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EZB-Rat entschärft den Konflikt mit Karlsruhe

Knapp zwei Monate nach dem Urteil des Verfassungsgerichts zeichnet sich ein Ausweg aus der Krise ab. Die Bundesbank soll Dokumente weiterleiten.

Die Notenbank gibt Dokumente frei, die die Bundesbank an die Bundesregierung und den Bundestag weiterleiten darf. Foto: dpa
Die Notenbank gibt Dokumente frei, die die Bundesbank an die Bundesregierung und den Bundestag weiterleiten darf. Foto: dpa

Knapp zwei Monate nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Anleihekäufen der Europäischen Zentralbank (EZB) zeichnet sich ein Weg zur Umsetzung des Urteils ab. Die Notenbank entschied am Mittwoch, Dokumente freizugeben, die die Bundesbank dann an die Bundesregierung und den Bundestag weiterleiten soll.

„Wir haben einen pragmatischen und vernünftigen Weg gefunden, ohne die Unabhängigkeit der Notenbank infrage zu stellen, die ja auch wesentlicher Bestandteil der deutschen politischen Kultur und der europäischen Rechtsordnung ist“, sagte Olli Rehn, der finnische Notenbankchef, dem Handelsblatt. Die EZB wollte Informationen über eine Lösung im Konflikt nicht kommentieren. Zuvor hatte die Nachrichtenagentur Reuters darüber berichtet.

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Bei den Dokumenten soll es sich zum Beispiel um interne Mitschriften von Ratssitzungen aus dem Jahr 2014 handeln. Die EZB veröffentlicht erst seit 2015 die Protokolle ihrer Ratssitzungen, zuvor gab es aber bereits zu Testzwecken interne Protokolle. Die Entscheidung für die Anleihekäufe wurde bereits in der zweiten Jahreshälfte 2014 vorbereitet und diskutiert. Die EZB gibt nun grünes Licht dafür, dass die Bundesbank diese Dokumente an die Bundesregierung und den Bundestag weiterleiten darf. Welche weiteren Dokumente dazu zählen, war am Donnerstag noch unklar. Zudem wird die EZB demnächst auch einen Brief des Europaabgeordneten Sven Simon (CDU) beantworten. Dieser hatte darin ebenfalls nach der Verhältnismäßigkeit der Anleihekäufe gefragt. Die Antworten auf Fragen von Europaabgeordneten veröffentlicht die EZB auf ihrer Webseite.

Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil am 5. Mai die Verfassungsmäßigkeit des billionenschweren Programms PSPP zum Aufkauf von Staatsanleihen der Euro-Länder - das die EZB 2015 aufgelegt hatte -infrage gestellt. Die Karlsruher Richter forderten, dass der EZB-Rat zeigen müsse, dass das Kaufprogramm „verhältnismäßig“ sei. Sonst sei es der Bundesbank nach einer Übergangsfrist von drei Monaten untersagt, weiter an den Käufen teilzunehmen. Die Frist läuft am 4. August aus. Das im März aufgelegte neue Kaufprogramm der EZB in der Coronakrise, genannt PEPP, war hingegen nicht Teil des Verfahrens.

Abwägung in Protokollen

EZB-Chefin Christine Lagarde hatte in ihrer Pressekonferenz am 4. Juni sehr stark die Rolle der Sitzungsprotokolle der Notenbank betont. In den am Donnerstag veröffentlichten Protokollen der Notenbanksitzung am 4. Juni beschäftigt sich der EZB-Rat eingehend mit der Frage der Verhältnismäßigkeit der Anleihekäufe. Dort ist von einer Abwägung die Rede. Es sei zu überlegen, inwieweit die Anleihekäufe zum Erreichen des geldpolitischen Ziels beitragen, heißt es in dem Text. Auf der anderen Seite müssten die unerwünschten Nebenwirkungen mit einbezogen werden. Im Rat herrscht demnach breite Übereinstimmung, dass die positiven Wirkungen von Anleihekäufen auf die Wirtschaft bislang „deutlich überwiegen“.

Die Anleihekäufe im Rahmen der Programme PEPP und PSPP hätten im Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen vielen Unternehmen ermöglicht, ihre Geschäfte aufrechtzuerhalten und die Beschäftigung ihrer Mitarbeiter zu sichern. Zudem würden dadurch auch die Banken gestützt, deren Geschäftsaussichten stark vom wirtschaftlichen Ausblick der Volkswirtschaft abhängen. Daher seien die Anleihekäufe „unter den gegenwärtigen Bedingungen verhältnismäßige Maßnahmen zur Verfolgung des Ziels der Preisstabilität“.

Der Chefvolkswirt der niederländischen Bank ING in Deutschland, Carsten Brzeski, glaubt, dass ein weiterer Konflikt zwischen Karlsruhe, Berlin sowie EZB und Bundesbank so verhindert wird. „Es sieht so aus, als hätte die EZB einen reibungslosen Ausweg gefunden,“ sagt er. Die Botschaft der Protokolle sei, dass man den Konflikt mit dem Verfassungsgericht entschärfen wolle.

Die Bundesbank könnte die Dokumente der EZB möglicherweise noch in dieser Woche nach Berlin weiterleiten. Bundesregierung und Bundestag müssen dann klären, wie sie damit umgehen. Brzeski geht davon aus, dass sie sich bereits in der kommenden Woche damit beschäftigen. „Die Chancen stehen gut, dass eine gesichtswahrende Umgehung des Problems gefunden wird“, glaubt er.

Vor Kurzem hat die AfD-Bundestagsfraktion angekündigt, dass sie gegen das neuere PEPP-Programm klagen will. Dieses Anleihekaufprogramm hatte die EZB im März aufgelegt, um die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise abzumildern. Anders als bei den älteren Programmen hat sich die EZB hier mehr Flexibilität vorbehalten.
So kann sie dabei auch von Prinzipien wie der Bindung der Käufe an den EZB-Kapitalschlüssel zumindest vorübergehend abweichen. Dieser bemisst sich nach Wirtschaftskraft und Bevölkerungsgröße der Euro-Länder. Die AfD argumentiert, das Krisenprogramm verstoße wegen seiner vergleichsweise größeren Flexibilität gegen das Verbot monetärer Staatsfinanzierung.