Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • DAX

    18.161,01
    +243,73 (+1,36%)
     
  • Euro Stoxx 50

    5.006,85
    +67,84 (+1,37%)
     
  • Dow Jones 30

    38.321,10
    +235,30 (+0,62%)
     
  • Gold

    2.347,80
    +5,30 (+0,23%)
     
  • EUR/USD

    1,0699
    -0,0034 (-0,32%)
     
  • Bitcoin EUR

    59.694,10
    -611,33 (-1,01%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.325,63
    -70,91 (-5,08%)
     
  • Öl (Brent)

    83,83
    +0,26 (+0,31%)
     
  • MDAX

    26.175,48
    +132,30 (+0,51%)
     
  • TecDAX

    3.322,49
    +55,73 (+1,71%)
     
  • SDAX

    14.256,34
    +260,57 (+1,86%)
     
  • Nikkei 225

    37.934,76
    +306,28 (+0,81%)
     
  • FTSE 100

    8.139,83
    +60,97 (+0,75%)
     
  • CAC 40

    8.088,24
    +71,59 (+0,89%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.975,89
    +364,13 (+2,33%)
     

Ceconomy – Ein Marktführer wird zum Sanierungsfall

Auf der Hauptversammlung im vergangenen Jahr versprühte Ceconomy-Chef Pieter Haas noch Optimismus. „Wir haben eine klare Idee und eine fokussierte Strategie, die wir bereits in vielen Bereichen erfolgreich umsetzen“, rief er den Aktionären zu. „Damit hat keiner in unserer Branche eine so hervorragende Ausgangsbasis wie wir, um den vor uns liegenden Weg erfolgreich zu bewältigen.“

Ein Jahr später ist von diesem Optimismus nichts mehr übrig. Drei Gewinnwarnungen in Folge haben das Vertrauen der Anleger zerstört, die Aktie hat im vergangenen Jahr zwei Drittel ihres Werts verloren. Ein großer Teil der Führungsetage musste das Unternehmen verlassen, darunter auch Pieter Haas selbst. Rund 34 Millionen Euro Abfindung für 16 Manager – die Abrechnung mit dem Missmanagement wurde teuer bezahlt.

Und wenn das Unternehmen am Mittwoch dieser Woche in das Congress Center Düsseldorf zur Hauptversammlung lädt, dann kann der Vorstand den Aktionären auch noch wenig Konkretes dazu sagen, wie das Unternehmen aus dem Dilemma wieder rauskommen will.

Denn auf dem Podium sitzt neben dem letzten verbliebenen Vorstandsmitglied Dieter Haag Molkenteller nur Aufsichtsratsmitglied Bernhard Düttmann, der interimistisch den Posten des Finanzchefs übernommen hat, weil sich auch CFO Mark Frese einen neuen Job suchen musste.

WERBUNG

Der neue Vorstandschef Jörn Werner, der Ceconomy sanieren soll, wird erst am 1. März antreten. Er bringt aus seinem früheren Job als Chef der Werkstattkette ATU Erfahrung in der Restrukturierung angeschlagener Unternehmen mit. Und die wird er brauchen. Spätestens wenn am 21. Mai die Zahlen zum zweiten Quartal präsentiert werden, so heißt es, soll es auch Details zum Sanierungskonzept geben.

Doch klar ist schon jetzt, dass der Kahlschlag im Topmanagement erst der Anfang war. Insidern zufolge steht den Verwaltungen der beiden Ketten Media Markt und Saturn das schärfste Sanierungsprogramm der Unternehmensgeschichte bevor. Im November wurde bereits ein Programm zur Kostensenkung gestartet. Jetzt folgt ein kompletter Umbau der Strukturen – und der könnte eine hohe dreistellige Anzahl an Arbeitsplätzen kosten.

