit verbindet der chinesische Experte gleich zwei Aufsehen erregende Themen, die weit in den Alltag hinreichen können: Zinsen und Krypto-Währungen.


Überraschend wenig Probleme mit Minuszinsen

In China gibt es bisher keine negativen Leitzinsen, ebenso wenig in den USA. In Europa hält die EZB den offiziellen Leitzins bei Null, aber der Einlagenzins für Banken, die Konten bei ihr unterhalten, liegt bei minus 0,4 Prozent. In einzelnen Fällen haben deutsche Banken zumindest für größere Summen auch schon negative Einlagenzinsen an ihre Kunden weitergegeben. Zum Teil bleiben die offiziellen Sparzinsen bei Null, während zugleich durch die Erhöhung der Bankgebühren de facto eine Art negativer Zins eingeführt wird.

Die Schweiz hält ihren Leitzins im Mittel bei minus 0,75 Prozent. Die dänische Notenbank hat einen Einlagenzins von minus 0,65 Prozent. Die Währungen beider Länder stehen unter Aufwertungsdruck, weil Anleger aus dem Euro-Raum sich dorthin flüchten.

Mit den negativen Zinsen steuern die Notenbanken dagegen. Dabei hat Dänemark seine Krone sogar offiziell an den Euro gekoppelt, während die Schweizer lediglich versuchen, eine zu starke Aufwertung des Franken zu verhindern. Beide Notenbanken berichten aber, dass sie mit den negativen Zinsen bisher überraschend wenig Probleme bekommen haben, obwohl Bargeld in ihren Ländern durchaus noch im Gebrauch ist.

Hintergrund der ganzen Diskussion ist die Sorge, dass bei der nächsten Rezession die Mittel zum Gegensteuern fehlen. Viele Länder haben sich so hoch verschuldet, dass sie bei einem wirtschaftlichen Einbruch mit der Finanzpolitik nicht mehr viel ausrichten könnten.

Das gilt weniger für Deutschland, wo die Verschuldung zuletzt, auch aufgrund der niedrigen und zum Teil sogar negativen Zinsen am Kapitalmarkt, deutlich gesunken ist. Außerdem sind die Notenbankzinsen in vielen Fällen sehr niedrig und die Bilanzen der Notenbanken noch stark aufgebläht, so dass auch der Spielraum für Anleihekäufe nur eingeschränkt zur Verfügung steht. In dem Punkt bilden die USA eine Ausnahme, deren Leitzins im laufenden Jahr noch die Schwelle von zwei Prozent überschreiten dürfte. Außerdem hat die US-Notenbank bereits die Schrumpfung ihrer Bilanzsumme eingeleitet.