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Britische Studenten wollen Johnson austricksen und taktisch wählen

Um die Wahl zu gewinnen, versucht Premierminister Boris Johnson die Wahlbeteiligung der britischen Jungwähler zu drücken – aber die wehren sich.

Boris Johnson kämpft um jede Stimme. Der britische Premierminister ist zurzeit halb Regierungschef, halb Wahlkämpfer. Er tourt verstärkt durch Hochburgen anderer Parteien. Für eine absolute Mehrheit im Parlament versucht er, vor allem Labour-Wähler abzuwerben oder sie zu demobilisieren. Dabei hilft Johnson der Wahltermin am 12. Dezember. Das ist genau einen Tag, bevor an den meisten britischen Universitäten die Semesterferien beginnen.

Viele Studenten sind zu diesem Zeitpunkt nicht mehr an ihrem Studienort, sondern schon zu ihren Eltern in die Weihnachtsferien gereist. Die Labour-Partei hatte vergeblich versucht, den Wahltermin auf den 9. Dezember vorzuziehen, damit es für Studenten leichter sei, teilzunehmen. Die Regierung berief sich auf die britische Tradition, donnerstags zu wählen. Der 9. Dezember ist ein Montag.

Dass Labour sich so für die Jungwähler starkmacht, hat einen Grund. Die Partei braucht sie. Nur: Wenn die jungen Briten nicht wählen, helfen sie Johnson. Bei Wählern unter 40 Jahren schneidet Labour traditionell besser ab als alle anderen Parteien, besonders stark ist die Partei bei Briten zwischen 18 und 29. Bei den Unterhauswahlen 2017 erreichte Labour bei Studenten 64 Prozent, die Tories nur 19. In den Wahlkreisen der großen Universitätsstädte Manchester und Nottingham wurde seit den 80er Jahren kein Tory-Abgeordneter mehr gewählt.

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Bei den Studenten konkurriert Labour jedoch zunehmend mit den Liberaldemokraten. Während die LibDems den EU-Austritt seit längerem klar ablehnen und ein zweites Referendum fordern, hat Labour ein zwiespältiges Verhältnis zum Brexit. Ein Teil der Funktionäre lehnt ihn ab, ein anderer nicht. Die britischen Studenten sind in der Brexit-Frage allerdings eindeutig festgelegt.

Einer Umfrage zufolge sind drei Viertel von ihnen der Ansicht, dass ein EU-Austritt falsch ist. Beim Brexit-Referendum 2016 stimmten laut YouGov deutlich mehr als 70 Prozent der 18- bis 24-Jährigen für den Verbleib, aber das genügte am Ende nicht.

Aus zwei Gründen: Die Gruppe der Jungwähler ist nicht nur deutlich kleiner als die der Alten. Von den Wählern unter 25 ging nur jeder Dritte wählen, über 65 waren es 83 Prozent. Der Brexit ist auch ein Konflikt der Generationen. Viele junge Brexit-Gegner klagen unter dem Hashtag #NotInMyName darüber, dass sie ausbaden müssen, was die Alten ihnen eingebrockt haben.

Stichtag 26. November

Dass viele jungen Briten nicht wählen, hat auch strukturelle Gründe. Seit fünf Jahren muss sich in Großbritannien jeder Wähler registrieren. In vielen Gegenden ging die Wahlbeteiligung von Jungwählern daraufhin drastisch zurück. Um bei der Unterhauswahl in vier Wochen teilzunehmen, müssen Studenten sich bis zum 26. November zum Wählen registrieren. Johnsons Kalkül ist, dass viele Studenten im Stress der letzten Semesterwochen die Frist entweder verpassen oder sich falsch anmelden.

Die jungen Briten, bei denen der Premier ohnehin nicht beliebt ist, mobilisiert das. Bei Facebook und Twitter verbreiten Studenten Aufrufe, sich rechtzeitig für die Wahl anzumelden. „Es dauert 10 Minuten, um sich zur registrieren. Die Deadline ist der 26. November“, heißt es darin. Rundschreiben wie diese werden in diesen Tagen tausendfach weiterverbreitet.

Viele Studenten wollen taktisch wählen. Ob sie an ihrem Studienort abstimmen oder im Bezirk ihrer Eltern kann bei der Wahl einen erheblichen Unterschied machen. Aufgrund des Mehrheitswahlrechts gewinnt in den Wahlkreisen nur der Kandidat mit den meisten Stimmen, alle anderen gehen leer aus. Für die Studenten bedeutet das: In umkämpften Wahlbezirken, wo das Rennen zwischen den Parteien besonders knapp ist, sind die Stimmen wesentlich effektiver eingesetzt als in Hochburgen, wo die Mehrheit eines Abgeordneten sicher ist.

Die britischen Universitäten sind verpflichtet, im Sinne der Wahlbeteiligung Studenten zur Teilnahme an der Wahl zu ermutigen. Viele Unis weisen online auf die Möglichkeiten der Ummeldung hin. Über den Aufrufen stehen Sätze wie „Es ist wichtig, dass Sie die Zukunft mitbestimmen“.

Mehrere Fälle zeigen, wie aufgeregt die Atmosphäre ist. Der „Guardian“ berichtete kürzlich über eine Professorin der Nottingham Trent Universität. Die Frau hatte ihre Studenten bei Twitter ermutigt, sich dafür zu registrieren, an ihrer Ferienadresse zu wählen. Daraufhin wurde sie angezeigt, die Vizekanzlerin der Uni wurde aufgefordert, sie zu entlassen. Der Vorwurf: Sie habe Studenten aufgefordert, das Gesetz zu brechen und zweimal zu wählen.

In dieser Woche veröffentlichte eine Studentin der Bournemouth Universität eine Anleitung, wie sie bei der Wahl zweimal abstimmen können: am Studien- und zusätzlich auch am Heimatort, „in weniger als 120 Sekunden“. Wahlbetrug ist strafbar, aber schwierig zu ahnden.