Doppelstrukturen werden abgebaut

Richtig in die Feinplanung geht es ab März, wenn Werner und die neue Finanzchefin Karin Sonnenmoser an Bord sind. Das Kernproblem sind die vielen Doppelstrukturen bei den Töchtern Media Markt und Saturn, die von der IT über die Buchhaltung und die Logistik bis zum Einkauf zu stark unabhängig voneinander gearbeitet haben.

Das soll komplett beseitigt werden. „Auf keiner Ebene darf mehr Doppelarbeit entstehen“, hat bereits Übergangs-CFO Düttmann erkannt.

„Es fehlten eine zentrale Steuerung und auch klare Berichtslinien“, sagt ein Insider. Dadurch sind auch Fehlentwicklungen zu spät erkannt worden – was nicht zuletzt auch einer der Gründe für die Folge von drei Gewinnwarnungen im vergangenen Jahr war.

Jahrzehntelang war die dezentrale Organisation des Unternehmens der Garant für den Erfolg. Die einzelnen Filialen wurden unternehmerisch geführt von einem selbstbewussten Geschäftsführer, der mit einem Minderheitsanteil beteiligt war und große Freiheiten bei der Sortimentsgestaltung und der Preissetzung hatte. So konnten die kleinen Lokalfürsten flexibel auf Kundenwünsche und Konkurrenz vor Ort reagieren.

Das Management hat jedoch tatenlos zugesehen, wie sich dieser Vorteil in einen Nachteil verwandelte. „In der digitalen Welt mit extremer Preistransparenz ist das nicht mehr möglich, da muss das Unternehmen sehr viel zentraler mit effizienten Prozessen geführt werden“, sagt Christian Bruns, Analyst bei Pareto Securities, der das Unternehmen seit Jahren kritisch begleitet. „Um diese über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen aufzubrechen, muss man wohl die Veränderungen mit dem Holzhammer durchsetzen.“

Einen dieser Holzhammer hält Ferran Reverter in der Hand. Der Spanier leitet seit Kurzem unterhalb des AG-Vorstands die Media-Saturn-Holding und damit das eigentliche operative Geschäft. In der spanischen Landesgesellschaft hatte er bereits den Strukturwandel durchgezogen, jetzt soll er das Gleiche auf Gruppenebene machen.

„Es gibt eine große Diskrepanz zwischen Ländern, die die Transformation vorangetrieben haben, und Ländern, die nichts getan haben“, schimpfte Übergangsvorstand Düttmann bei der Präsentation der Quartalszahlen in der vergangenen Woche. „Wir brauchen jetzt die Leute, die auch exekutieren wollen“, sagte er vielsagend.

Das bezieht sich insbesondere auf den deutschen Markt. Der war immer eine Bank mit soliden Gewinnen, der Marktführer beherrschte das Geschäft mit den Ketten Saturn und Media Markt nach Belieben. Doch das Unternehmen hat zu spät erkannt, dass sich die Situation komplett gedreht hatte. „Echtes Wachstum gibt es nur noch im E-Commerce, im stationären Handel stagniert das Geschäft“, beobachtet Markus Preißner vom Handelsforschungsinstitut IFH in Köln.

Der Onlineanteil in der Branche liege mit fast 30 Prozent im Vergleich zu anderen Branchen bereits am höchsten. Entsprechend hart ist die Konkurrenz – und damit der Preiskampf. „Das übt einen sehr starken Druck auf die Gewinnmargen aus“, sagt Handelsexperte Preißner.

Saturn ist das Sorgenkind

Zwar wachsen auch Media Markt und Saturn mittlerweile schnell im E-Commerce, das Onlinegeschäft hat im ersten Quartal 28 Prozent zugelegt. Doch die wegbrechende Frequenz im stationären Handel kann das nur unzureichend kompensieren. Letztlich hätte Ceconomy nach Einschätzung von Experten nicht nur früher auf den Onlinehandel umsteuern müssen, sondern auch die Flächen reduzieren und Filialen schließen müssen.

