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Arbeitsminister Heil verbietet Einsatz von Fremdpersonal

Der Arbeitsminister bringt sein Gesetz zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie auf den Weg.

Der Gesetzentwurf betrifft eine Branche, die immer wieder mit schlechten Arbeitsbedingungen und Niedriglöhnen von sich reden gemacht hatte. Foto: dpa
Der Gesetzentwurf betrifft eine Branche, die immer wieder mit schlechten Arbeitsbedingungen und Niedriglöhnen von sich reden gemacht hatte. Foto: dpa

Dass Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) angesichts der Zustände in der Fleischindustrie mit seiner Geduld am Ende ist, lässt sich auch im Referentenentwurf für das Gesetz nachlesen, mit dem eben diese Zustände verbessert werden sollen: Die Covid-19-Ausbrüche in Schlachthöfen in Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern hätten das Augenmerk verstärkt auf die Arbeitsbedingungen einer Branche gelenkt, die schon in der Vergangenheit wegen dieser Arbeitsbedingungen immer wieder in die Kritik geraten sei, heißt es in dem Entwurf, der dem Handelsblatt vorliegt. „Trotz Selbstverpflichtungen der Branche, trotz Verschärfungen des Regelwerks und trotz verschärfter Kontrollen ist keine nennenswerte Verbesserung der Arbeitsbedingungen feststellbar.“

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Die will Heil nun unter anderem dadurch erreichen, dass im Bereich des Kerngeschäfts der Fleischwirtschaft, also der Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung, kein Fremdpersonal mehr eingesetzt werden darf. „Der Einsatz von Werkvertrags- sowie Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern ist damit künftig in diesen Bereichen nicht mehr zulässig“, schreiben die Beamten des Ministeriums. Das Fleischerhandwerk und ähnliche Kleinbetriebe mit bis zu 30 Beschäftigten werden von den Neuregelungen ausgenommen.

Heil will damit der gängigen Praxis einen Riegel vorschieben, die genannten Arbeiten über Werkverträge an Subunternehmer auszulagern, die dann dafür meist Arbeitskräfte aus Ost- oder Südosteuropa einsetzen. Diese Praxis habe zu einer Kette von Sub-Sub-Subunternehmertum geführt, in der sich Verantwortlichkeiten nicht mehr klar zuweisen ließen, hatte Heil im Vorfeld kritisiert.

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Der Anteil des Fremdpersonals in Betrieben der Fleischwirtschaft liege vielfach bei über 50 Prozent, teils sogar bei 100 Prozent. Dabei kämen pro Produktionsstandort teils bis zu 30 verschiedene Werkvertragsunternehmen zum Einsatz, die einfach und schnell austauschbar seien, heißt es im Entwurf weiter.

Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Freddy Adjan, begrüßte den Gesetzentwurf ausdrücklich: „Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat das, was er angekündigt hat, geliefert – das Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in der Fleischindustrie.“ Der Entwurf müsse nächste Woche vom Kabinett beschlossen und dann ohne Abstriche Gesetz werden.

Höhere Kontrolldichte geplant

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) warnt aber davor, den Werkvertrag an sich in Misskredit zu bringen. Ein generelles Verbot „würde in vielen Fällen Aufgabenteilung und Spezialisierung in Deutschland unmöglich machen“, warnt der Verband in einem Positionspapier, über das das Handelsblatt im Juni berichtet hatte.

Zuletzt hatte eine massive Corona-Infektionswelle unter Beschäftigten, die für den Fleischkonzern Tönnies in Rheda-Wiedenbrück arbeiteten, die Branche erneut in ein schlechtes Licht gerückt. Als Folge war zeitweise ein kompletter Lockdown über den Kreis Gütersloh verhängt worden, den ein Gericht aber als unverhältnismäßig gekippt hatte.

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Mit dem Gesetz will das Arbeitsministerium aber nicht nur Werkverträge in der Fleischindustrie verbieten, sondern auch für eine höhere Kontrolldichte sorgen. So wird im Arbeitsschutzgesetz geregelt, dass ab 2026 in jedem Bundesland mindestens fünf Prozent der dort ansässigen Betriebe kontrolliert werden müssen. Arbeitsschutzbehörden der Länder werden verpflichtet, diesen Zielwert bis dahin zu erreichen.

Eine neue Bundesfachstelle für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, die bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin eingerichtet wird, soll die Aufsichtstätigkeit der Länder und die Besichtigungsquote überwachen und deren Jahresberichte auswerten.

Laut Referentenentwurf hat im vergangenen Jahr eine Schwerpunktprüfung von 30 Großbetrieben und 17.000 Arbeitsplätzen in Nordrhein-Westfalen rund 8.800 Rechtsverstöße aufgedeckt, darunter 5.900 Verstöße gegen Arbeitszeitregelungen. Die Arbeitszeiterfassung in der Fleischindustrie soll deshalb künftig elektronisch erfolgen. Bei Verstößen wird der bisherige Höchstbetrag für das Bußgeld auf 30.000 Euro verdoppelt.

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Die Arbeitgeber – auch über die Fleischindustrie hinaus – sollen zudem per Gesetz verpflichtet werden, Beschäftigten angemessene Gemeinschaftsunterkünfte bereitzustellen. Sie müssen künftig Mindestanforderungen genügen, auch wenn sie außerhalb des Geländes eines Betriebs oder einer Baustelle liegen.

Diese Vorschrift dient auch dem Schutz von Arbeitnehmern, die aus dem EU-Ausland nach Deutschland entsandt werden, um hier beispielsweise in der Bauwirtschaft zu arbeiten.