Doch das hat die starke Stellung der lokalen Geschäftsführer lange verhindert. „Die Marktleiter haben da Gräben aufgerissen“, beschreibt es ein Insider. Das setzte sich durch die gesamte Organisation fort. „Ein Zusammengehörigkeitsgefühl über die gesamte Gruppe gibt es kaum“, beschreibt es ein Arbeitnehmervertreter. „Häufig endet die Loyalität schon an der Grenze der Filiale.“

Sorgenkind ist insbesondere die Marke Saturn. In etlichen Ländern ist sie schon zugunsten der stärkeren Schwester Media Markt aufgegeben worden. In Deutschland leistet sich das Unternehmen noch den Luxus, beide Ketten parallel zu führen – ohne sie von der Markenführung her klar genug abzugrenzen.

Zwar soll Saturn mehr die Technikbegeisterten ansprechen und Media Markt mehr den Spaß am Spiel. Doch de facto haben sich beide Ketten mit permanenten Rabattaktionen in den vergangenen Jahren einen Ruf als Schnäppchenschleudern erarbeitet.

Im Ergebnis soll Saturn in Deutschland im vergangenen Jahr nicht mal mehr schwarze Zahlen geschrieben haben. Im Frühjahr schon musste der für Saturn verantwortliche Manager Carsten Strese gehen. Im November hat das Unternehmen die Führung beider Ketten, die zuvor getrennt war, in die Hände des neu ernannten Deutschlandchefs Florian Gietl gelegt. Das hat die Spekulationen noch mal verstärkt, wie lange es die Marke Saturn überhaupt noch geben wird.

Eine kurze Atempause hat das erste Quartal gebracht, das Ende Dezember abgeschlossen wurde. Rechnet man die Ausgaben der Abfindungen für die Manager heraus, ist der operative Gewinn gestiegen. Doch auch wenn sich schon die ersten Sanierungserfolge zeigen, diese Erholung steht auf tönernen Füßen.

„Die eine Hälfte des Ergebnisanstiegs entfiel auf den Black Friday, die andere Hälfte auf Einmaleffekte“, musste auch Interims-Finanzchef Düttmann einräumen. Für das Gesamtjahr erwartet er wieder einen leichten Rückgang beim Ergebnis – noch vor Umbaukosten.

Analysten und Anleger greifen mittlerweile nach jedem Strohhalm. Dass der Umsatz im ersten Quartal leicht gestiegen ist, hat den Aktienkurs Ende vergangener Woche in der Spitze um fast 20 Prozent hochspringen lassen. Andrew Porteous von HSBC nennt die Zahlen „ermutigend“, und Christian Bruns von Pareto Securities sagt: „In solch einer schwierigen Phase eine überzeugende Umsatzentwicklung hinzubekommen muss man positiv werten.“

Doch er warnt zugleich: „Das ist noch keine Trendwende.“ Der Wettbewerb im Markt sei sehr hart.

Im gesamten Unternehmen ruhen jetzt viele Hoffnungen auf dem neuen Vorstandschef. „Er muss es angesichts der starken Veränderungen schaffen, die Mitarbeiter mitzunehmen“, sagte ein Arbeitnehmervertreter. Bei seinem bisherigen Arbeitgeber ATU scheint Werner das gelungen zu sein. Dort wurde er sogar als „Menschenfänger“ bezeichnet, der den Mut gehabt habe, sich vor die Mitarbeiter zu stellen und auch unpopuläre Entscheidungen zu erklären.

Denn eins ist klar: Es wird bei Ceconomy in den kommenden Monaten viel zu erklären geben. Jörn Werner habe „mehrfach bewiesen, dass er auch in herausfordernden Situationen Geschäftsmodelle erfolgreich transformieren und nachhaltiges Wachstum schaffen kann“, hat ihm Aufsichtsratschef Jürgen Fitschen zu seiner Berufung auf den Chefposten mit auf den Weg gegeben. Das klingt nach radikaler Wende, nicht nach „weiter so“.